AERZTE Steiermark | Mai 2019
36 ÆRZTE Steiermark || 05|2019 WIRTSCHAFT & ERFOLG Illus: Shutterstock WALTER HOCH ÄrztInnen müssen damit rechnen, jederzeit einen Notfall vor sich zu haben. Der nächste Patient oder der nächste Punkt am Termin- plan wird dann aufgeschoben. Kaum eine Berufsgruppe ist derart fremdbestimmt wie die der ÄrztInnen. Es gibt einen ständigen Kampf um ihre Aufmerksamkeit. Das macht es aber nicht unmöglich, son- dern nur dringlicher, dass ÄrztInnen ihre verfügbare Zeit effektiv managen. Wie so oft liegt der erste Schritt zur Besserung in der Selbst- erkenntnis. Man muss zuerst wissen, was man will und was einem wichtig ist, bevor man weiß, ob die Zeit sinnvoll genutzt wird. Nehme ich den Dauerstress in der Ordina- tion – und/oder dann auch noch in der Familie – in Kauf, oder ergreife ich Maßnahmen, um hier eine Struktur und Abstufung hineinzubringen, die mir auch eine gewisse Freizeit sichert? Solche Fra- gen würden sich auch stellen, wenn der Tag die berühmt- berüchtigten 48 Stunden hät- te ... Also ist mehr Zeit zu haben nicht über Quantität realisierbar, sondern vielmehr über persönliche Einstellung und zeitorientiertes Verhalten. Sehr wichtig, sehr dringlich Als oberste Maxime in Zeit- managementkonzepten gilt das Setzen von Prioritäten. Das berühmteste Prioritäten- Schema stammt vom ame- rikanischen Präsidenten D. Eisenhower und hat vier Ka- tegorien, die sich aus dem Zusammenspiel von Wich- tigkeit und Dringlichkeit der Aufgaben ergeben. Prioritäten generiert man zuallererst mit der Unter- scheidung von wichtig und unwichtig: Wer weiß, was ihr oder ihm wirklich wichtig ist, reduziert damit auch unbe- wusste Entscheidungen für Unwichtiges. Im nächsten Schritt ist es sinnvoll, die wichtigen Auf- gaben im Alltag anhand von Klassen abzustufen – etwa: dringliche & wichtige, wich- tige & nicht dringliche, große & herausfordernde, wichtige & unangenehme, kleine & leichtere sowie nicht dring- liche & nicht wichtige Aufga- ben. Die Grenzen zwischen den Klassen sind allerdings fließend, weil hier der Fak- tor Psyche mitwirkt („lei- denschaftliche ChaotInnen“ werden sich freilich mit jeder Art Ordnung schwertun). Klassische Fälle für die erste Klasse „dringlich & wichtig“ sind (lebensbedrohende) Not- fälle – aber etwa auch ein un- angemeldeter vor Schmerzen stöhnender Patient, der darauf beharrt, sofort in der Pra- xis dranzukommen. Für den Arzt ist es dann sehr schwer, nein zu sagen, und eine Sze- ne zu riskieren. Am besten, den anderen auch schon hart wartenden Patienten erklären, dass sie in einer ähnlichen (Akut-)Situation ebenfalls Vorrang hätten. Ebenso kann es vorkommen, dass eine fach- liche Information dringend zu lesen ist, die für das nächste Patientengespräch benötigt wird. Sie muss sofort gelesen werden. Beide Fälle stellen eine dringliche, wichtige Auf- gabe dar, bei der ein Aufschub mehr Schaden als Nutzen nach sich zieht. Sofort erledigen vs. bis übermorgen In der zweiten Klasse „wichtig & nicht dring- lich“ besteht die Gefahr der sogenannten „Auf- schieberitis“. Man sagt sich, eine bestimmte Auf- gabe könne ruhig erst morgen erledigt werden. Falls überschaubar und in wenigen Minuten zu schaffen, hilft das „Tue es gleich“-Prinzip dagegen. Hier kommen auch die Ordinationsangestellten ins Spiel: Welche Aufga- ben können an die Mit- arbeiterInnen delegiert werden? Das Spektrum lässt sich in einem soge- nannten Delegationsrah- men frühzeitig festlegen. Damit sollte klar sein, wer was bis wann macht. So kann eine Ärztin/ein Arzt das Team trainieren, von sich aus einige Nach- fragen zu stellen, bevor Die Zeit bestens nutzen Zeit zu haben wird aus der Perspektive von Selbständigen als Unterbeschäftigung betrachtet. ÄrztInnen haben keine, heißt es. Zeit lässt sich aber auch gewinnen – Wichtiges gliedern, Unwichtiges weglassen und Einfaches delegieren. sie oder er selbst zum Pati- enten eilt. Zeitverschwendung droht, wenn die Persönlich- keit der Ärztin/des Arztes zu detailverliebt oder planungs- besessen ist, um etwas im Schnelldurchgang hinter sich zu bringen. Aber selbst penibel planenden oder selbstorganisierten Ärz- tInnen passiert es, dass sie einer Störung oder Unterbre- chungen unnötig lang nach- Eisenhower-Prinzip für wichtig nicht wichtig nicht dringend B-Priorität Wichtig, nicht (so) dringend Buchhalterisches Erholung ... > Regelmäßig bearbeiten D-Priorität Nicht wichtig, nicht dringend Werbepost/Kaltakquise ... > Abschaffen/Papierkorb Dringlichkeit Wichtigkeit (Zielerreichung)
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