AERZTE Steiermark | März 2019

und der sinnvolle Weg in Zu- kunft ein anderer sein muss, nämlich jener über ein Leit- spital. Natürlich können wir keine jungen Spitalsärzte mehr davon überzeugen, in unserem wunderschönen Bezirk leben und arbeiten zu wollen, wenn wir ihnen kein zeitgemäßes Arbeitsumfeld bieten können. Und dazu braucht es im 21. Jahrhundert einfach eine an- dere Mindestgröße des Spitals als im 20. Jahrhundert. Aus fachlicher Sicht ist daher das Festhalten an der noch ak- tuellen kleinteiligen Struktur eine Sackgasse.“ Miocinovic weiß, wovon er spricht: Weil es bereits an Personal mangelt, macht der 61-Jährige, wie Landesrat Drexler beim „Dienstalk“ be- richtete, jeden Monat eine zweistellige Zahl von Nacht- diensten selbst. Und wird das wohl bis zu seiner Pensionie- rung weitermachen müssen, wenn der Betrieb rund um die Uhr aufrechterhalten bleiben soll. „Wie soll so etwas funktionieren?“ Den Gegnern des Zentral- spitals kann man parteipo- litische Taktik unterstellen, aber auch sie argumentie- ren: „Man kann auch ein be- stehendes Spital aufwerten“, sagte FP-Klubobmann Stefan Hermann bei der Diskussion in Graz. Seine KPÖ-Kollegin Claudia Klimt-Weithaler lässt Fallzahlen „nicht als einziges Kriterium“ gelten. Sie pocht auch auf „Nähe“ und antwor- tet auf die Frage, in welches Spital sie bei einer Geburt ginge, ganz offen, dass sie bei einem erwartbar komplika- tionsfreien Spitalsaufenthalt eines wählen würde, in dem sie Verwandte und Freunde oft besuchen könnten, ohne lange Wege auf sich nehmen zu müssen. „Insgesamt sehen wir die Entwicklung differenziert“, sagt etwa der niedergelassene Ramsauer Allgemeinmedizi- ner Oliver Lammel im Wis- sen, mit dieser Meinung nicht allein zu sein. „Schladming wäre ja durchaus geeignet, ausgebaut zu werden und die Funktion eines Leitspitals zu übernehmen“, meint er und übt Kritik an der Planung: „Nun belässt man die Unfall- chirurgie – zumindest tages- klinisch an diesem Standort, die Stationen sollen aber ge- schlossen werden – wie soll denn so etwas funktionieren?“ Kritisch wird auch die feh- lende Ausstattung mit voll- wertigen Bettenabteilungen für Kinder- und Jugendheil- kunde sowie Neurologie gese- hen. Die Frage ist allerdings, wie eine solche angesichts der knappen ärztlichen Per- sonalressourcen – gerade in der Kinder- und Jugendheil- kunde – gewährleistet werden könnte. Und Lammel spricht auch das im Bezirk Liezen wegen des jahrzehntelangen Streits um die Ennsnahe Tras- se sensible Verkehrsthema an: „Trautenfels/Stainach ist von der Erreichbarkeit sowohl vom Westen als auch vom Sü- den furchtbar – jeder, der die B 320 fahren muss, weiß das.“ Befürworter wie Drexler ar- gumentieren aber gerade mit der gleich guten Erreichbar- keit des neuen Standorts von fast allen Teilen des Bezirks aus (siehe dazu den Kasten „Schnellere Wege“; Seite 10). Arbeitsplätze Gegner haben auch wirt- schaftliche Argumente: Das Diakonissenspital in Schlad­ ming ist mit 470 Ganzjahres- Arbeitsplätzen ein bedeu- tender Arbeitgeber. Rotten- mann und Bad Aussee bieten (Stand 2017, Vollzeitäquiva- lente) rund 560 Arbeitsplätze. Ärztinnen und Ärzte sowie andere Angehörige qualifi- zierter medizinischer Berufe brauchen sich wenig Sor- gen um ihre künftigen Ar- beitsplätze zu machen – sie sind hoch begehrt. Deutlich schwieriger ist die Lage wohl für nichtmedizinische Hilfs- berufe, wenn die bestehen- den Häuser in der gewohnten Form nicht mehr existieren. Das erklärt auch die Sorgen der betroffenen Bürgermeis­ terinnen und Bürgermeister. Dass am neuen Standort neue Arbeitsplätze entstehen, tröstet nur begrenzt. Denn fußläufig wird ein Spital in Stainach-Pürgg für Einwoh- nerinnen und Einwohner von verständlich eine Ehre und Anerkennung ist. Faktum ist aber, dass der Weg in Zukunft bedingt, dass wir auch wach- sen müssen, um unserer Ärzte- schaft genügend verschiedene Fälle bieten zu können, um ihre beruflichen Erfahrungen machen bzw. weiter ausbauen zu können, wie es der medi- zinische Fortschritt erfordert. Und damit auch die höchst- mögliche Versorgungsqualität für die Region sicherstellen zu können“, so der ärztliche Direktor Prim. Gerhard Mel- zer. Schon bei seinem Antritt im Jahr 2012 hatte er ähnlich argumentiert: „Wir bewegen uns in einer Zeit struktureller Veränderungen im Spitalswe- sen der Steiermark. In diesen Zeiten sind Kooperation und Vernetzung mit unmittelbar benachbarten medizinischen Institutionen sowie mit dem Universitätsklinikum Graz von besonderer Bedeutung.“ Der gebürtige Kroate Prim. Savo Miocinovic, Leiter der Chirurgie beider Häuser, plä- diert ebenfalls für den Ab- schied von einer nicht länger zu bewahrenden Vergangen- heit: „Wie man hier im Aus- seerland weiß, habe ich seit vielen Jahren hart für den Erhalt der chirurgischen Ver- sorgung am Standort und im Verbund gearbeitet und tue es noch. Aber gerade das be- rechtigt bzw. verpflichtet mich sogar dazu, zu erkennen und auch zu sagen, wenn das Ende dieses Weges in Sicht kommt ÆRZTE Steiermark  || 03|2019 11 COVER Fotos: Freisinger, Land Steiermark, FPÖ, Huber, Konwalin Diakonissen-Ärzte Wohak (links) und Kaulfersch: Nur in größerer Einheit möglich. KAGes-Chirurg Miocinovic: Zeit­ gemäßes Arbeitsum- feld für junge Ärz- tinnen und Ärzte.

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