AERZTE Steiermark | Mai 2019

14 ÆRZTE Steiermark  || 05|2019 Sonderfach bevorstehenden Pensionswelle kämpft die stei- rische Radioonkologie para- doxerweise mit einer posi- tiven Entwicklung: Gerade erst wurde in Leoben ein neuer Beschleuniger in Be- trieb genommen und im Juni sollen in Graz zwei weitere dazukommen. Zu den beste- henden fünf, von denen einer eigentlich der Wissenschaft dienen sollte, wenn der Ver- sorgungsbedarf nicht so groß wäre. „Der Vorlauf für die Anschaffung eines Gerätes dauert zwei bis drei Jahre; die Fachausbildung aber fünf bis sechs“, rechnet Kapp die Dis- krepanz vor. Und selbst diese Gerätekapazität, für deren Er- weiterung Kapp dem Spitals- träger KAGes und Landesrat Christopher Drexler große Anerkennung zollt, werde in Hinkunft nicht reichen. Im Jahr 2014 lag Österreich unter dem europäischen Durchschnitt an Linearbe- schleunigern pro Million Ein- wohner (5,1 zu 5,3) und die Steiermark mit 3,7 sogar deut- lich darunter. Dazu kommt, dass der Bedarf stetig steigt: Nicht nur, weil die Menschen älter werden und damit eher eine Krebserkrankung erle- ben; auch die Verlängerung der Überlebenszeit durch mo- derne Therapien bewirkt, dass viele zu neuerlichen Bestrah- lungsserien kommen. „Rund zwanzig Prozent sind sozu- sagen Stammgäste. Das hätte es vor zehn Jahren so nicht gegeben.“ Lehrpraxis für die Psychiatrie Eine deutliche Bedarfssteige- rung erwartet auch Christian Böhm, Fachgruppenobmann der steirischen Fachärztinnen und -ärzte für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medi- zin. „Einerseits nehmen die psychischen Erkrankungen und Krisen zu und anderer- seits sinkt die Hemmschwelle, zum Psychiater zu gehen.“ Oberarztstellen blieben, so Böhm, oft unbesetzt, wodurch die Attraktivität des Jobs für die im Spital Verbliebenen durch Unterbesetzung leide. An §2-Kassenstellen könnte die Steiermark gut die dop- pelte Anzahl brauchen „und es hätte noch immer jeder genug zu tun“. Auch bei den Psychiatern steht in den kom- menden Jahren eine Pensio- nierungswelle bevor. Interessenten für das Fach gebe es genügend, allerdings meint Böhm, sei die Fluktua- tion groß und die Attraktivi- tät der Stellen durch mangeln- de Bezahlung nicht besonders hoch. Die Frage, ob es zu wenige Ausbildungsstellen für angehende Psychiater und Psychiaterinnen gebe, beant- wortet er mit „jein“. „Mit einer Verlagerung in die Lehrpraxis könnte es sich ausgehen. Inte- ressenten gäbe es, glaube ich, genug. Man müsste nur den Jungen die schönen Seiten des Faches besser zeigen kön- nen – und das geht am besten in einer Lehrpraxis.“ Böhm, selbst Kassenarzt, rät drin- Wie ein Fach zum Mangelfach wird Es beginnt mit einer Feststellung der jewei- ligen Fachgesellschaft, die konstatiert, dass zu wenig junge Ärztinnen und Ärzte ausgebildet werden, um den zukünftigen Fachärztebedarf in diesem Bereich zu decken. Darauf folgt eine Vorprüfung durch das Gesundheitsmi- nisterium, ob es der Einschätzung der Fach- gesellschaft zustimmt. Ist dies der Fall, wird das Anliegen in der sogenannten Artikel 44-Kommission des Gesundheitsministeriums bearbeitet. Diese Kommission setzt sich aus Vertretern des Ministeriums, der Länder, der Träger sowohl der Ausbildungsstätten als auch der Sozialversiche- rung sowie der Österreichischen Ärztekammer zusammen. Letztlich trifft dann das Gesundheitsministerium eine entspre- chende Verordnung dazu. Ist ein Fach als Mangelfach deklariert, kann der Ausbildungs- schlüssel so verändert werden, dass beispielsweise in einer Ausbildungsstätte mit nur zwei fachspezifischen Oberärz- tinnen und -ärzten bis zu vier Assistenzärztinnen und -ärzte ausgebildet werden können. Die Anerkennung erfolgt befris­ tet. Neuerdings ist auch eine regionale Einschränkung auf ein oder mehrere Bundesländer möglich, was der steirische Ärztekammer-Vizepräsident Eiko Meister, als Vorsitzender des ÖÄK-Bildungsausschusses Mitglied der Artikel 44-Kom- mission, durchaus kritisch sieht. Eiko Meister „Pathologen arbeiten mittlerweile hochspezialisiert; ein Arzt deckt vielleicht zwei oder drei Subfächer ab. Aber die Ausbildung muss breit sein und ist daher an großen Instituten mittels Rotation durch die einzelnen Gruppen leichter durchzuführen.“ Ariane Aigelsreiter, Fachgruppenobfrau Pathologie COVER kann“, erklärt Kapp. Dass in Graz sechs Ärztinnen zu einem ähnlichen Zeitpunkt schwanger geworden sind und dann noch eine Fachärztin verstorben ist, hat die Radio- onkologie am Klinikum vor eine unerwartet große He- rausforderung gestellt. Mehr Geräte schaffen Personalnot Insgesamt gibt es in der Stei- ermark aktuell 15 Fachärz- tinnen und -ärzte für Radio- onkologie und 12 genehmigte Ausbildungsstellen, von de- nen allerdings einige nur von Teilzeitkräften besetzt sind. Würde die Strahlentherapie endlich als Mangelfach aner- kannt, könnten dadurch drei weitere Ausbildungsstellen geschaffen werden, so Kapp. Neben der auch in diesem

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