AERZTE Steiermark | Jänner 2018

14 ÆRZTE Steiermark  || 01|2018 SERIE Arzt im besonderen Dienst nach dem Ende seiner Facharz- tausbildung halten: forschen, aber dabei immer im direkten Patientenkontakt bleiben. Weil er Begonnenes prinzipiell auch beendet, schloss Koppitz sein Technik-Studium planmäßig ab. Um gleich darauf an der nächs­ ten Universität – der Med- uni – zu inskribieren. „Eine nach Bauchgefühl getroffene Entscheidung.“ Seine Eltern unterstützten sein Vorhaben; trotzdem arbeitete er neben demMedizinstudium: im Lager einer Bäckerei ebenso wie bei der statistischen Auswertung von MR-Daten der Universi- tätsklinik für Psychiatrie. „Ich habe mein Technik-Studium immer als wertvoll empfunden und es hat mir auch in der Medizin viele Türen geöffnet.“ Eine davon war die zur eben erst angetretenen Assistenzarzt- Stelle für Neurologie. Drei Jah- re musste Koppitz nach dem jus practicandi darauf warten, drei Jahre, die er zum Aufbau einer Wahlarzt-Ordination mit Schwerpunkt Schmerztherapie des Bewegungsapparates, aber U. JUNGMEIER-SCHOLZ „Meine Gesprächspartnerin ist auf demWeg in die Ordination gestürzt – was soll ich tun?“, spricht Michael Koppitz in sein Smartphone. Eine freundliche Frauenstimme fragt daraufhin, zu welcher Art von Verletzung es gekommen ist und schlägt Varianten wie Prellung, Schürf- wunde oder Knochenbruch vor. „Ich glaube, sie hat sich den Arm gebrochen“, gibt Kop- pitz an. Und schon erklärt die virtuelle Dame, wie nun vorzu- gehen sei, vom Alarmieren der Rettung – gleich über die App via Notruf-Button – bis hin zur fachgerechten Erstversorgung der Verletzten. „In der App enthalten sind alle Erste-Hilfe- Diagnosen, bei denen ein Laie sinnvoll reagieren kann, und die Handlungsanweisungen entsprechen stets dem aktuellen Stand medizinischen Wissens“, betont der „Lehrmeister“ jenes Chatbots, der dieses Gespräch möglich macht. „Sie sind nach den ERC-Guidelines erstellt und zusätzlich von Kollegen va- lidiert.“ Sollte dennoch ein Feh- ler gefunden werden, wäre es möglich, binnen 45 Sekunden per Laptop eine Korrektur zu programmieren, die weltweit gleich bei jedem Neustart der App berücksichtigt würde. So funktionieren auch die Updates. Vieles programmiert Koppitz selbst – denn er ist nicht nur Arzt, sondern auch Absolvent der TU Graz im Zweig Biome- dizinische Technik. Und für die auch zu einer Tätigkeit als Arbeitsmediziner genutzt hat. Wichtiges Alleinstellungsmerk- mal bei seinem arbeitsmedizi- nischen Engagement: wieder einmal seine technische Aus- bildung. Alte Sehnsucht geweckt In diese Zeit des Wartens auf den Ausbildungsplatz fiel auch die Entwicklung seiner Erste- Hilfe-App, die im August 2017 fertiggeworden ist. „Ich habe mir für eine Reise an die Nord- see die Zeitschrift Der Spiegel gekauft“, erzählt er. „Darin war ein Artikel über einen Erfinder … und beim Lesen dieses Textes wurde meine alte Sehnsucht wieder geweckt. Dann habe ich nachgedacht, in welchen Bereichen ich über das nötige Know-how für eine Erfindung verfügen würde – und so wurde die Idee zur Erste-Hilfe-App geboren.“ Wichtig dabei war es für Koppitz, zukunftsweisende Technik zu verwenden. Und so wurde er zum weltweit ersten Arzt, der einen medizinischen Chatbot entwickelt hat. Aller- dings nicht ganz allein, sondern zusammen mit einem US-ame- rikanischen Programmierer. „Den habe ich über Google gefunden – und noch nie per- sönlich getroffen.“ Kommuni- ziert wird via E-Mail – oder via Sachertorte. Die gab es nach vollendeter Entwicklungsarbeit als Dankeschön aus Österreich. Dass bei AMI sämtliche Infor- mationen per Sprachein- und Entwicklung seiner App AMI (artificial medical intelligence) hat er zudem eine Program- miersprache gelernt. Bierdosenpropeller und Bauchgefühl Schon als kleiner Bub wollte Koppitz etwas erfinden. Seine ersten Versuche waren – ge- meinsam mit seinem jüngeren Bruder Andreas – neuartigen Flugobjekten gewidmet: kon- struiert aus penibel gefaltetem Papier, mit Bierdosenpropeller ausgestattet und angetrieben mit allem, was ein Chemie- baukasten zur Verfügung stellt. Mit diesem Erfahrungsschatz begann Koppitz 1997 an der Grazer TU sein Studium der biomedizinischen Technik. Über seine Diplomarbeit, in deren Rahmen er zusammen mit einem Kollegen die ISO- Zertifizierung des Feldbacher MR vorbereitet hat, schnupper- te Koppitz Klinikluft – und war sofort begeistert. „Da habe ich gewusst, das Technische allein ist mir zu wenig, ichmöchte am Bett arbeiten.“ So will er es auch Lehrmeister des medizinischen Chatbots Schon als Schüler wollte Michael Koppitz etwas erfinden und baute unbemannte Flugobjekte. Mit dem weltweit ersten von einem Arzt entwickelten Chatbot, einer sprachgesteuerten Erste-Hilfe-App, hat der Neurologie-Assistenzarzt und Absolvent der TU Graz nun ein Etappenziel erreicht. „Selbst wenn sich die künstliche Intelligenz rasant weiterentwickelt – einen Arzt wird sie nie ersetzen können.“ Michael Koppitz Foto: Furgler

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