AERZTE Steiermark | Februar 2018
ÆRZTE Steiermark || 02|2018 7 Fotos: Beigestellt, Elke Meister, Harry Schiffer, KAGes, Grafik: Konrad Lindner Die Arbeitsinspektion wird in den nächsten Mo- naten auch Arztpraxen aufsuchen, beraten – und: ja – auch kontrollieren. Sie tut das aber mit of- fenem Visier. In Kooperation mit der Ärztekam- mer wurde eine eigene Informationsbroschüre verfasst, es gibt Informationsveranstaltungen, bei denen viele Fragen beantwortet werden (siehe Seite 47 in diesem AERZTE Steiermark). Im Zuge dieser Informationsveranstaltungen kommt ein banales Faktum zur Sprache, das in der öffentlichen Debatte aber vielfach unter den Tisch fällt: Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sind kleine Unternehmer und sie sind in den meisten Fällen Arbeitgeber. Deswegen fallen sie unter die Zuständigkeit der Arbeitsinspektion. Deswegen müssen sie aber auch ihre Kosten ge- nau kalkulieren. Deswegen müssen sie bei ihren Öffnungszeiten nicht nur die Wünsche der Pati- entinnen und Patienten im Auge haben, sondern auch die Arbeitszeiten ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das sollten bitte auch unsere Partner im Gesund- heitssystem immer im Auge haben: Arztpraxen sind keine Gesundheitsversorgungsautomaten, wo man oben nur einen Wunsch hineinwerfen muss, damit unten unbegrenzte Gesundheitsver- sorgung herauskommt. Der freiberuflichen Ärztin, dem freiberuflichen Arzt dagegen ist Selbstausbeutung durchaus gestattet – wie jeder Unternehmerin, jedem Un- ternehmer. Und viele Kolleginnen und Kollegen haben auch keine Scheu, sich selbst sehr viel ab- zuverlangen. Nur ist es ihnen auf Dauer nicht zumutbar. Und auch nicht den Patientinnen und Patienten. Wer also gute Medizin für die Patientinnen und Pati- enten will, wird den Ärztinnen und Ärzten nie- mals zu viel zumuten. Fairness gegenüber Ärz- tinnen und Ärzten ist auch Patientenschutz. Vizepräsident Dr. Norbert Meindl ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. EXTRA Norbert Meindl Fairness zu Ärzten ist Patientenschutz STANDORTBESTIMMUNG Herwig Lindner Gelernt: Ohne Ärzte geht‘s halt doch nicht Oft genug mussten wir erleben, dass Politiker, Planer und Öko- nomen von einer Medizin ohne Ärzte träumen und alles tun, um diesem Traum möglichst nahe zu kommen. Es gibt aber auch Beispiele dafür, dass Planer zumindest in der Lage sind, aus schlechten Erfahrungen zu lernen, die mit der Zurückdrängung der Ärztinnen und Ärzte unweigerlich einhergehen. Ein solches Beispiel ist das 2014 pompös gestartete Brustkrebs-Früherken- nungsprogramm. Im Prinzip eine wunderbare und wichtige Sa- che. Aber der Traum war es, das Programm nur mehr zentral zu steuern und lediglich Radiologen – auch diese nur unter strin- genten Rahmenbedingungen – miteinzubeziehen. Nur: Die Patientinnen haben nicht mitgemacht. Also wurden zuerst halbherzig Änderungen vorgenommen, die aber auch keinen durch- schlagenden Erfolg brachten. Jetzt wurde das Programm aber doch weitreichend reformiert. Indem die Ärztinnen und Ärzte (nicht nur die Fachärztinnen und Fachärzte für Radiologie, sondern auch Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner sowie Gynäkologinnen und Gynäko- logen) als zuweisende Vertrauensärztinnen und -ärzte mitwirken. Man könnte jetzt darüber philosophieren, wieviel Geld durch die Ausschaltung der Ärztinnen und Ärzte verschwendet wurde und wievielen Patientinnen eine hilfreiche Untersuchung auf diese Art verlorenging. Aber das wollen wir nicht: Wir erkennen die Lernfähigkeit an. Und wünschen diese Lernfähigkeit auch anderen. Sehr viele Projekte holpern dahin, gewaltige Mittel versanden, weil man nicht auf die hört, die auf Grundlage ihres Wissens abstrakte Planungen in Frage stellen und dem Ja auch ein Aber folgen las- sen. Ich weiß, das ist manchmal mühsam für unsere Partner. Sie lassen sich ihre Spielzeuge ungern schlechtreden. Aber einmal den Dingen auf den Grund zu gehen und letztlich dadurch zum Erfolg zu gelangen, ist viel besser und auch kosten- günstiger, als die Ärztinnen und Ärzte zu ignorieren, mit dem Kopf durch die Wand zu wollen, und zum Schluss zu erkennen, dass die Mauer härter ist als der Kopf. Es geht uns Ärztinnen nicht darum, unbedingt recht zu haben, es geht uns darum, dass in der Gesundheit das Richtige passiert. Und das funktioniert mit Ärztinnen und Ärzten einfach besser. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. DEBATTE
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