AERZTE Steiermark | April 2019
32 Ærzte Steiermark || 04|2019 medizin als „Small Heart“ bezeichnet wird. PatientInnen mit einem hungerbedingten Small Heart sind bezüglich Herzversagen besonders gefährdet. Klinik Klinisch stellt sich das RS in Form von kardialen (Herz- insuffizienz, Pericarderguss, Arrhythmien), pulmonalen (Ateminsuffizienz mit Dys- pnoe), neurologischen (Ata- xie, Krampfanfälle bis Koma), muskulären (Muskelschwä- che bis hin zur Rhabdomyo lyse) und hämatologischen (Anämie) Symptomen dar. Diagnostik Diagnostisch kommt dem Elektrolytmonitoring inklu- sive Phosphat am Tag vor der Nahrungszufuhr sowie am Tag 1, Tag 3 und Tag 5 eine entscheidende Bedeutung zu. Prophylaxe und Therapie Die Grundlage einer erfolg- reichen Prophylaxe und Thera- pie ist zunächst das Wissen und Erkennen des Störungsbildes. RisikopatientInnen sollten klinisch hinsichtlich Herz- frequenz, Blutdruck, Atem- frequenz, Körpergewicht sowie Hydratationszustand engmaschig kontrolliert wer- den. Anhand des regelmäßig gemessenen Körpergewichts und der Erfassung körper- licher Befunde, insbesonde- re peripherer und kardialer Ödeme, kann eine potentielle Flüssigkeitsüberlastung er- fasst werden. Ebenso wichtig sind die eng- maschigen laboranalytischen Verlaufskontrollen von Phos- phat, Kalium, Magnesium und Natrium. Diese sollen re- gelmäßig und zu Beginn einer Ernährungstherapie täglich durchgeführt werden. Gibt es Defizite im Elektrolyt- bzw. Flüssigkeitshaushalt, sind die- se umgehend auszugleichen. Eine individuelle Substituti- onstherapie soll parallel zur Ernährungstherapie erfolgen. Die Parameter sind im Ver- lauf der Therapie weiter sehr engmaschig zu kontrollieren. Leichtere Hypophosphat ämien können oral mit Re ductio Spezial 613 mg 3x1 bis 3x2 (entspricht 1 – 3 Gramm Phosphat) substituiert werden. Schwere Hypophosphatämien < 1mg/dl (< 0,03 mmol/l) sollten intravenös mit Natri- um-Glycerol – Phosphat 0,6 mg/kg KG/h (0,02 mmol/l pro kg KG/h) behandelt werden. Auch Vitamin D3, das die Phosphataufnahme verbes- sert, und Vitamin B1 (Thi- amin) sollte prophylaktisch gegeben werden. Bei einer Substitution von Phosphat ist zu beachten, dass der tägliche Phosphatbedarf bei 1500 bis 3000 mg liegt. Eine wichtige vorbeugende Maßnahme zur Vermeidung eines RS ist die initial nied- rige Kalorien- respektive Kohlenhydratzufuhr. Nach der Empfehlung der NI- CE-Richtlinien sollten bei Pa- tientInnen mit fehlender Er- nährung in einem Zeitraum von mindestens fünf Tagen maximal 50 % des Gesamt- kalorienbedarfs verabreicht werden. Die Realimentation beträgt bei Risikopatienten 10 kcal/kg KG. Bei ausgeprägter Mangeler- nährung mit einem BMI < 14 kg/m 2 beziehungsweise einer inadäquaten Nahrungszufuhr über zwei Wochen liegt die anfänglich empfohlene Kalo- rienmenge bei 5 kcal/kg KG. Die zugeführte Kalorienmen- ge kann im weiteren Verlauf langsam gesteigert werden, wenn sich keine laborche- mischen oder klinischen Ma- nifestationen eines RS aus- bilden. Das Wichtigste für die Praxis y Das Refeeding-Syndrom (RS) ist eine Kombinati- on von metabolischen Stö- rungen und klinischen Zeichen, das bei mangeler- nährten RisikopatientInnen nach Wiederaufnahme der Ernährung auftritt. y Das RS ist charakterisiert durch eine Hypophosphat ämie, Hypokaliämie und Hypomagnesiämie sowie Hypervolämie (Ödeme). y Besonders gefährlich für die Manifestation eines RS sind die ersten zwei bis fünf Tage nach Beginn der Ernährung. y Das RS ist vermeidbar durch Erkennen der Risikopati- entInnen und sorgfältige Prävention. Informationen SEDU (Specialist Eating Dis- order Unit): Univ.-Klinik für Psychiatrie und Psychothera- peutische Psychiatrie, Auen- bruggerplatz 31, 8036 Graz, Leitung: OÄ Dr. Theresa La- housen-Luxenberger, Stv.: OÄ Dr. Birgitta Leitner-Afschar Spezialambulanz für Ess- störungen: Univ.-Klinik für Psychiatrie und Psychothera- peutische Psychiatrie, Auen- bruggerplatz 31, 8036 Graz, Leitung: OÄ Dr. Theresa La- housen-Luxenberger, Stv.: Dr. Alexandra Kohlhammer-Dohr Tab. 1: Kriterien zur Identifikation von Risikopatienten für die Entwicklung eines Refeeding-Syndroms Eines oder mehrere der folgenden Kriterien: y BMI < 16 kg/m 2 y Unbeabsichtigter Gewichtsverlust von mehr als 15 % innerhalb der letzten 3–6 Monate y Stark reduzierte oder keine Nahrungszufuhr innerhalb der letzten 10 Tage y Niedrige Serumkonzentration an Kalium, Phosphat und/oder Magnesium vor Beginn der Nahrungszufuhr „Das RS ist charakterisiert durch eine Hypophosphatämie, Hypokaliämie und Hypomagnesiämie sowie Hypervolämie.“
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjU=