AERZTE Steiermark | September 2018
CHARITY 18 ÆRZTE Steiermark || 09 | 2018 „Im Gründungsjahr des World Doctors Orchestra habe ich gerade an der Berliner Chari- té gearbeitet“, erzählt Sandra Pittl. Die an der Innsbrucker Meduni ausgebildete Tirolerin ist derzeit als Oberärztin im Kantonsspital St. Gallen tä- tig. „Ein Freund von mir, mit dem ich zusammen die Uni Big Band Innsbruck gegrün- det habe, hat mich auf das neue Orchester aufmerksam gemacht.“ Damals war gerade das erste Konzert in Berlin geplant. „Beflügelt durch ein euphorisches Nachtdienstge- fühl, habe ich um fünf in der Früh per Mail angefragt, ob ich mitspielen kann.“ Doch das Ensemble für das „Heimspiel“ war schon vollständig. Monate später erreichte die passionierte Hornistin aller- dings eine Anfrage, ob sie nicht bei einem Konzert in Taiwan mitspielen wolle. Sie wollte. „Ich hatte für die Zeit davor ohnehin eine Fortbildung in Asien geplant, also war der Weg nicht mehr so weit.“ Seit- dem hat Sandra Pittl nahezu in jedem Jahr bei einem Projekt des WDO mitmusiziert. Konzertreif in fünf Tagen Gegründet wurde das von Männern und Frauen gemein- samgetrageneWDOdurch sei- nen Dirigenten Stefan Willich, einen Sozialmedizin-Professor an der Charité, der früher einmal Rektor der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin gewesen war. Träger ist ein gemeinnütziger Verein mit Sitz in Deutschland und den USA. Wer hier mitspielt, zahlt sich seine Reisekosten selbst, denn jeglicher Gewinn durch Konzerteinnahmen wird an medizinische Hilfsprojekte ge- spendet. 1.200 ÄrztInnen aus 50 Nationen Zu seinem heurigen Zehn- Jahres-Jubiläum vereint der Musikerkreis des WDO rund 1.200 Ärztinnen und Ärzte aus 50 Nationen; pro Konzert- projekt spielen jeweils gut 100 davon mit. Auch in Österreich hat das WDO, das seit seiner Gründung an die 60 Konzerte gestaltet hat, bereits gastiert: 2013 im Stephansdom, 2014 in der Innsbrucker Hofburg und im Vorjahr am Salzburger Mo- zarteum. Die Spendengelder gingen unter anderem an das Wiener Institut für Kinder- krebsforschung sowie an das mobile Kinderhospiz Salzburg „Papageno“. „Sowohl die Internationali- tät als auch der Charity-Ge- danke machen das Mitspielen besonders attraktiv“, betont Hornistin Pittl, eine der ganz wenigen ÖsterreicherInnen im WDO. Abgesehen vom wunderbaren Erlebnis, in vier, fünf Tagen intensiven Pro- bens einen konzertreifen har- monischen Gesamtklang zu schaffen. „Bei einem derarti- gen Probenmarathon kommt den Ärzten schon ihre berufs- bedingte Disziplin zugute“, vermutet Pittl. Den eigenen Part hat natürlich jeder daheim schon erarbeitet. Die musikalische Literatur ist durchaus anspruchsvoll und reicht von Beethoven- und Dvorák-Sinfonien bis zur Ur- aufführung von zeitgenös- sischen Werken wie „Positive Spirit“ von Jonathan Barrett. Domäne der Internisten Nahezu alle Mitglieder sind im ärztlichen (einige wenige in einem anderen medizinischen) Beruf tätig, manche davon ha- ben zusätzlich eine professio- nelle musikalische Ausbildung genossen. Das Ranking führen die Internisten mit fast einem Fünftel aller Mitglieder, gefolgt von den Allgemeinmedizi- nern mit 127 Teilnehmenden. Obwohl Musik ja tendenziell den HNO-Ärzten zuzuord- nen wäre, spielen weltweit nur neun von ihnen mit. Dafür beteiligen sich 58 Psychiater. Bei der Instrumentenvertei- lung führen übrigens mit Ab- stand die Geigerinnen und Geiger, die mehr als ein Drittel aller Mitglieder stellen, ge- folgt von CellistInnen, Brat- schistInnen, FlötistInnen und KlarinettistInnen. Immerhin kann das WDO auch mit 26 SchlagzeugerInnen und sieben verschiedenen Harfen-Beset- zungen aufwarten. Von Profis gecoacht Regelmäßig werden einzel- ne Instrumentengruppen von Profimusikern gecoacht. 2017 waren die Hornistinnen und Hornisten des WDO dran, mit Michael Höltzel als Men- tor im – für alle neuen – Spiel der Wagner-Tuba, einer Form des Waldhorns. Am Pro- gramm stand Lorin Maazels gesangsfreie Verdichtung von Richard Wagners „Ring des Nibelungen“: der „Ring ohne Worte“. Die Begegnung mit dem Berufsmusiker und Men- schen Höltzel habe sie (und wohl auch das gesamte Horn- register) sehr geprägt, meint Sandra Pittl rückblickend. „Ich habe ihn nur drei Monate lang gekannt, aber er hat mich in- nerlich so darin bestärkt, der Musik in meinem Alltag mehr Raum zu geben.“ Auch der schwerkranke Höltzel wusste die Begegnung zu schätzen: In seinen letzten Lebensmonaten wandte er sich an die Palliativ- medizinerin Pittl um Rat. Wer imWDOmitspielen möch- te, kann über die Homepage einen Teilnahmeantrag stellen: www.world-doctors-orchestra.org Geplante Konzerte für 2019: Je- rusalem/Tel Aviv, Paris/Reims, Lissabon/Porto … Gesunder Klangkörper Das World Doctors Orchestra WDO feiert sein zehnjähriges Bestehen. Mehr als tausend Ärztinnen und Ärzte weltweit zählen zu seinen Mitglie- dern. Konzerteinnahmen werden für medizinische Hilfsprojekte gespendet. Fotos: Elbphilharmonie/Müller
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