AERZTE Steiermark | Mai 2019

16 ÆRZTE Steiermark  || 05|2019 Foto: ARZT IM BESONDEREN DIENST Vier Arten von Ehrgeiz Gesundheitsbedingt sanftere Strecken zu befahren, kommt (noch) nicht in Frage. Und E- Bikes bezeichnen sie als „letz- te Stufe“. Wobei mitschwingt: „vor dem Grab“. Ganz so ab- wegig wäre die technische Aufrüstung nicht, da die agi- len Rund-um-die-Sechziger auf ihren Fahrten „Pässe sam- meln“, wobei grundsätzlich jeder nur einmal befahren wird, allenfalls ein zweites Mal von der anderen Sei- te. Dabei füllen sie keinen Sammelpass, sondern suchen sich einfach attraktive Stre- cken – mit bevorzugt weniger bekannten und selten befah- renen Pässen. Der höchste war der Col de la Bonette, Grenzpass zwi- schen den französischen Départements Alpes mari- times und Alpes-de-Haute- Provence. Schön, aber nicht ganz so unbekannt: das Stil- fser Joch in Südtirol. Kern, seit Kurzem Medizinalrad – nein, doch -rat – nennt den Passo di Giau nahe Cortina d´Ampezzo als Favoriten und Eckhardt fällt sofort der Mon- te Zoncolan im Friaul ein – als „selten und gemein – bes- ser: selten gemein“. „Wer grö- ßer ist und mehr Gewicht hat, U. JUNGMEIER-SCHOLZ Der Weg ist das Ziel – der Pla- nung. Wenn Martin Eckhardt, Christoph Faschinger, Micha- el Kern (alle drei Fachärzte für Augenheilkunde) und der Herzchirurg Heinrich Mäch- ler eine ihrer speziellen Rad- touren starten, wählen sie sehr sorgfältig vorbereitete Routen: Von Triumphbogen zu Triumphbogen (in Barce- lona beziehungsweise Rom), entlang der Côte d´Azur im- mer an der meeresnahesten Straße oder durch Genua ausschließlich auf Einbahnen. Auch wenn die Gruppe dann plötzlich vor einer Stiege steht. Selbst die Labung erfolgt nach strengen Regeln: „Wir trinken unseren Kaffee immer im Café Duomo“, erzählt Fa- schinger, der hauptberuflich als stellvertretender Vorstand der Grazer Universitätsau- genklinik arbeitet. Nebenbe- ruflich verantwortet er die Tourenplanung und legt den anderen mit seinem schier unerschöpflichen Vorrat an Energie die Latte ziemlich hoch. Was diese jedoch zu schätzen wissen. Quartett komplett Zusammengefunden hat das Quartett nach und nach; „Kristallisationskeime“ waren Faschinger und Mächler. „Wir haben beide den Führungs- kräftekurs in Schladming be- sucht und ich habe unvorsich- tigerweise erwähnt, dass ich tut sich bei den Steigungen schwerer“, trösten ihn die an- deren. Und fügen hinzu: „Die Leichteren kämpfen dafür in der Ebene bei Gegenwind.“ In einer Hinsicht sind sich alle einig: „Der Michael ist der Zäheste von uns.“ Der Zurückhaltendste vermutlich auch. Beim Radeln läuft er zur Höchstform auf, wenn er schon seit Stunden fährt, die Sonne gnadenlos vom Him- mel brennt und es bergauf geht. Auf die Frage, wer der Ehrgeizigste von ihnen sei, antwortet Eckhardt wie aus der Pistole geschossen: „Der Christoph.“ Der Genannte hingegen übt sich in Diplo- matie: „Das ist bei uns ganz ausgewogen. Jeder hat eine andere Art von Ehrgeiz.“ Vertrautheit und Vertrauen Verfolgt man das Gespräch der eingeschworenen Pass- bezwinger, so versteht man, warum sie behaupten, nie miteinander zu streiten (was sofort von Mächler demen- tiert wird, der von einer Me- diation an einer Straßenkreu- zung zu berichten weiß). Aber im Großen und Ganzen sind sie Musterbeispiele für Rück- sichtnahme. Und ein Team, auch Radrennen fahre“, er- zählt Mächler. „Da hat Chris­ toph vorgeschlagen, gleich auf den nächsten Berg zu radeln.“ Gesagt, getan. Die anderen beiden kannte Faschinger auf- grund ihrer Ausbildung an derselben Augenklinik schon länger. Auch sie radeln seit Jahrzehnten und machten schließlich das Quartett kom- plett. Eckhardt und Faschin- ger haben zudem gemein- sam die Hilfsorganisation für Graue-Star-Operationen „Se- hen ohne Grenzen“ gegründet, für die Michael Kern ebenfalls ehrenamtlich operiert. „Begonnen hat unsere Rad- freundschaft mit gemein- samen Mountainbike-Aus- fahrten“, berichtet Eckhardt. Er ist der Trendsetter der vier Biker – jedenfalls was die Ausstattung betrifft. Denn er war der erste in der Gruppe, der sich ein Rennrad gekauft hat. „Er wollte eigentlich nur einen neuen Schlauch für sein Mountainbike kaufen und hat gleich ein ganzes Rennrad genommen“, unkt Radlerkol- lege Faschinger. Letztlich sind auch die drei anderen umge- stiegen. Aktuell hat Eckhardt ein Gravel Bike bestellt; ab- zuwarten bleibt, ob er auch damit die Avantgarde bilden wird. Womit er sich lediglich halb durchgesetzt hat, war der Umstieg auf das Motorrad – als schonende Variante nach einem Bandscheibenvorfall: Beim Motorradfahren leistet ihm nur Mächler Gesellschaft. Pässe sammeln ... ohne Sammelpass. Ein steirisches Ärzte- Quartett radelt seit gut drei Jahrzehnten über diverse (Alpen-)Pässe, nach akribisch vorberei- teten Routen, einer im Windschatten des jeweils anderen. Ein Vertrauensbeweis, der Männer- freundschaft neu definiert. s: beigestellt Planer Christoph Faschinger Heinrich Mächler Medizinalrad/t Michael Kern Martin Eckhardt

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