AERZTE Steiermark | September 2019
ÆRZTE Steiermark || 09|2019 17 seinen unermüdlichen Ein- satz zu schätzen. So stand nach seiner Präsentation beim Erzählcafé ein 95-jähriger Be- sucher auf, um sich vor dem versammelten Publikum für die aufmerksame hausärzt- liche Betreuung während der vergangenen Jahrzehnte zu bedanken. Es folgte lang an- haltender Applaus. Aktiver Geiger, Arzt fürs Museum? Als Ausgleich zum fordernden Berufsalltag widmete sich Walland sowohl dem Sport („Laufen und Tennis, was halt in kurzer Zeit möglich ist“) als auch als aktiver Geiger der Musik. Mit zehn Jahren hatte er seinen ersten Geigen- unterricht erhalten; mit fünf- zig kaufte er sich eine neue Geige und nimmt seitdem wieder Stunden. Nun macht er bei den Murauer Operet- tenspielen mit, ist Mitglied einer Kammermusikgruppe und Teil einer Familienmusik. Außerdem spricht er fünf Sprachen. Ob er selbst den Beruf des Landarztes als museumsreif ansehe, beantwortet Walland differenziert: „Also so wie meine Mutter ihn betrieben hat, gibt es den Beruf des Landarztes jetzt schon nicht mehr. Und die Zukunft sehe ich eher in der Vernetzung mit der fachärztlichen Me- dizin, die womög l ich nu r mehr in Schwer- p u n k t s p i - tälern oder Fachambulanzen konzen- triert sein wird.“ Weil all das neue medizinische Wissen auch für keinen Allrounder mehr überschaubar sei. Be- sonders wichtig erscheint ihm weiterhin die Mittlerfunktion des Hausarztes zwischen den Fachärzten und den Patienten, als Übersetzer der Arztbriefe, aber auch als Umweltmedi- ziner. Exponate vom Arzt Walland hat das Murauer Handwerksmuseum nicht nur mit seinen Erzählungen be- reichert, sondern wird auch ein paar historische ärztliche Hilfsmittel spenden, die sich in seiner Familie angesam- melt haben. Beispielsweise ein hölzernes Otoskop und einem Stirnspiegel. Weiters wird er das Museum dabei unterstüt- zen, bereits vorhandene ärzt- liche Schenkungen in ihrer Funktionsweise zu erklären. Denn es ist geplant, auch dem „Handwerk“ Arztberuf den Teil eines Ausstellungszim- mers im alten Kapuzinerklos ter zu widmen, in dem das Museum untergebracht ist. Gefragt, ob er aus heutiger Sicht wieder denselben Beruf ergreifen würde, antwortet Walland: „Ja, ich würde den Arztberuf auch heute wieder wählen. Schön wäre es, die Erfahrung meines medizi- nischen und privaten Lebens schon am Anfang der Le- benslauf bahn mitzubekom- men. Vielleicht würde ich auch wieder Landarzt werden – aber ohne die Zügel der Gebietskrankenkasse.“ Die Zukunft, meint Walland, wer- de den Wahlärztinnen und -ärzten gehören, wenn sich das derzeitige System nicht grundlegend ändere. Noch gibt er die Hoffnung nicht auf: „Es müsste auch künftig möglich sein, auf dem Zug der allgemeinen Versicherung mit einer günstigen Karte zu fahren“, drückt er sein Plädoyer für ein solidarisches Gesundheitssystem metapho- risch aus. Den Arzt sieht er darin als Lokführer. Fotos: beigestellt ARZT IM BESONDEREN DIENST Im „Erzählcafé“ des Murauer Handwerks- museums ver- mittelte der seit 2016 pensio- nierte Hausarzt Rainer Wal- land nicht nur seinen Beruf, sondern berich- tete auch über das Wirken seiner Mutter Erika Walland- Zwicknagl, die von 1944 bis 1986 Ärztin in Murau war. „Es war einer der schönsten Tage meines Lebens.“ Rainer Walland
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