AERZTE Steiermark | März 2019

ÆRZTE Steiermark  || 03|2019 35 PRAXIS Soft skills Ehrlichkeit und Hoffnung Eine weitere Frage betrifft die Heilmethode. „Sitzt mir ein Mensch gegenüber, der fel- senfest von der Schulmedizin überzeugt ist, oder schwört er auf die Segnungen der Kom- plementärmedizin bzw. der Homöopathie?“ Auch ohne dass der Patient selbst es prä- zisiert hätte, sollte sich der Arzt im Klaren sein: Das will der Patient vor allem anderen von mir wissen und diese oder jene vorgeschlagene Be- handlung wird bei ihm auf große Compliance stoßen. Eines gilt für alle Patientinnen und Patienten: Sie wollen, dass der Behandelnde ihre Gesundheitsprobleme ernst und sich dafür Zeit nimmt. Nachdem Patientinnen und Patienten eher Laien sind, lei- ten sie das Ernst-genommen- Werden primär davon ab, wie Ärztin oder Arzt auf sie ein- geht. „Ist sie oder er ehrlich und gibt er auch Heilungs- chancen?“, fragen sie sich. In puncto Eingehen auf die Kranken im Arzt-Patienten- Gespräch wird immer wieder auf den Mangel an Zeit, der eine Rahmenbedingung der modernen Kassenmedizin sei, hingewiesen. Knappe sieben Minuten durchschnittliche Gesprächsdauer gelten vielen als Indiz für die so genannte Fließbandmedizin. Der Praxis- bzw. Spitalsalltag zeigt aber, dass Zeit alleine nicht ausschlaggebend für die Zufriedenheit ist. Entschei- dend ist eben auch: „Konzen- triert sich Ärztin oder Arzt in diesen Minuten voll auf mich oder macht er dabei irgendetwas, wie SMS abru- fen, nebenbei? Geht er auf meine Lebensumstände ein?“ Natürlich hängen die Zufrie- denheit und das Vertrauen auch davon ab, wie erfolgreich dieser Arzt bereits vergangene Erkrankungen behandelt hat. Gleichstand für Vertrauen und Kompetenz So gut der Einfluss von Ver- trauen auf die Zufrieden- heit, das Gesundheitsverhal- ten und die subjektiven Be- schwerden der Behandelten auch ist, so wenig eindeutig tritt er objektiv zutage. Dazu wurden in der Meta-Analyse „Trust in the health care pro- fessional and health outcome“ 47 Studien aus Europa, Asien, Nordamerika und Australien untersucht, die sich mit dem Zusammenhang von Vertrau- en und Gesundheitsindika- toren bei behandelten Per- sonen beschäftigen. Das 2017 veröffentlichte Er- gebnis: In Bezug auf die Wir- kung des Vertrauens von Pati- entinnen und Patienten in ihre behandelnden Personen konn- ten bei objektiven klinischen Parametern sowie bei der Be- urteilung des Gesundheits- zustandes durch ÄrztInnen keine Effekte nachgewiesen werden: „ Correlations between trust and objective (…) as well as observer-rated outcomes (…) were non-significant.“ Junge Ärztinnen und Ärzte können also durchaus mit ihrer up-to-date-Kompetenz punkten, ältere punkten mit Erfahrung und ihrem be- rühmten Händchen für die PatientInnen. Stimmen also Vertrauen, Kompetenz und Behandlungserfolge zusam- men, so hat der Patient eine feste Burg in seinem Arzt. Umgekehrt ist es für ihn der schönste Lohn, wenn er spürt, dass er für den Patienten etwas sehr Positives bewegen konnte. Quelle: Birkhäuer, Gaab, Kossowsky, Hasler, Krummenacher, Werner, Gerger: Trust in the health care professional and health outcome: A meta- analysis. PLoS One. 2017 Feb 7;12(2):e0170988. doi: 10.1371/ journal.pone.0170988. eColle- ction 2017. Zeit alleine ist nicht ausschlaggebend für die Zufriedenheit.

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