AERZTE Steiermark | Jänner 2018
40 ÆRZTE Steiermark || 01|2018 NIEDERGELASSENE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE Der ganz normale Praxiswahnsinn PRAKTISCH TÄGLICH Von Ulrike Stelzl GKK: „Es geht um Happy New Year Ich schreibe sehr gerne, aber alle Jahre wieder kämpfe ich mit der „Neujahrskolumne“. Erstens soll sie irgendwie schon etwas Besonderes sein und sich von all den anderen gewöhn lichen abheben und zweitens schreibe ich sie immer im Urlaub. Das bedeutet, dass meine Gedanken relativ weit weg von der Ordination sind und dass mir vor allem die Patien- tenkontakte abgehen. Es gibt niemanden, der mich inspiriert. Weder dazu, ihn mit Warpgeschwindigkeit nach Alpha Cen- tauri schießen zu wollen, noch gibt es Menschen, die mich zur Dankbarkeit inspirieren, weil meine Arbeit Sinn macht und das Leben als Ärztin einfach eine wirklich tolle Sache ist. Und drittens schreibe ich die Neujahrskolumne immer im alten Jahr. Das bedeutet, dass all das, worüber ich jetzt so nachgrüble oder mich ärgere, beim Erscheinen der Zeitung längst obsolet und Geschichte sein könnte. Außerdem habe ich so ein seltsames Gefühl im Moment beim Gedanken an die Zukunft. Selbst wenn Trump es nicht 2017 noch schafft, den Dritten Weltkrieg vom Zaun zu brechen, machen mir die Entwicklungen in der großen weiten Welt Angst. Und was wird uns daheim so erwarten? Abgesehen davon, dass auch bei uns die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden. Was wird gesundheitspolitisch auf uns zukommen? Werden unsere Kassenverträge halten, wird es noch Kassen geben, gibt es ir- gendwann mal angemessene Honorare für den Hausarzt oder nur wieder ein paar schöne Reden und die vierhundertsieben- undzwanzigste Beteuerung seiner großartigen Aufwertung? An Patienten wird es uns jedenfalls nicht mangeln. Vor allem Erschöpfungsdepressionen sind groß im Kommen. Und wenn es total verrückt zugeht, dann kippt auch noch das Rauchver- bot. Also wird auch in Zukunft kein Mangel an COPD, Herz- infarkt und Lungenkrebs herrschen. Happy New Year also. Fragt sich nur für wen. Ich kann nur hoffen, dass – wenn die Kolumne erscheint – Sie sie in einem friedlichen Österreich, Teil eines friedlichen Europas lesen können. Dass auch rund- herum kein Weltkrieg ausgebrochen ist und dass wir unsere Jobs noch haben. Und dass Sie über meine Ängste und Sorgen lächeln können. Und wir alle tief durchatmen können: sau- bere, rauchfreie Luft. Dr. Ulrike Stelzl ist niedergelassene Ärztin für Allgemeinmedizin. Mehr von ihr gibt es im Buch „Hallo Doc! 2 Anekdoten aus der Sprechstunde“ (erhältlich auf Amazon). die Steiermärkische Gebiets- krankenkasse das Problem anerkennt“. Denn nur für ein Problem, das akzeptiert werde, sei es möglich, eine Lösung zu suchen. An der Akzeptanz für den Kassen- ärztemangel scheint es aber derzeit an der Spitze der stei- rischen Gebietskrankenkasse noch zu mangeln. Von einem Ärztemangel kön- ne keine Rede sein, wird die amtierende GKK-Obfrau und Nationalratsabgeordnete Ver- ena Nussbaum in der Kronen- zeitung zitiert. Viele andere in Österreich, auch in den Ge- bietskrankenkassen, überle- gen dagegen Maßnahmen ge- gen den – spezifischen – Ärz- temangel im Kassensystem. „Die Systemverantwortlichen müssen alles unternehmen, um die Differenz zwischen Kassenärztemangel – ein ös- terreichweites Phänomen. 65 allgemeinmedizinische Stellen waren Anfang Jänner nicht besetzt, 10 davon in der Steiermark. Dazu kommen noch 5 fachärztliche Stellen für Kinder- und Jugendheil- kunde, Gynäkologie und Psy- chiatrie. So wie in der jün- geren Vergangenheit üblich, nur von Landärztemangel zu sprechen, greift zu kurz. Denn es geht auch um Stellen in Be- zirkshauptstädten, bei denen es hakt. Noch ist es kein Massenphä- nomen, wenn man die 960 GKK-Stellen in der Steier- mark zum Maßstab nimmt. Setzt man die vergeblich aus- geschriebenen Stellen aber in Relation zu den neu zu besetzenden, dann gibt es auch quantitativ gewaltige Probleme – bei einem zwei- stelligen Prozentsatz gelingt die Nachbesetzung nicht oder nur nach mühevoller Suche. Problem anerkennen Für den Obmann der nieder- gelassenen Ärztinnen und Ärzte in der Steiermark, Ärz- tekammervizepräsident Nor- bert Meindl, ist der erste und wichtigste Schritt, „dass auch Substanzielle Verbesserungen statt simpler, prozentueller Honorarerhöhungen. Das ist der Weg, um den Kassenvertrag auch für junge Ärztinnen und Ärzte wieder attraktiv zu machen. „Der erste und wichtigste Schritt ist, dass auch die GKK das Problem anerkennt.“ Norbert Meindl „Die Systemverantwortlichen müssen alles unternehmen, um die Differenz zwischen dem Nachbesetzungsbedarf im Sachleistungssystem und dem Angebot an Ärzten, die bereit sind, im Sachleistungssystem zu arbeiten, zu beseitigen.“ Franz Kiesl, GKK Oberösterreich
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