AERZTE Steiermark | Juni 2018

14 ÆRZTE Steiermark  || 06|2018 SERIE Arzt im besonderen Dienst Kabarett: Geiz, Angst und Bes- serwisserei. Zum Thema Geiz räumt er schon ein, dass es die Problematik der Alters- armut gebe. „Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass diejenigen, die wenig haben, oft die Großzügigeren sind.“ Die Angst alternder Menschen empfindet er als völlig fehl am Platz. „Fürchten sollen sich die 14-Jährigen am Berg oder die Anfänger am Mo- ped.“ Mit dem distanzierten Blick des Arztes versucht er die Ängste seiner Altersgenos- sen zu analysieren und stellt dabei nach – allerdings nicht systematischer – empirischer Studie imUmfeld dieThese auf, Herzkranke hätten tendenziell mehr Angst als beispielsweise an Darmkrebs oder anderen lebensbegrenzenden Erkran- kungen Leidende. „Vielleicht wird sich irgendwann bewei- sen lassen, dass Krankheiten die Ausschüttung spezifischer Neurobotenstoffe bewirken.“ Philosophierender Arzt Todesangst hält er für unbe- gründet, denn der Tod sei ohnehin unausweichlich. Ein Gesprächmit Peter Scheer über Genese und Sinnhaftigkeit von Todesängsten böte einen span- „Es ist wie eine zweite Jugend – nur ohne Zukunft.“ So heißt das neue und dritte Kabarett- programm des Kinderarztes, Psychotherapeuten und Buch- autors Peter Scheer. Aber ei- gentlich, resümiert er, sei das Altern ja noch toller als die Ju- gend, denn „man muss nichts mehr werden“. Der Konkur- renzdruck falle weg, die Sorge um die finanzielle Zukunft. In jenem „luziden Intervall“, in dem man bereits pensioniert, aber noch nicht dauerkrank ist, könne man alles machen, von nichts bis zur Weltreise. Scheer hat sich für die Welt- reise entschieden und erzählt gerne von seiner Zeit am Schiff – sowohl von seinen Verhal- tensstudien über die Mitrei- senden am Büffet als auch von seiner Tätigkeit als „geheimer Schiffsarzt der kleinen öster- reichischen Gemeinschaft“. Ein Köfferchen mit Medika- mentenvorräten gehört für ihn bei derartigen Unterneh- mungen einfach dazu – und er teilt sie bereitwillig. Nichtstun ist auch im All- tag nicht sein Ding, daher betätigt sich der 67-Jährige nicht nur als helfender Geist in der Esslernschule „No tube“ („Das epigenetische Helfergen wird man nicht los.“), sondern eben auch als Schreibender. Im kommenden Frühjahr wird ein Krimi von ihm erscheinen und am 27. Juni hat sein aktuelles nenden Ausflug in Philosophie und Religion. Hat er doch auch parallel zum Medizinstudium in Wien auch ein solches in Philosophie absolviert – mit al- len Lehrveranstaltungen, aber aufgrund formaler Schwie- rigkeiten ohne Dissertation. „Aber da für mich schon nach wenigen Monaten des Philoso- phiestudiums zu erkennen ge- wesen war, dass ich nicht – wie es alle hundert Jahre einmal geschieht – den Weg unserer Erkenntnis erneuern würde, hatte ich mich ohnehin auf die Medizin konzentriert und mit Begeisterung diesen wunder- baren Brotberuf erlernt.“ Der Philosophie blieb er trotz- dem nebenbei treu. Über die- senWeg kamer auch zu seinem zweiten beruflichen Standbein: Über Jahrzehnte hat er – und tut es in kleinerem Umfang noch immer – im Auftrag der Wiener Wirtschaftsuniversität Seminare für Gruppendyna- mik und Organisationsent- wicklung gehalten, später auch zu Stressmanagement. Gespräche über Religion führt Scheer sowieso gerne; nicht zufällig hat er an der Karl-Fran- zens-Universität Seminare zum interreligiösen Dialog gehalten. Und wenn er über den Tod spricht, gehören Überlegungen zu den „Geschäften mit dem Herrgott“, die einen adäquaten Platz im Jenseits sichern sollen, jedenfalls dazu. Und zwar aus Kabarett im Next Liberty Pre- miere. „Schreiben ist für mich ein Teil des Lebens“, betont Scheer. „Aber ich musste dafür schon ein paar Schultraumen überwinden.“ „Aus dem Buch heraus“ Das neue Kabarettprogramm entwickelte sich „aus dem Buch heraus“, das er über das Altern publiziert hat: „Lust aufs Alter. Unkonventionelle Gedanken über das Älterwer- den“. Geschrieben hat er es, nachdem er seine Mutter be- treut und bis an die Schwel- le des Todes begleitet hatte. Eine Zeit, die ihn primär als Sohn, aber auch als Arzt sehr gefordert hat. Dass aus dem Buch dann noch ein Kabarett entstanden ist, erklärt der pen- sionierte Universitätsprofessor mit seinem Bedürfnis nach einem bestimmten Maß an öffentlichen Auftritten, „weil man eine Rampensau ist“. „Der Mensch braucht eine Bühne“, deklamiert er, um im nächsten Augenblick zuzugeben, dass er sich vor derartigen Auftritten gleichzeitig auch fürchte. „Drei Todsünden“ des al- ternden Menschen ortet er und seziert sie in Buch und „Der Mensch braucht eine Bühne“ Demnächst ist der pensionierte Pädiatrie-Professor Peter „Ronny“ Scheer mit seinem dritten Kabarett im Jugendtheater Next Liberty zu hören und zu sehen. Bewusst an diesem Ort, „weil es um Ju- gend geht“ – in seinem Programm über das Altern. „Was opfert man nicht alles der Hoffnung: die Christen den Sex, die Juden das Essen, die Siebenten-Tages- Adventisten gleich beides …“

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