AERZTE Steiermark | Juni 2018

6 ÆRZTE Steiermark  || 06|2018 Eiko Meister Kammer übernimmt: Lehrpraxis gerettet Immerhin schon seit Februar gibt es eine offi­ zielle und österreichweite Einigung darüber, wie die (verpflichtende) Lehrpraxis ab 1. Juli 2018 gefördert und organisiert wird. 25 Prozent der Kosten übernimmt der Bund, je 32,5 Prozent tragen Länder und Gebietskrankenkassen, 10 Prozent die Lehrpraxisinhaber. Dieses Modell bedeutet eine gesicherte Förde- rung. Das ist gut. Aber drei Fördergeber machen das Management einigermaßen aufwendig – im alten System der freiwilligen Lehrpraxis gab es nur einen, den Bund. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft dieses Management zuletzt nicht mehr über- nehmen wollte – obwohl es urprünglich ganz danach ausgesehen hatte und es in den meisten Bundesländern auch so funktioniert. Ebenso wollte die GKK diese Rolle nicht einnehmen. Aber die Lehrpraxisausbildung ist zu wichtig, als dass sie fünf Minuten vor zwölf an Verwal- tungsfragen scheitern darf. Deswegen ist die Ärztekammer eingesprungen und übernimmt das Fördermanagement. Damit ist den jungen Kolleginnen und Kollegen genauso geholfen, wie den Lehrpraxisinhaberinnen und -inhabern, de- nen auch nicht zugemutet werden soll, (verspro- chene) Förderungen einzutreiben. Man kann darüber diskutieren, warum mit der Ärztekammer die personell bei weitem am bescheidensten ausgestattete Organisation das Management übernimmt. Man kann aber nicht darüber diskutieren, ob die Lehrpraxis gesichert werden soll. Sie ist ge- setzlich vorgsehen und sie ist immens wichtig – für die jungen Ärztinnen und Ärzte ebenso wie für die allgemeinmedizinische Versorgung. Da- rum ist die Ärztekammer auch eingesprungen und handelt: Lehrpraxis gerettet. Vizepräsident Dr. Eiko Meister ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. INTRA KONT A Nur wenige EU-Sozialmodelle haben Selbstverwal- tungslösungen im sozialen Gesundheitsbereich. Dies sind Deutschland und Österreich. Beide Modelle zählen unter den Kriterien, sozialrechtliche Selbstver- ständlichkeit der Verfügbarkeit des Zugesagten, Warte- listenfreiheit, Patientenmitgestaltung/Arztwahl, relativ höhere Freiheitsgrade statt politisch-regulierter Zu- weisungsmedizin regionalen Charakters zu den groß- zügigsten und aus Versichertensicht leistungsstärksten Sozialmodellen. Selbstverwaltung kann, wird sie abgeschafft, nur durch Privatisierung oder Verstaatlichung bisher wahrge- nommener Funktionen ersetzt werden. Beides führt zwangsläufig zu einem anderen System, für das es in- ternational Vorbilder gibt. Abschaffung der Selbstverwaltung bedeutet voraus­ eilende Unterwerfung unter ein denkbares und wahr- scheinliches EU-Modell einer finalen Transferunion. Sozialpartnerschaft von „Arbeit“ und „Kapital“ ist eine belastbare Grundlage für sozialen Dialog, soziale Allokationsharmonie und die gemeinsame Suche nach sachgerechten Problemlösungen im Interesse aller Be- teiligten. Sie kann durch den Staat nicht ersetzt werden, ohne in eine der existierenden EU-Systemvarianten zu münden. Kein „Staatsbewirkungssystem“ oder Volksgesund- heitsmodell funktioniert in der EU mehr mangel­ steuerungsfrei. Langzeitkonsens der Gesellschaft wird durch Selbstver- waltungsabbau geschädigt. Selbstverwaltung braucht Bundesgenossen und Öffentlichkeit. Selbstverwaltung muss sich behaupten und braucht Mut, gerade in Zeiten politisch „aufgeregter“ und recht kurzzeitiger Strategiehorizonte. Dr. Günter Danner ist stv. Direktor der Europavertre- tung der Deutschen Sozialversicherung in Brüssel und Experte für europäische Gesundheitssysteme. Die The- sen sind Grundlage eines Referats, das er kürzlich bei einer Veranstaltung der Wirtschaftskammer Wien hielt. Günter Danner Thesen zur Selbstverwaltung  2

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