AERZTE Steiermark | Juli/August 2018
sonders sensibel“ seien, „weil sie tiefe Einblicke in einen sehr intimen Bereich ermög- lichen“: „Personenbezogene Daten können aus einer im- mer größeren Zahl von Quel- len gesammelt und miteinan- der verknüpft werden, wobei im Verlauf des Auswertungs- prozesses auch solche Daten Gesundheitsrelevanz erlangen können, die einen entspre- chenden Anschein zunächst nicht erwecken, zum Beispiel Bewegungsdaten oder Ein- kaufsdaten. (…) Weil alle Da- ten, die in irgendeiner Form erhoben werden, in Relation zur persönlichen Gesundheit interpretiert werden können, ist es prinzipiell möglich, all diese Daten auch als gesund- heitsrelevant einzuschätzen.“ Große Daten Der deutsche Ethikrat hat im Jahr 2017 eine 300 Seiten umfassende Stellungnahme zu „Big Data und Gesundheit“ veröffentlicht. Vorweg wies das Expertengremium darauf hin, dass die Nutzung von Daten kein neues Phänomen sei: „Die systematische Erhe- bung und Auswertung von Daten ist spätestens seit Be- ginn der Neuzeit ein bedeu- tender Faktor zivilisatorischer Entwicklung und schließt auch den Menschen und seine Lebensumgebung ein …“ Allerdings ergäben die ak- tuellen und zu erwartenden technischen Entwicklungen völlig neue Möglichkeiten, die Daten zu verwenden, die „be- Alter Datenschutz Mit dem geltenden Daten- schutzrecht, so der Ethikrat, könne über kurz oder lang nicht mehr das Auslangen ge- funden werden, weil derzeit der Schutz spezieller Daten im Vordergrund stünde und weniger der Schutz der „Da- tengeber“. Die geben scheinbar harmlose Daten recht bereit- willig heraus, ohne zu ahnen, dass diese (in Verknüpfung mit anderen) schon in näherer Zukunft brisante Rückschlüsse auf die Gesundheit erlauben. Fazit des Ethikrats: „Unter den Bedingungen von Big Data ist es notwendig, sich von überholten Vorstellungen einer spezifischen, vorgege- benen Sensibilität bestimmter Daten und hierauf rekurrie- render besonderer Schutz- mechanismen zu lösen. Da- tenschutz kann nicht mehr statisch an bestimmten Daten und Datennutzungskatego- rien ansetzen, sondern muss sich auf ständige Rekombi- nationen und Rekontextua- Der zweidimensionale Arzt Arzt und Patient, die einander nur vom Telefon, vom E-Mail oder – bestenfalls – vom Monitor kennen, wenn es die Leistungsfähigkeit der Datenleitung zulässt … Für viele ist das eine Schreckensvision. Und es gibt gute Argumente gegen die reine Fernbehandlung: Wichtige Dimensi- onen der Kommunikation und Zwischen- töne gehen verloren. Wer schon einmal ge- skypt hat, weiß das. Die zweidimensionale Kommunikation ist nur ein schwacher Abklatsch des persönlichen Kontakts. Aber: WhatsApp und andere Messaging- Dienste, E-Mail, Skype & Co. werden für immer mehr Menschen – nicht nur ganz junge – immer normaler. Und selbst für jene, die diese Entwicklung kritisch sehen, ist die Kommunikation mit technischen Hilfsmitteln besser als gar keine. Und: Diese flache Kommunikation hat auch Vorteile: Niemand muss bei Kälte oder Hitze, bei Regen oder Sturm seine sicheren Räume verlassen. Zeitintensive Anreisen werden überflüssig. So ist es auch nicht verwunderlich, dass immer mehr Anbieter die technikgestützte ärzt- liche Beratung und Behandlung anbieten. Für sie ist diese Form der Telemedizin gleichsam eine Goldmine. Die deutsche Bundesärztekammer hat (wie berichtet) kürzlich auch Grünes Licht für reine Video- und Online-Konsultati- onen gegeben, wohl auch aus Besorgnis darüber, dass telemedizinische Groß- anbieter, die sich nicht an die ärztlichen Regeln gebunden fühlen, den deutschen Markt überschwemmen. Darum geht es: Marktüberlegungen und Shareholder Value sollen und dürfen nicht medizinische Qualität und ärztliches Ethos unterhöhlen. Nicht in Deutschland und auch nicht in Österreich. COVER 10 ÆRZTE Steiermark || 07/08 | 2018 „Wir werden uns völlig neu orientieren müssen.“ Dietmar Bayer
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