AERZTE Steiermark | Dezember 2018
COVER 8 ÆRZTE Steiermark || 12 | 2018 früher sterben, durch biolo- gische Faktoren bedingt seien. Daher müsse es auch andere Erklärungen geben, befin- den die deutschen Forsche- rinnen und Forscher: „Um gesundheitliche Unterschiede zu erklären, muss häufig eine Kombination verschiedener Faktoren (biologisch und psy- chosozial) herangezogen wer- den, da sich die biologisch- genetischen und die psycho- sozialen bzw. kulturellen Fak- toren wechselseitig bedingen“, so der RKI-Bericht. Die Lancet -Studie wiederum hat herausgefunden, dass der Unterschied der Geschlechter sich über die fast sieben Jahr- zehnte kaum verändert hat. 1950 betrug die weltweite Dif- ferenz 4,7 Jahre, 2017 waren es 5,1 Jahre, die Frauen älter wurden als Männer. Wobei es zwischen Ländern und Regi- onen große Unterschiede gibt. Weil die Lebenserwartung an sich und zusätzlich die Zentralafrikanischen Repu- blik liegt sie für Männer bei durchschnittlich 49,1 Jahren, für Frauen in Singapur bei 87,6 Jahren. Dass Frauen eine höhere Le- benserwartung als Männer haben, ist eine Binsenweisheit der Gesundheitsversorgung. Sie gilt mit ganz wenigen Ausnahmen für alle Länder und Gesundheitssysteme. Sie gilt in reichen wie in armen Ländern aller Kontinente. Er- klärungen für diesen „gender gap“ gibt es genug: Etwa im 2014 erschienenen „Bericht zur gesundheitlichen Lage der Männer in Deutschland“ des Robert-Koch-Instituts. Sie bleiben aber dennoch unklar: Die Unterschiede zwischen Frauen und Männern, so die RKI-Forscher, „können nur zum Teil mit biologisch-ge- netischen Faktoren erklärt werden“. Man gehe davon aus, dass lediglich etwa ein Jahr (von insgesamt etwa sechs Jahren), die Männer im Mittel sogenannten gesunden Le- bensjahre (Healthy Life Ye- ars, HLY) bzw. die gesunde Lebenserwartung (Healthy Life Expectancy, HLE) gerne herangezogen werden, um die Leistungsfähigkeit eines Gesundheitssystems zu be- werten, haben wir uns speziell die Werte für die wichtigen europäischen Länder (Euro- päische Union und andere eu- ropäische Länder) angeschaut. Ergebnisse unklar Die Ergebnisse sind vor allem eines: unklar. Die ältesten Männer leben in der Schweiz. 82,12 Jahre beträgt im west- lichen Nachbarland Öster- reichs deren durchschnitt- liche Lebenserwartung. Es folgen die Männer in Israel und Italien. Das geringste durchschnittliche Lebens- alter erreichen die Männer in Litauen mit 69,63 Jahren, gefolgt von den lettischen und bulgarischen Männern. Bei den Frauen liegen dage- gen die Isländerinnen an der Es war eine der mächtigsten Studien zur Lebenserwartung weltweit, die eine der Iko- nen unter den allgemeinen Gesundheitspublikationen, Lancet , im November 2018 veröffentlichte. Ein Aufriss der weltweiten Lebenserwar- tungsdaten im Vergleich zwi- schen 1950 und 2017. Mit einem mehr als klaren Er- gebnis: Die globale Lebenser- wartung von Männern ist in diesen 67 Jahren von durch- schnittlich 48,1 Jahren auf 70,5 Jahre gestiegen, die der Frauen von 52,9 auf 75,6. Besonders stark gesunken ist die Kindersterblichkeit: 1950 kamen 216 Todesfälle von unter 5-Jährigen auf 1.000 Lebendgeburten, 2017 waren es nur mehr 38,9 – weniger als ein Fünftel. Die von der Bill & Melinda Gates Foundation unterstützte Untersuchung zeigt natürlich auch die Pro- bleme auf. Sie liegen in den gewaltigen Unterschieden in der Lebenserwartung. In der „Lebenserwartung“ ist landläufig die härteste Währung, um die Leistungsfähigkeit eines Gesundheitssystems zu bewerten. Nur: Es gibt statistisch betrachtet nicht nur eine Lebenserwartung, sondern mehrere. Und wenn man sich die Statistiken ansieht, ist man nicht mehr ganz sicher, ob diese Zahlen wirklich geeignet sind, um die Qualität von Ge- sundheitssystemen zu bewerten. Foto: AdobeStock, Grafik: Conclusio
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