AERZTE Steiermark | Oktober 2018

ÆRZTE Steiermark  || 10 |2018 27 Klagenfurt 15,8 Innsbruck 16,1 Eisenstadt 16,4 VOLKSBEGEHREN oder aus „Rücksicht“ auf die Rauchenden. Auch die volkswirtschaft- lichen Auswirkungen sind ge- waltig: Eine 2018 veröffentlich- te Studie des Instituts für Hö- here Studien (IHS) im Auftrag der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse kommt auf medizinische und nicht- medizinische Gesamtkosten von jährlich 2,4 Milliarden Euro – das sind 0,68 des Bruttoinlandsprodukts. Selbst wenn man Einnahmen etwa aus der Tabaksteuer und den reduzierten Pensionsaufwand (rauchende Menschen sterben im Schnitt früher) gegenrech- net, bleiben immer noch Ko- sten von mehr als 660 Millio- nen Euro pro Jahr. Nicht berücksichtigt sind Ef- fekte wie Arbeits- und Ver- kehrsunfälle, Sachbrände, Wohnraumadaptionen so- wie Produktivitätsverluste aufgrund von Warte- und Wegzeiten für medizinische Behandlungen, Rauchpausen während der Arbeitszeit, un- bezahlte Pflegeleistungen von Angehörigen etc. Dennoch folgte dem Volks- begehren sofort eine poli- tische Festlegung der Bun- desregierung: Weder soll es eine Volksabstimmung ge- ben – und schon gar nicht sei daran zu denken, das Gastronomie-Rauchverbot doch noch einzuführen. Auch diesbezügliche Forderungen und Anregungen von Landes- hauptleuten, Ärztevertretern oder des Bürgermeisters der österreichischen „Nichtrau- cher-Hauptstadt“ Graz ver- hallten (obwohl sie vermut- lich nicht ungehört blieben). Die Bundesregierung, insbe- sondere der Regierungspart- ner FPÖ, zog sich auf den Standpunkt zurück, dass das Volksbegehren die im Regie- rungsprogramm verankerte Zahl von 900.000 Stimmen, die automatisch ein Volksbe- gehren auslösen sollte – al- lerdings laut Regierungspro- gramm erst in drei oder vier Jahren – nicht erreicht wurde und dass man ja andere Maß- nahmen gesetzt habe, etwa ein ausnahmsloses Rauchver- bot in Schulen. Besonders stichhaltig sind diese Argumente jener, die das „Don‘t smoke“-Volksbe- gehren folgenlos „schubla- disieren“ wollen, allerdings nicht. 900.000 nicht erreicht Das stimmt. Das „Don‘t smoke“-Volksbegehren er- reichte „nur“ knapp 882.000 Unterschriften. Aber seit An- fang 2002, also seit 16 Jahren, konnte kein Volksbegehren in Österreich die Hürde von 900.000 Unterschriften über- springen. Außerdem ist diese Hürde willkürlich. Es hat auch niemand verlangt, dass „auto­ matisch“ eine Volksabstim- mung folgt. Es wäre nur eine faire politische Entscheidung. Regierungsprogramm Im Regierungsprogramm steht, dass ab 2021/2022 ein Volksbegehren ab 900.000 Unterschriften zwingend eine Volksabstimmung nach sich zieht. Es steht aber nicht im Regierungsprogramm, dass bis dahin keine Volksabstim- mung stattfinden darf. Der Nationalrat kann jederzeit be- schließen, einen vorliegenden Gesetzesentwurf einer Volks- abstimmung zu unterziehen. Und den gibt es mit dem NichtraucherInnenschutzge- setz. Mehrheit für‘s Rauchen Immer wieder ist zu lesen, dass bei Volksbegehren nur eine Minderheit der Öster­ reicherinnen und Österreicher unterschrieben habe. Nun gibt es etwas definitiv nicht: ein Volksbegehren, bei dem sich ein Mehrheit der Wahlbe- rechtigten für ein Anliegen ausgesprochen hat. Beim der- zeitigen Stand der Wählerevi- denz müssten das fast 3,19 Ergebnis Landeshauptstädte in Prozent der Wahlberechtigten Graz 21,9 Linz 15,7 Bregenz 11,4 Wien 16,9 St. Pölten 14.8 Salzburg 13,9 Quelle: Bundesministerium für Inneres Das Nichtraucherthema ist wie wenige andere für eine Volksabstimmung geeignet.

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