AERZTE Steiermark | Juli/August 2018
COVER 12 ÆRZTE Steiermark || 07/08 | 2018 tung zeichnet die Einheit „Di- gital Health Information Sys- tems“ des Austrian Institute of Technology AIT verantwort- lich. „Der teilnehmende Arzt erhält hochaggregierte Daten in Diagrammen, die die Ver- läufe gut sichtbar machen“, erklärt Werner Bogendor- fer, Direktor der VAEB, die für ihre Versicherten schon seit 2010 ein Telemonitoring- Programm in Kooperation mit dem AIT anbietet. Die Datenübertragung verläuft automatisch über das Handy an den Server; händisch wird die aktuelle Befindlichkeit eingegeben. „Damit erhalte ich als Arzt nicht nur ob- jektive Werte, sondern auch den subjektiven Parameter des Wohlbefindens“, erläutert der Mürzzuschlager Internist und Diabetes-Experte Alfred Graf-Althon. Er betreut der- zeit 18 PatientInnen teleme- dizinisch und schätzt, dass er für die Feedbacks wöchent- lich rund eineinhalb Stunden aufwendet. „Problematisch ist, dass es bei diesem Projekt noch keine klare Regelung gibt, wer den behandelnden Arzt beispielsweise im Urlaub vertritt“, gibt Ärztekammer- Vizepräsident Dietmar Bayer zu bedenken. „Da sitzt dann der Arzt mit dem iPad im Hotelzimmer und gibt die vereinbarten Feedbacks.“ Fülle mit Mehrwert? Bayer kritisiert auch, dass es bei dem Mürztaler Pilotpro- U. JUNGMEIER-SCHOLZ Schock, Verleugnung und Hilflosigkeit – wenn Men- schen erfahren, dass sie an einer chronischen Erkran- kung leiden, brauchen viele gerade in der ersten Zeit eine engmaschige Betreuung. Im Rahmen eines im April 2017 gestarteten Pilotprojekts wur- den daher schon 110 Mürz- talerinnen und Mürztaler zusätzlich telemedizinisch betreut; 21 obersteirische ÄrztInnen machen mit. Im Rahmen des Projekts, das noch bis Ende des Jahres läuft, senden ausgewählte PatientInnen mit den drei Indikationen Herzinsuffizi- enz (Programm HerzMobil Steiermark – nach dem Tiro- ler Vorbild), Diabetes (Diab- Memory) sowie Hypertonie (CardioMemory) täglich die vereinbarten Messwerte an ihren Arzt oder ihre Ärz- tin und bekommen einmal wöchentlich ein Feedback. DiabetikerInnen und Hyper- tonikerInnen wenden sich an ihre niedergelassenen Ärzt Innen; Herzinsuffizienz-Pati- entInnen an das LKH Hoch- steiermark (Standort Bruck). Finanziert wird das Projekt vom Gesundheitsfonds; die Arzthonorare übernimmt die jeweilige Sozialversicherung. Aufbereitete Daten Für das technische Projekt design und die Datenaufberei- jekt lediglich zu einer digi- talen Transformation käme, also bisher mündlich erho- bene Informationen digital zugänglich gemacht würden. Graf-Althon hingegen schätzt den Gesamtblick auf die Da- tenfülle: „Sehe ich beispiels- weise in mehreren Blutzucker- Tagesprofilen, dass vor allem die morgendlichen Zucker- werte zu hoch sind, empfehle ich ein früheres und kohlen- hydratarmes Abendessen.“ PatientInnen mit Bluthoch- druck senden in der Inten- sivphase mindestens zweimal täglich ihre Vitaldaten wie Blutdruck, Puls, Wohlbefin- den, Medikation und ihre zurückgelegten Schritte. Wer aufgrund seiner Herzinsuffi- zienz in das Projekt HerzMo- bil aufgenommen wurde, das mittlerweile auch auf Leo- ben ausgedehnt wurde, erfasst regelmäßig Körpergewicht, Blutdruck, Puls und subjek- tives Befinden. Abweichungen von den – ärztlich definierten – Zielwerten werden rasch erkannt. Dann wird sofort ge- klärt, ob die Gewichtszunah- me bei einem Herzinsuffizi- enz-Patienten eine Verschlech- terung des Zustands anzeigt oder aus dem Geburtstagses- sen am Vortag resultiert. Notfälle vermeiden Für Notfälle ist das Programm nicht gedacht – da ist die Not- rufnummer zu wählen. Der Sinn liegt darin, durch konse- quentes Monitoring Notfälle zu vermeiden. Noch sind die drei Behand- lungspfade der Mürztaler Telegesundheitsdienste nicht abschließend evaluiert. „Den mündlichen Rückmeldungen der Ärzte entnehmen wir aber, dass vermutlich 30 bis 40 Prozent jener telemedizinisch betreuten Patienten, die an Herzinsuffizienz leiden, durch das Programm ,HerzMobil‘ eine Wiederaufnahme erspart werden konnte. Diese Zahlen entsprechen auch den Erfah- rungen mit derartigen Pro- grammen in Deutschland“, sagt Werner Leodolter, In- formations- und Prozessma- nagement-Verantwortlicher der KAGes. Was Internist Graf-Althon an DiabMemory schätzt: „Die meisten Patienten gewinnen durch die vielen zusätzlichen Arztkontakte ein Gefühl von Sicherheit.“ Einen Verbesse- rungswunsch hätte er aller- dings noch: die Verknüpfung des Systems mit der Ordina- tionssoftware – zur Verein- fachung der Dokumentation. Steirische Telemedizin: von Herzinsuffizienz bis Psoriasis Mürztaler Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz, Diabetes und Hypertonie, die an einem Pilotprojekt teilnehmen, werden zusätzlich telemedizinisch betreut. Auch die steirische Teledermatologie formiert sich. „Ein Vorteil der Telemedizin ist die asynchrone Kommunikation.“ Peter Kastner, AIT Fotos: Fotolia
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