AERZTE Steiermark | Februar 2019

Das Referat „Bereitschafts- dienst am Land“ wurde von der Kurie mit der Umsetzung beauftragt und daraus eine fraktionsübergreifende Ar- beitsgruppe gegründet (Ma- der-Leitung, Kirisits, Moussa, Schweighofer). Ziele waren, die Verpflich- tung der Vertragsärzte zur Teilnahme am Wochenend- Bereitschaftsdienst aus dem Gesamtvertrag zu streichen und den potentiellen Teil- nehmerkreis für den Bereit- schaftsdienst zu erweitern. Um „arztsparend“ zu organisieren, wurde im Konzept die Spren- gelanzahl drastisch reduziert und „arztschonend“ keine Be- reitschaftsdienst-Zeiten mehr ab Mitternacht bis 7 Uhr früh vorgesehen. In vielen konstruktiv ge- führten Verhandlungsrunden mit dem Gesundheitsfonds und der Steiermärkischen Ge- bietskrankenkasse konnten diese Eckpunkte in das neue Konzept integriert werden. Nach langem Feilschen war auch das Honorar für uns unter der Voraussetzung der Freiwilligkeit zu akzeptieren. Teilnahmeberechtigt sind nun neben Kassenvertragsärzten alle Ärzte mit ius practicandi, d. h. auch Wahlärzte, angestell- te Ärzte und Wohnsitzärzte. Da kein Dienstverhältnis ein- gegangen wird, berührt dies auch nicht die Einschrän- kungen des Arbeitszeitgesetzes. Für die Teilnahme ist eine Ver- einbarung mit dem Gesund- heitsfonds unter Bekanntgabe einiger Daten (DSGVO-kon- form) erforderlich. Die Bu- chung der Dienste erfolgt über eine Web-Applikation, ähnlich einer Hotelbuchung. Storno und Tausch sind möglich. Der neu organisierte Bereit- schaftsdienst wird als reiner Visitendienst, disponiert vom Roten Kreuz, umgesetzt. Die Anforderungen werden über ein international erprobtes Abfragesystem von geschul- ten, diplomierten, berufserfah- renen Pflegekräften („Gesund- heitstelefon“ Nr. 1450) triagiert und dann, entsprechend der Erfordernis, das Einsatzmittel (RTW, Notarzt, Visitenarzt, nächste Ordination, Selbst- hilfe) disponiert. Damit fallen alle lästigen Bagatellfälle dem Visitenarzt weg. Zur Unter- stützung der Triage steht rund um die Uhr ein Telefonarzt zur Verfügung. Für den Visitenarzt ist die Kommunikation mit der Leit- stelle und damit ein Anpassen der Einsätze dauernd mög- lich. Die Sorge um lange Weg- strecken ist berechtigt, diese werden aber durch geschickte Disposition der Leitstelle so gering wie möglich gehalten und – „was nicht geht, geht halt nicht“ – dann fährt der RTW so wie in den bisher unbesetz- ten Regionen. Die Honorare sind so kal- kuliert, dass die Pauschale plus geschätztem Visitenlohn ein Durchschnittshonorar von rund 420 Euro für 6 Stunden erwarten lässt – d.h. bevöl- kerungsarme (= visitenarme) Sprengel haben eine höhere Pauschale. Vertragsärzte ver- wenden ihre gewohnten Vi- sitenutensilien. Ärzte ohne Zugang zur „pro ordinatione“ Bestellung erhalten eine ent- sprechende Medika-Ausrü- stung von der GKK und eine Ausrüstungsempfehlung. Zu den Aufgaben des Visi- tenarztes gehört auch im An- lassfall die „Todesfeststellung“. Vorgesehen ist bis 31. März 2019 die Schaffung einer ge- setzlichen Regelung, wonach durch diese Todesfeststellung die Verbringung der Leiche im Bereich des zuständigen Toten- beschauers ermöglicht wird. Das häufig kritisierte Fehlen einer organisierten Ordinati- onsstruktur am Wochenende eröffnet die Möglichkeit einer freiwilligen, regional abgespro- chenen Ordinationsöffnung. Diese kann künftig über ein Portal in der ÄK-Homepage, so wie der Wochentags-Nacht- dienst bisher – der Leitstel- le und der GKK (= gesamt- vertragliche Verpflichtung!) zeitnah gemeldet werden. Die Leitstelle disponiert dann Pa- tienten in diese geöffnete Or- dination. Im Rahmen der sieben Info- Veranstaltungen (die betrof- fenen Ärzte sollten vor der Öffentlichkeit über den „Be- reitschaftsdienst neu“ infor- miert werden) zeigte es sich, dass diese Kulturänderung vor allem bei jenen Kollegen auf Vorbehalte stößt, die noch durch hohen persönlichen Ein- satz bzw. eine gute ärztliche In- frastruktur lückenlose Dienste in ihrem Sprengel organisieren. Das neue Bereitschaftsdienst- System entspricht im Wesent- lichen den im „Masterplan Allgemeinmedizin“ der Öster- reichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin (ÖGAM) angeführten Forderungen zur Attraktivierung der Landme- dizin (Kapitel M4/2.2 – Rand- zeitenabdeckung bei Ressour- censchonung). Unter diesen schonenderen und wesentlich besser hono- rierten Bedingungen wird sich die Versorgung steiermark- weit deutlich verbessern. Es ist ein permanentes Monitoring zwecks Optimierung vorge- sehen. Dr. Robert Mader ist Allge- meinmediziner, pensionierter Kassenvertragsarzt sowie Mit- glied der Kurien- und Vollver- sammlung der Ärztekammer Steiermark. Als langjähriger Funktionär der Ärztekammer Steiermark war er auch Be- zirksärztevertreter in Leoben. Er hat am Konzept „Bereit- schaftsdienst neu“ maßgeblich mitgewirkt. ÆRZTE Steiermark  || 02|2019 19 BEREITSCHAFTSDIENST NEU Seit rund zehn Jahren gibt es auch den freiwilligen, bezahlten Wochentags- Nachtdienst, dieser war anfangs noch zu 80 Prozent besetzt, aktuell sind dies nur mehr die Hälfte dieser Dienste.

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