AERZTE Steiermark | Juli/August 2019
30 Ærzte Steiermark || 07/08|2019 Foto: Schiffer Recht der Praxisvertretung ab. Die Vertretung darf zu keiner nennenswerten Steigerung des Leistungsvolumens einer Ordination führen. Sie wird dann zum Anstellungsver- hältnis, wenn der Vertreter/ die Vertreterin zusätzlich zur Vertretung auch gleichzeitig mit dem Arzt/der Ärztin, den er/sie vertritt, in der Ordina- tion tätig ist und dies im Um- fang zur Vertretungstätigkeit zeitlich überwiegt. Beistandspflicht des Arztes für Sterbende Neu geschaffen wurde eine Regelung über den ärztlichen Beistand für Sterbende. Es sollen Fallgruppen angespro- chen werden, in denen eine Entscheidungsfähigkeit des Patienten/der Patientin nicht mehr gegeben ist, sich ein (mutmaßlicher) Wille auch nicht ermitteln lässt und bei einer Therapiezieländerung eine Lebensverkürzung nicht auszuschließen ist. Nicht um- fasst sind daher jene Fälle, in denen eine Patientenver- fügung vorliegt oder wenn ein Patient/eine Patientin in Ausübung seines/ihres Selbst- bestimmungsrechts eine oder mehrere medizinische Be- handlungen ablehnt. Festzu- halten ist auch, dass aktive Sterbehilfe weiterhin verbo- ten bleibt und dementspre- chend strafbar ist. In diesem Sinn hat eine Ärz- tin/ein Arzt Sterbenden, die von ihr/ihm in Behandlung bend, was ausreichend doku- mentiert werden sollte. Notarztwesen NEU Mit der Neuregelung soll ab dem 01. Juli 2019 ein moder- nes System zur Qualifizierung von Notärzten/Notärztinnen in Österreich geschaffen wer- den. Ab diesem Zeitpunkt können hinkünftig auch Tur- nusärzte/Turnusärztinnen nach Erfüllung aller Voraus- setzungen eine notärztliche Tätigkeit ausüben. Für Turnusärzte/Turnusärz- tinnen gilt laut ÖÄK seit dem 01.07.2019 bereits das neue Ausbildungsregime. Hinge- gen können Ärzte/Ärztinnen für Allgemeinmedizin und Fachärzte/Fachärztinnen bis 30.06.2022 noch nach dem alten System die Notarzt-Be- rechtigung erlangen. Bis zu diesem Zeitpunkt bestehende notärztliche Berechtigungen bleiben aufrecht, wenn die erforderlichen Fortbildungen regelmäßig absolviert wurden. Die neue Ausbildung ist wie folgt gestaltet: In einem ersten Ausbildungs- abschnitt ist eine 33-mona- tige klinische Ausbildung auf einer anerkannten Aus- bildungsstätte zum Arzt/zur Ärztin für Allgemeinmedizin oder zum Facharzt/zur Fach- ärztin zu absolvieren. Der Nachweis über die erfolg- reiche Vermittlung der kli- nischen notärztlichen Kom- petenzen erfolgt mittels eines übernommen wurden, unter Wahrung ihrer Würde beizu- stehen. Gemäß der neuen Re- gelung (§ 49a) ist es bei Ster- benden insbesondere auch zulässig, im Rahmen pallia tivmedizinischer Indikati- onen Maßnahmen zu setzen, deren Nutzen zur Linderung schwerster Schmerzen und Qualen im Verhältnis zum Risiko einer Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebens- funktionen überwiegt. Unter dem Begriff „Qualen“ versteht der Gesetzgeber Lei- den oder Angstzustände, die wegen ihrer beträchtlichen Intensität oder weil sie einen gewissen Zeitraum andauern oder sich wiederholen, mit einer erheblichen Beeinträch- tigung des psychischen und physischen Wohlbefindens des/der Betroffenen verbun- den sind. Mit dem Begriff „Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen“ soll klargestellt werden, dass keinesfalls eine Rechtsgrund- lage für Euthanasie geschaf- fen wird, sondern dass es sich vielmehr um eine indi- zierte ärztliche Maßnahme bei einem laufenden Sterbe- prozess handelt. Die Beurteilung schwerster Schmerzen und Qualen hat laut Regierungsvorlage immer im konkreten Einzelfall zu er- folgen. Es erfolgt keine Durch- schnittsbetrachtung, sondern es ist das Empfinden des kon- kreten Patienten ausschlagge- Rasterzeugnisses. Weiters ist es erforderlich, dass ein von der ÖÄK anerkannter notärztlicher Lehrgang mit den theoretischen und prak- tischen Inhalten im Ausmaß von zumindest 80 Lehrein- heiten zu je mindestens 45 Minuten absolviert wird. Zudem müssen zumindest 20 Einsätze absolviert werden (bei Turnusärzten/Turnusärz- tinnen ist eine verpflichtende Supervision und bei Ärzten/ Ärztinnen für Allgemeinme- dizin bzw. Fachärzten/Fach- ärztinnen eine freiwillige Su- pervision vorgesehen). Nach Absolvierung der vor- genannten Punkte ist eine theoretische und praktische Abschlussprüfung zu absol- vieren. Die genauen Details sind in einer eigenen Notärztinnen/ Notärzte-Verordnung (NA-V) geregelt, die der 139. Öster- reichische Ärztekammertag am 14.6.2019 beschlossen hat und die per 1.7.2019 in Kraft getreten ist. Die Verordnung ist auf der Homepage der Ös- terreichischen Ärztekammer kundgemacht. Dieter Müller ist Bereichsleiter für Recht und Beschwerdema- nagement, Ausbildung, EDV in der Ärztekammer Steier- mark . „Mit dem Begriff ‚ Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebens funktionen ’ soll klargestellt werden, dass keinesfalls eine Rechts grundlage für Euthanasie geschaffen wird, sondern dass es sich vielmehr um eine indizierte ärztliche Maßnahme bei einem lau fenden Sterbeprozess handelt.“ Dieter Müller
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