AERZTE Steiermark | März 2019
6 ÆRZTE Steiermark || 03|2019 Eiko Meister Die neue Ärzte vertreibung stoppen Vor nunmehr fünf Jahren ist ein Ruck durch die steirischen Spitäler gegangen. Das Land und seine Spitalsgesellschaft haben im Zusammenhang mit der Gehalts- und Arbeitszeitreform einiges Geld in die Hand genommen. Und die Spitalsärztinnen und Spitalsärzte haben es gedankt. Sie sind im Land geblieben, sie sind ins öffentliche Gesund- heitswesen gegangen. Der Satz oben hat nur einen Schönheitsfehler: Es steht „vor nunmehr fünf Jahren“. Den seit nun- mehr fünf Jahren ist kaum etwas geschehen. Im Gegenteil, manches hat sich verschlechtert, vieles wurde relativiert. Ich will an dieser Stelle nicht zu technisch werden, nicht über die Neuberechnung von Vorrückungs- stichtagen oder die Verschleppungstaktik bei den Gesprächen zur Evaluierung der Einkommens- verluste schreiben. Ja, die KAGes muss sparen, das Landesbudget ist angespannt. Das haben wir verstanden. Aber die- se Situation kann ja wohl nicht rechtfertigen, die Investitionen von fünf Jahren in den Sand zu set- zen, indem man die Spitalsärztinnen und -ärzte laufend vor den Kopf stößt. Dazu passt es auch gut, öffentlich zu erklären, dass die Umsetzung des Arbeitszeitgesetzes kein ernsthaftes Problem ist und gleichzeitig still und heimlich seine Auf- weichung zu betreiben. Viele Kolleginnen und Kollegen sind an ihren Grenzen angelangt und können nicht mehr. Sie werden also wieder mit den Füßen abstimmen, in private Häuser gehen, in denen man sie besser behandelt, Junge werden wieder verstärkt ins Ausland abwandern, wo der Beruf zwar auch kein Honiglecken ist, sie aber mehr Wertschätzung er- fahren und mehr Zukunft zu haben. Neue Spitäler zu bauen (Liezen!), aber gleichzeitig Ärztinnen und Ärzte mutwillig zu vertreiben, ist eine absurde Taktik. Sorry, KAGes. Vizepräsident Dr. Eiko Meister ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. INTRA KONT A Wenn ungeschützte Kinder durch einen ungeimpften Masernerkrankten im Warteraum der Klinikambu- lanz angesteckt werden, bedeutet das puren Stress für alle und setzt eine Logistik in Gang, welche die Klinik an ihre Grenzen bringt. Zuerst muss das Zeit- fenster definiert werden, in welchem die Ansteckung erfolgt ist, und das kann mehr als zwei Stunden be- deuten, nachdem ein Masernpatient den Raum verlas- sen hat. Die in dem Zeitraum anwesenden Kontakt- patienten müssen telefonisch kontaktiert, der Impf- pass abgefragt werden und bei fehlendem Impfschutz einberufen und rasch nachgeimpft werden. Säuglinge unter sechs Monaten von maserngeimpf- ten Müttern haben eventuell noch den mütterlichen Nestschutz, gesichert kann das beim Säugling aber nur durch eine Bestimmung der Masernantikörper werden, durch eine schmerzhafte Blutabnahme. Eltern von un- geschützten Säuglingen muss die Situation möglichst ruhig erklärt und anschließend müssen die Säuglinge innerhalb von Tagen stationär aufgenommen werden. Es folgen schmerzhafte Venenpunktion(en), das Baby wehrt sich, schreit, muss festgehalten werden, die Mutter oder der Vater daneben ist aufgelöst, die Im- munglobulin-Infusion zur passiven Masernimmuni- sierung wird angehängt und das Baby fixiert, damit es sich nicht in Abwehr die Leitung entfernen kann (eine leider notwendige Verletzung der körperlichen und psychischen Integrität). Wer ist verantwortlich für die hohen Kosten einer Masernimmunprophylaxe ungeschützter angesteckter Säuglinge, der notwendigen Spitalsaufenthalte, dem eventuellen Verdienstentgang von Eltern und dem un- nötigen psychischen Leid, das diesen zugefügt wird? Ich finde, Eltern sollten zumindest Schmerzensgeld und Schadensersatz verlangen. Analog zu HIV-Patienten, die nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr Gesunde anstecken, erfüllt für mich die Ansteckung durch einen nicht geimpften Masernerkrankten denselben Strafbe- stand. Das sollte unsere Gesundheitsministerin beden- ken, wenn sie Expertenmeinungen in den Wind schlägt und gegen eine allgemeine Masernimpfpflicht ist. Univ.-Prof. (em.) Dr. Ernst-Christian Urban war 2012–2017 Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der MUG. Christian Urban Wer ist verantwortlich für die hohen Kosten? 2
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