AERZTE Steiermark | April 2019

34 Ærzte Steiermark  || 04|2019 wirtschaft & Erfolg Illustration: Shutterstock Walter Hoch Am Anfang stehen meist zwei oder mehr Ärztinnen und Ärzte, die bei Gesprächen über den beruflichen Alltag feststellen, sie haben darüber sehr ähnliche Ansichten: Sie möchten bewährte Strukturen nicht vorschnell aufgeben, die medizinische Infrastruktur soll erhalten bleiben, aber es soll trotzdem etwas Neues entstehen. Die einzelnen äu- ßern ihre Präferenzen. Der eine würde etwa gerne in eine Ausrüstung auf dem neuesten Stand investieren, die andere würde lieber Geräte aus ihrer bisherigen (Einzel-)Ordinati- on weiterverwenden. Die Frage lautet: Ist ein über Einzelinteressen hinausge- hendes Gemeinsames vorhan- den? Tritt vielleicht so etwas wie Teamgeist zu Tage oder ist er zumindest denkbar? Diese Haltung kommt nicht nur aus den verschiedenen Persönlichkeitsdispositionen, sie entwickelt sich auch im Wechselspiel der persönlichen Reaktionen. Die zukünftigen PartnerInnen können beste Freunde sein – oder ein Paar –, doch einige Punkte sollten unbedingt im Vorhinein in einem Vertrag definiert wer- den. Da wäre z. B. die Auf- teilung des Honorars bzw. Gewinns: Wenn ein Arzt in einer Stunde vier PatientInnen betreut und der andere in derselben Zeit sechs, wird der schnellere Arzt mit einer Gewinn-Aufteilung 50 zu 50 wahrscheinlich unzufrieden sein. Oder eine Ärztin erbringt teurere Leistungen als die an- dere. Ein Technik-affiner Arzt nutzt den Ultraschall weit öf- ter als eine, die dazu neigt, besonders aus dem Gespräch mit den PatientInnen ihre Schlüsse zu ziehen. Wenn sich auf dieser Individualebene kei- ne Kompromisse bzw. Auftei- lungsschlüssel finden, ist eine Kooperation kaum vorstellbar. Im positiven Fall sollten in einem Gesellschafter-Vertrag die Vereinbarungen schriftlich fixiert und auch einige Dinge außer Streit gestellt werden. Kostenstreuung in der Gruppenpraxis Um den Sprung in die neue Organisationsform abzusi- chern, muss das zu erwar- tende PatientInnenaufkom- men hoch genug sein, damit die Ärztinnen und Ärzte mit einem bestimmten Einkom- men rechnen können. Für eine Gruppenpraxis mit Fachärz- tinnen und -ärzten ist es wich- tig, dass sie sich ausreichender Zuweisungen sicher sein kann. Dann kann das Ärzteteam die Arbeiten im Team Viele ExpertInnen sind überzeugt, die Zukunft der niedergelassenen ÄrztInnen liege im Teamwork. Damit das Team dieser ÄrztInnen bzw. die Gruppenpraxis fruchtbar gedeiht und nicht scheitert, müssen die Risiken und Chancen genau kalkuliert werden. erste große gemeinsame Inves­ tition, die Finanzierung der Ordinations-Ausstattung in- klusive IT, unter sich aufteilen. Bei kapitalintensiven Praxen wie radiologischen Instituten oder Labors ist die Streuung der Anschaffungskosten von teuren medizinischen Geräten ein weiteres Plus. Dass diesel- ben Angestellten von den Ärz- tinnen und Ärzten der Grup- penpraxis beschäftigt werden, senkt ebenfalls die Kosten für den einzelnen. Zur besten Zeit Die Zusammenarbeit in einem Team bringt vor allem für die jüngere Ärzteschaft Vor- teile, die flexibler mit ihrer Zeit umgehen will. Besonders Ärztinnen mit Familie schät- zen an dieser Form, dass sie zwischen Voll- und Teilzeitbe- schäftigung wählen können. Eine Stellvertretung ist unter den GesellschafterInnen meist problemlos zu organisieren. Weil die ÄrztInnen sich in der Gruppenpraxis leichter aussu- chen können, wann sie ordi- nieren oder freihaben wollen, rückt eine optimaleWork-Life- Balance in greifbare Nähe. Bei den PatientInnen ist die meist höhere zeitliche Flexibilität der Gruppenpraxis ebenfalls sehr beliebt. Die Wartezeit auf einen Termin kann sich durch die Gruppenpraxen reduzie- ren, ebenso jene vor Ort, bis die Patientin bzw. der Patient aufgerufen wird. Bei der Eva- luierung einer pädiatrischen Gruppenpraxis in Krems (siehe Literatur) durch die Au- toren Sabine Weißengruber- Auer und Nikolaus Herdega gaben 84 % der befragten PatientInnen an, mit den Or- dinationszeiten sehr zufrieden zu sein – was deutlich höher ist als bei herkömmlichen Kas- senordinationen. In puncto Behandlungsqualität nützt eineGruppenpraxis Spiel- räume, weil sich Ärztin/Arzt innerhalb des Teams gewisse Spezialkenntnisse aneignen und diese in der Ordination anbieten kann. Das bereichert den fachlichen Austausch in

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