AERZTE Steiermark | Juni 2019

20 ÆRZTE Steiermark  || 06|2019 POLITIK erbringen, analysiert werden. Die sind sehr uneinheitlich. Nicht alle bekommen, was notwendig ist. Aus meiner Sicht ist der Kassenarzt zu stärken. Derzeit müssen Kas- senärzte auf Quantität setzen, um entsprechende Umsätze zu erreichen. Mir wäre es ein großes Anliegen gewesen, dass sie auf Qualität setzen können – ich hoffe, dass das auch so verwirklicht wird. Wichtig wären etwa die Sen- kung der Wartezeiten und mehr Zeit für das ärztliche Gespräch. Also, dass Ärzte so arbeiten können, wie sie es aufgrund ihrer Ausbildung gelernt haben. Bräuchte man dafür nicht mehr Ärzte? Nein, es gibt ja genug Ärzte. Aber mehr Ärzte im Kassensy- stem …? Ja, man braucht mehr Ärzte im Kassensystem. Viele sind ja Wahlärzte, weil sie sich das Kassensystem nicht antun wollen. Die emotionale öffentliche Debatte um die Reform ist sehr stark von der Zahl der Funktionäre und Dienstautos geprägt gewesen. War das nicht eher eine Ablenkung vom eigentlichen Thema, die der Sache eher geschadet als genützt hat? Das war politische Agitation, die nicht von mir gekommen ist und die ich auch ablehne. Natürlich geht es auch um Strukturen. Wenn ich die Or- ganisation verkleinere, spare ich bei den Funktionären. Das wichtige Ziel ist es, die Effizienz aufzusetzen und die medizinischen Leistungen zu harmonisieren. Ein Projekt, das nicht stattge- funden hat, war die Abgren- zung wissenschaftlich gesi- cherter von unwissenschaft- lichen Methoden im Ärzte- gesetz. Warum ist das nicht gelungen? Das war ein sehr kritisches Thema. Ich bin der Meinung, dass Ärzte die Methoden an- wenden können sollen, für die sie ausgebildet wurden. Deswegen haben wir das Thema letztendlich herausge- nommen. Wobei die Abgren- zung von der Kurpfuscherei ganz wichtig ist, aber da sind wir in Österreich rechtlich gottseidank ja schon bes- sergestellt als beispielsweise Deutschland. Ein anderes sensibles Thema ist das Impfen. Nach den Masernausbrüchen der letz- ten Zeit gibt es verstärkt den Wunsch nach einer Impfpflicht, in welcher Form auch immer. Sie haben sich immer explizit dagegen ausgesprochen. Wa- rum? Erstens ist die Anzahl der Erkrankungen noch lange nicht so groß wie zum Bei- spiel 2015. Und damals gab es auch keine Diskussion um die Impfpflicht. Der zweite anstalten-Arbeitszeitgesetzes, die zwar final vorliegt, die wir aber nicht mehr in Begutach- tung bringen konnten. Mir wären auch das Apothekerge- setz und das Arzneimittelge- setz wichtig gewesen. Darum tut es mir leid. Zwei Gebietskrankenkassen – Steiermark und Kärnten – prognostizieren ein deutlich positives Ergebnis für 2019. Sonderversicherungsträger (SVA, BVA, VAEB) rechnen mit roten Zahlen. Bringt ein österreichweiter Dachverband also tatsächlich eine höhere Effizienz? Ja, absolut. Das hat ja auch die Effizienz-Studie der Lon- don School of Economics so analysiert. Demnach können pro Jahr 200 bis 300 Millio- nen Euro eingespart werden. Das ist ein Potenzial, das den Versicherten zur Verfügung gestellt werden muss, statt damit ineffiziente Strukturen zu finanzieren. Sie haben das Thema Leis­ tungsharmonisierung ange- sprochen. Bei den Heilbehelfen fand die schon statt. Das hat aber nicht für alle Vorteile gebracht. Warum soll das bei den ärztlichen Leistungen an- ders sein? Mein Ansatz war immer: Zuerst müssen die medizi- nischen Leistungen, die Ärzte MARTIN NOVAK AERZTE Steiermark: Abseits der allgemeinen Politik, hat sich durch Ihre Tätigkeit als Ministerin Ihr Bild der Ge- sundheitspolitik verändert? Beate Hartinger-Klein: Nein. Ich kenne das System ja nicht nur als Politikerin, sondern auch aus meiner Tätigkeit in der Sozialversicherung und natürlich aus der praktischen Erfahrung im Krankenhaus- management der KAGes. Da- durch hat sich nichts verän- dert. Im Gegenteil: Die Erfah- rung aus diesen Tätigkeiten war mein Vorteil. Ich konnte die Situation deswegen deut- lich besser analysieren und Strategien erarbeiten. Was waren die großen Projekte, die Ihnen in diesen 18 Mona- ten gelungen sind? Das größte war natürlich die Sozialversicherungsreform. Die sehe ich als Fundament für eine Gesundheitsreform. Das heißt, wenn ich effizi- ente Strukturen schaffe, kann ich eine Leistungsharmoni- sierung im niedergelassenen Bereich zustande bringen – in Abstimmung mit den Pri- märversorgungszentren. Da- durch kann ich auch im sta- tionären Bereich etwas bewe- gen. Das sind die Vorteile, die ich durch diese Reform sehe. Froh bin ich auch, dass die Lehrpraxis-Finanzierung und die Anstellung von Ärzten bei Ärzten verwirklicht werden konnten. Um was tut es Ihnen leid? Um die Novelle des Kranken- Beate Hartinger-Klein zieht Bilanz als Sozial- und Gesundheitsministerin. Die Sozialversicherungsreform sieht sie als Fundament einer Gesundheitsreform. Hartinger-Klein: „Das würde ich“ „Ja, man braucht mehr Ärzte im Kassensystem.“ Beate Hartinger-Klein

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