AERZTE Steiermark | Jänner 2019
Ærzte Steiermark || 01|2019 7 Fotos: Oliver Wolf, Elke Meister, Harry Schiffer, Fotolia, Grafik: Konrad Lindner Ideen zur Bekämpfung des Kassenärztemangels gibt es viele. Und speziell in der Steiermark ist bereits im Vorjahr einiges geschehen. Der GKK- Vertrag 2018 brachte markante Verbesserungen, ganz konkret für die Allgemeinmedizin, die Kin- der- und Jugendheilkunde sowie die Gynäkologie, also jene Bereiche, in denen es besonders schwie- rig war (und ist), Kassenstellen zu besetzen. Von vielen jungen – aber auch manchen älteren – Ärztinnen und Ärzten dringend gewünscht war die Möglichkeit, Kassenstellen zu teilen. Dieses Jobsharing ist in der Steiermark auch möglich, und zwar ohne Limitierungen. Ab April gibt es nur mehr freiwillige Bereit- schaftsdienste. Auch das macht allen, die keine allgemeinmedizinische Kassenstelle übernehmen wollten, weil sie die Tretmühle der vielen ver- pflichtenden Bereitschaftsdienste fürchten, das Leben wesentlich leichter. Und es ist auch ein gewichtiges Argument, um einen Kassenvertrag nicht vorzeitig zu kündigen. Jetzt gibt es zusätzlich eine Prämie für die Grün- dung von Praxen, die schwer besetzbar sind. In dieser Form kennen wir diese Starthilfe nur aus Deutschland. Und viele wollten dieses Modell der „Starthilfe“ auch für Österreich. Jetzt gibt es die- ses Angebot auch in der Steiermark. Im Schnitt sind es 70.000 Euro als Unterstützung für den Erwerb einer Immobilie, die Praxisausstattung oder die Ausbildung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Der Topf dafür ist mit 3,85 Millio nen Euro so gefüllt, dass zwischen 50 und 70 Praxisgründungen bzw. Praxisübernahmen in den kommenden zweieinhalb Jahren gefördert werden können. Wir haben den Kampf gegen den Verlust der ärzt- lichen Versorgung in der Steiermark gemeinsam mit der Gebietskrankenkasse aufgenommen. Und wir wollen ihn im Interesse unserer Patientinnen und Patienten auch gewinnen. Vizepräsident Dr. Norbert Meindl ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. extra Norbert Meindl Unser Weg: ärztliche Versorgung sichern Standortbestimmung Herwig Lindner Die Politik vor Fehlern und Irrwegen bewahren Dass 2014 die Einkommen für die steirischen Spitalsärztinnen und -ärzte deutlich verbessert und die Arbeitszeiten entschärft wurden, ist und bleibt ein großer Erfolg. Dass es nun eine Starthilfe für die Besetzung von Kassenstellen gibt, die trotz mehrfacher Ausschreibung keine Bewerberinnen und Bewerber gefunden haben, ebenfalls. Mir ist völlig klar, dass Politik und Sozialversicherungen das nicht für die Ärztinnen und Ärzte tun, sondern für die Gesund- heitsversorgung der Bevölkerung – dort liegt ja auch ihre Verantwortung. Das heißt aber im Umkehrschluss auch: Wir Ärz- tinnen und Ärzte müssen dafür nicht dankbar sein, wenn die Rahmenbedingungen für unsere Arbeit verbessert werden. Wir müssen vielmehr achtsam sein, dass diese Verbesserungen Bestand haben. Dass es keine Stagnationen oder gar Rückschläge gibt. Das erfordert unsere ständige Aufmerksamkeit und Wachsamkeit. Wir sind im eigenen Interesse und im Interesse unserer Patien- tinnen und Patienten nur dazu verpflichtet, rechtzeitig zu war- nen, wenn sich Verschlechterungen abzeichnen. Oder wenn wir sehen, dass gut gemeinte Ideen zu Verbesserungen unerwünsch- te Nebenwirkungen haben. Das ist herausfordernd. Oft genug müssen wir sehr laut sein, um uns Gehör zu verschaffen. Mit dem Vorwurf, wir seien zu laut, haben wir zu leben gelernt. Besser ist es zu stören – vielleicht so- gar zu verstören –, als sich dem Vorwurf auszusetzen, nicht früh und klar genug gewarnt zu haben. Ich kenne aber keine Politikerin und keinen Politiker, die bzw. der das Falsche tun will. Wenn es dennoch passiert, dann, weil ein Plan nicht zu Ende gedacht wurde oder weil manche Fakten ausgeblendet werden. Darum – und das ist die gute Nachricht – können wir davon ausgehen, dass die Politik auf unsere sachlich begründeten Ein- wände sehr wohl hört. Und dass sie letztlich froh ist, wenn wir sie damit vor Fehlern und Irrwegen bewahren. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. debatte
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