AERZTE Steiermark | Juni 2019

ÆRZTE Steiermark  || 06|2019 7 BEREICH Die Rücknahme des Rauchverbots in der Gastronomie, die trotz des Don‘t-smoke-Volksbegehrens mit fast 900.000 Unterschriften beschlossen wurde, hatte einen von Gegnern rauchfreier Lokale unerwünschten Effekt: Die Zahl der rauchfreien Lokale in Ös- terreich ist massiv gestiegen. Auf der (sicher nicht vollständigen) Website da.stinkts.net werden aktuell fast 3.500 rauchfreie Loka- le in Österreich geführt. Die meisten (mit Ausnahme von Wien) übrigens in der Steiermark, nämlich 681. Unter der Postleitzahl 8010 werden mehr rauchfreie Lokale angeführt als unter 1010, der Postleitzahl des 1. Bezirks in Wien. Nun scheint wieder Bewegung in die Rauchfrei-Debatte gekommen zu sein. Das hat sicher auch tages- politische Gründe. In Zeiten einer Übergangsregierung und eines sich im Findungsprozess befind- lichen Nationalrats ist politisches Dribbling normal. Aber jenseits der Tagespolitik gibt es eine simple Wahrheit: Jede Maßnahme, die das Rauchen einschränkt, macht Österreich gesünder. Jede Verzögerung ist daher aus ärztlicher Sicht ein In- kaufnehmen von Krankheit und Tod. Ministerin Beate Hartinger-Klein hat die für sie sicherlich nicht angenehme Aufgabe, die Aufhebung des Rauchverbots zu vertei- digen, nur halbherzig übernommen und vor allem mit anderen Maßnahmen argumentiert. Realpolitisch sei zu dem Zeitpunkt halt nicht mehr möglich gewesen. Aber mittlerweile hat sich die Politik verändert. Da darf sich auch die Realität anpassen – und zwar an die Bedürfnisse der Menschen. Hier geht es nicht um Parteipolitik. Ich habe schon damals vorgeschlagen, man möge für die Don‘t-smoke-Abstim- mung den Klubzwang aufheben. Damals war das realpolitisch nicht möglich. Aber jetzt wäre es denkbar: die Einführung des Rauchverbots in der Gastronomie ohne Gesichtsverlust für eine Partei, aber un- gemein wertvoll für die Gesundheit der Menschen in Österreich durch Nationalratsabgeordnete, die ihrem Gewissen folgen. Eine solche Chance gibt es selten. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Fotos: Adobe Stock, Oliver Wolf, Elke Meister, Harry Schiffer, Grafik: Konrad Lindner Der Notruf 1450 und der Bereitschaftsdienst sind in aller Munde. Fast täglich gibt es Medienbe- richte, in denen über Probleme und Zwischenfäl- le berichtet wird. Sukkus: Im Prinzip gut, sogar „genial“ haben wir schon gelesen, aber in der Pra- xis gibt es Probleme. Das ist aber genau das Problem: Wenn Schwä- chen nur zögerlich korrigiert werden, gerät das Ganze in Gefahr, auch wenn es „prinzipiell“ noch so gut ist. Eine der Schwächen, die von allen so gesehen wird, ist die Beteiligung der Praxen. Nur damit die Größenordnung klar ist: Es geht um 40 Ordinationen in der ganzen Steiermark, die an Samstagen und Sonntagen in den Bereitschafts- dienst eingebunden gehören. Angesichts der knappen ärztlichen Ressourcen sollten auch wahlärztliche Praxen eingebunden werden können – zu den gleichen Bedingungen wie die kassenärztlichen Praxen. Eine Gruppe von Ärztinnen und Ärzten aus- zuschließen und gleichzeitig darüber zu klagen, dass nicht genügend teilnehmen wollen, wäre wohl nicht erklärbar. Wirklich gut am neuen System ist aber die Frei- willigkeit der Teilnahme. Sie bedeutet für jun- ge Ärztinnen und Ärzte, dass die Übernahme einer Kassenstelle nicht heißt, dass sie mehrere Wochenenden im Jahr zu einem Bereitschafts- dienst gezwungen sind. Die Freiwilligkeit ist also eine Maßnahme gegen den Kassenärztemangel weil sie die Lebensqualität verbessert. Diese Freiwilligkeit gibt es mittlerweile auch in Niederösterreich. Dort soll die Einbindung der Wahlärztinnen und Wahlärzte übrigens auch stattfinden – ab nächstem Jahr. Es wäre schön, wenn wir das in der Steiermark schneller schaffen würden. Denn es geht um die bestmögliche ärztliche Versorgung der Menschen. Vizepräsident Dr. Norbert Meindl ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. EXTRA Norbert Meindl Es geht um die beste ärztliche Versorgung STANDORTBESTIMMUNG Herwig Lindner Rauchverbot: Folgen Sie Ihrem Gewissen, liebe Abgeordnete D BATTE

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