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Ærzte
Steiermark
|| 04|2014
Steuer
Ärztliche Gutachten
Änderungen der Umsatzsteuerrichtlinien:
Ärztliche
Gutachten für Ansprüche gegenüber Privatversicherungen
sind weiterhin umsatzsteuerfrei.
Herbert Emberger
Wie im Artikel in der Ös-
terreichischen Ärztezeitung
Nr. 23/24 vom 15. Dezember
2013 berichtet wurde, sind
die Umsatzsteuerrichtlinien,
u.a. die Randzahl 946, ge-
ändert worden. In Randzahl
946 wird festgestellt, dass
ärztliche Gutachten grund-
sätzlich umsatzsteuerfrei sind
bzw. dass nur die in Folge
aufgezählten Gutachten um-
satzsteuerpflichtig sind. Das
sind solche zur Feststellung
der anthropologisch-erbbio
logischen Verwandtschaft,
über die pharmakologische
Wirkung eines Medikaments
beim Menschen und die der-
matologische Untersuchung
von kosmetischen Stoffen, psy-
chologische Tauglichkeitstests,
die sich auf die Berufsfin-
dung erstrecken, ärztliche Be-
scheinigungen für Zwecke
eines Anspruches nach dem
Kriegsopferversorgungsgesetz
und ärztliche Gutachten in
laufenden Gerichtsverfahren.
Diese aufgezählten Gutachten
waren immer und bleiben um-
satzsteuerpflichtig, gleichgül-
tig, wer die Auftraggeberin/
der Auftraggeber ist; das gilt
auch für den Fall, dass eine
Privatversicherung Auftrag-
geber ist.
Bei den schon bisher umsatz-
steuerpflichtigen Gutachten
in laufenden Gerichtsverfah-
ren ist es nun zu einer Erwei-
terung insofern gekommen,
als auch solche Gutachten,
die im Rahmen einer außer-
gerichtlichen Streitbeilegung
erstellt werden, ab 1.1.2014
umsatzsteuerpflichtig werden.
Konkret aufgezählt waren
schon bisher die Aufzählung
ist unverändert geblieben
– folgende Gerichtsgutach-
ten: Gutachten für zivil- und
strafrechtliche Haftungsfra-
gen, über ärztliche Kunstfeh-
ler, im Zusammenhang mit
Invaliditäts-, Berufs-, oder Er-
werbsunfähigkeitspensionen
sowie über Leistungen aus
Unfallversicherungen und
Gutachten zur Feststellung
des Grades einer Invalidität,
Berufs- oder Erwerbsmin-
derung. Diese aufgezählten
Gutachten – allerdings nur,
soweit sie in laufenden Ge-
richtsverfahren erstellt wer-
den – waren also schon bisher
umsatzsteuerpf lichtig. Nur
bei diesen aufgezählten Gut-
achten findet eine Erweite-
rung insofern statt, als auch
solche, die im Rahmen einer
außergerichtlichen Streitbei-
legung erstellt werden, um-
satzsteuerpflichtig werden.
Diese Erweiterung hat nun zu
zahlreichen Unklarheiten, vor
allem in Bezug auf Gutachten
zur Feststellung von Versi-
cherungsansprüchen gegen-
über Privatversicherungen,
geführt. Die Auffassung der
Österreichischen Ärztekam-
mer, dass alle diese Gutach-
ten weiterhin grundsätzlich
umsatzsteuerfrei bleiben, hat
sich seitens des Bundesmini-
steriums für Finanzen bestä-
tigt. Das heißt, z.B. folgende
Gutachten für Privatversiche-
rungsverfahren sind – ohne
Anspruch auf Vollständig-
keit aufgezählt – weiterhin
umsatzsteuerfrei, wobei es
gleichgültig ist, wer die Auf-
traggeberin/der Auftraggeber
ist (die Versicherte/der Versi-
cherte, die Versicherung, eine
Anwältin/ein Anwalt usw.):
y
Gut achten über den
Leistungsumfang einer pri-
vaten Unfallversicherung,
z.B. betreffend Invalidität,
Feststellung von Funkti-
onsminderungen, der Er-
werbsunfähigkeit nach den
AUVB. Das gilt auch für die
im Rahmen der Anspruchs-
behandlung vorgesehene
Befassung der Ärztekom-
mission.
y
Haftpf lichtversicherungs-
gutachten zur Feststellung
der Leistungspf licht bei
Behandlungsfehlern oder
zur Bemessung unfallkau-
sal wirkender Schmerzen,
von Dauer- bzw. Spätfolgen,
Dauer der Arbeitsunfähig-
keit, über den Pflegebedarf
sowie auch
y
Gutachten für Pflegeversi-
cherungen.
y
Gutachten über die Dau-
er einer Arbeitsunfähigkeit
im Rahmen privater Be-
triebsunterbrechungs- oder
Berufsunfähigkeitsversiche-
rungen usw.
Zu begründen ist diese nach
den Umsatzsteuerrichtlinien
weiterhin gegebene Umsatz-
steuerfreiheit damit, dass es
sich bei diesen Verfahren um
die primäre Geltendmachung
von Ansprüchen gegenüber
Privatversicherungen – also
um keine außergerichtlichen
Streitbeilegungsverfahren –
handelt. Erst wenn bei die-
ser Geltendmachung kein
Einvernehmen erzielt wird,
kann die Versicherte/der Ver-
sicherte die Gerichte anrufen
– eine Einrichtung zur außer-
gerichtlichen Streitbeilegung
bei diesen Privatversiche-
rungsansprüchen gibt es nach
unseren Informationen von
Vornherein nicht. Klagt die
Versicherte/der Versicherte
mangels Einigung, sind Gut-
achten, die dann für das Ge-
richtsverfahren zu erstellen
sind – wie schon ausgeführt
– umsatzsteuerpflichtig.
Im Wesentlichen bedeutet die
Änderung und Erweiterung
der Randzahl 946 auf Gutach-
ten im Rahmen einer außer-
gerichtlichen Streitbeilegung,
dass, wie schon im Artikel in
der ÖÄZ Nr. 23/24 ausgeführt
wurde, nur Gutachten für
(außergerichtliche) Schlich-
tungsstellen für ärztliche
Behandlungsfehler, z.B. der
Ärztekammern, ab 1.1.2014
umsatzsteuerpflichtig werden.
HR Dr. Herbert Emberger war
lange Jahre Kammeramts
direktor der Ärztekammer
Steiermark. Österreichweit
fungiert er weiterhin als
Steuerkonsulent der Österrei-
chischen Ärztekammer.