AERZTE Steiermark | Februar 2018
6 ÆRZTE Steiermark || 02|2018 Eiko Meister Ambulanzentlastung: Gehen wir es an Überfüllte (Notfall-)Ambulanzen, dadurch über- lastete Ärztinnen und Ärzte, Patientinnen und Patienten mit „banalen“ Leiden, die in den Am- bulanzen nichts verloren haben … das ist kein steirisches oder österreichisches Problem allein, dieses Problem gibt es zum Beispiel auch in Deutschland und Großbritannien. Aber es ist AUCH ein österreichisches und stei- risches Problem, wie die Zahlen eindeutig belegen. Und es gehört gelöst. Und zwar hier. Wir Ärztinnen und Ärzte können es (allein) nicht lösen. Das Spek- trum an Lösungsmöglichkeiten ist groß, aber die Umsetzung braucht politischen Willen. Da ist einmal die Entscheidung zu treffen, ob Patientinnen und Patienten sich weiter unein- geschränkt in eine Ambulanz einweisen dürfen, wenn ihnen gerade danach ist. Und zwar ohne Kosten und sonstige Barrieren (außer den lan- gen Wartezeiten, die übervolle Ambulanzen mit begrenzten personellen Ressourcen zwangsläufig mit sich bringen). Ja, das ist eine schlechte Nach- richt, dass Ambulanzen keine Gratis-Selbstbe- dienungsläden sind. Es braucht mutige Politike- rinnen und Politiker, um sie zu überbringen. Es braucht aber auch strukturelle Maßnahmen im extramuralen Bereich. Auch Menschen mit „banalen“ Leiden brauchen ärztliche Hilfe, die es außerhalb des Spitals geben muss. In größerem Umfang als das bisher der Fall ist, zu Zeiten, in de- nen Praxen derzeit üblicherweise geschlossen haben. Das erfordert Investitionen. Die werden sich auch nicht unmittelbar amortisieren. Das braucht Lernprozesse, die ihre Zeit dauern. So wie etwa die Rettungsgasse auf Autobahnen, die von den Autofahrerinnen und Autofahrern auch nicht von einem Tag zum anderen gelernt wurde. Das kann – im Gegenteil – Jahre dauern. Aber gerade deswegen müssen wir es entschlossen angehen. Und zwar jetzt. Vizepräsident Dr. Eiko Meister ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. INTRA KONT A Die Frage: „Was wirst du jetzt mit der vielen Zeit anfangen?“, kann ich als einer, der seit Jahresanfang im Ruhestand ist, nicht mehr hören. Nach mehr als 40 Jahren im Spital wusste ich schon lange, dass der Augenblick kommen wird, wo die aktive Laufbahn zu Ende geht. Also: Der Zeitpunkt ist nicht überraschend gekommen und mit der richtigen Einstellung dazu auch als sehr erfreulich zu bezeichnen. Sehr viele Tätigkeiten und Hobbies warten schon lange auf die nötige Zeit, um ihnen richtig zu frönen, aber auch der ursprüngliche Beruf als Arzt sollte noch in diesen Be- schäftigungen vorkommen. In meiner Aktivzeit hatte ich schon seit fast 15 Jahren die Möglichkeit, meine Expertise als Hepatologe vom Schicksal wenig begünstigten Menschen zu Gute kom- men zu lassen. Wir, das sind ÄrztInnen aus meinem ehemaligen Krankenhaus und ich, kamen als Berater einmal monatlich in den Kontaktladen der Drogen- streetwork in Graz, um mit den Klientinnen und Kli- enten vor Ort die Problematik der zusätzlich erwor- benen Hepatitis-C-Virus-Infektion zu besprechen und Lösungswege in Richtung Therapie zu finden. Faktum ist, dass die Prävalenz dieser Virus-Infektionen in der Grazer Drogenszene zu Beginn dieser Tätigkeit bei über 50 Prozent lag. Durch den niederschwelligen Zugang vor Ort und durch die Fortschritte der medi- zinischen Forschung und auch durch unser Tun ist es gelungen, sehr viele dieser Betroffenen einer Thera- pie zuzuführen und zu heilen. Dadurch ist auch die Prävalenz in dieser Gruppe deutlich gesunken. Diese beratende Tätigkeit wurde bislang mit meinem Team immer in der Freizeit und natürlich auch unentgelt- lich geleistet. Natürlich lag es auf der Hand, diese Tätigkeit auch im Ruhestand weiterzuführen. Das ist nur ein kleines Beispiel, dass es für „Ruheständler“ viele Möglich- keiten gibt, noch ärztlich sinnvoll tätig zu sein. Wir müssen uns nur rechtzeitig danach umschauen, dann finden wir in unserer unmittelbaren Umgebung sehr viele Möglichkeiten dazu (z. B. Marienambulanz, Ärzte ohne Grenzen, für diejenigen, die in die Ferne schweifen wollen, Obdachlosen-Hospiz ...) Prim. Bernd Bauer war über 20 Jahre ärztlicher Direk- tor des LKH Hörgas-Enzenbach. Bernd Bauer Viel Sinn im Ruhestand 2
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