AERZTE Steiermark | September 2019

6 ÆRZTE Steiermark  || 09|2019 BEREICH Eiko Meister Es geht um mehr, als um ein Grundstück In den letzten Wochen wurde in der Politik hef- tig darüber debattiert, ob das ins Auge gefasste Grundstück in Stainach-Pürgg für ein zentrales Spital geeignet sei. Es ging um (Hoch-)Wasser, Nebel (natürlich ein Problem für Rettungshub- schrauber) und Terpentin im Boden. Das sind natürlich durchwegs wichtige Fragen. Aber sind es die vorrangigen Fragen? Natürlich nicht. Die vorrangige Frage ist, ob ein zentrales Spital (der Begriff „Leitspital“ führt in die Irre – es gäbe ja keine anderen Spitäler, die zu „leiten“ wären), eine bessere Versorgung bringt als die derzeiti­ gen drei Standorte. Das ist das Thema, das die Menschen tatsächlich berührt und betrifft. Diese Frage aber lässt sich ehrlich nicht beantworten, wenn nicht auch die ergänzenden ambulanten Strukturen mitbedacht sind. Da ist von Facharzt- zentren und Primärversorgungseinheiten (aka Gesundheitszentren), die Rede, die das zentrale Spital ergänzen sollen. Alles schön und gut, aber solange es nur Schlag- worte und Überschriften sind, kann es keine Ant- wort darauf geben, wie gut sie für die Versorgung sind. Das ist vielleicht auch eine Erklärung dafür, warum sich die Bevölkerung so klar für die be- stehende Drei-Spitäler-Landschaft ausgesprochen hat. Die kennt man, das Neue kennt man nicht. Es ist schon richtig: Es kracht personell und es zeichnet sich keine Entspannung ab, ganz im Gegenteil. Das spricht natürlich für eine Konzen- tration. Deswegen halten sie auch praktisch alle Fachleute für notwendig. Es ist natürlich auch verständlich, wenn die poli- tisch Verantwortlichen im Jahr 2019 noch nicht ganz eindeutig sagen können, wie es 2025 aus- schauen wird. Aber sie müssen zumindest sagen, was sie ganz konkret wollen. Sonst können Bevölkerung und Ärzteschaft ihnen nicht folgen. Vizepräsident Dr. Eiko Meister ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte. INTRA KONT A … als viele in eigenen, kleinen Praxen untergebrachte Ärzte? Wer profitiert da eigentlich am meisten, Ärzte, Betreibergesellschaften oder die Patienten? Das fragte auf der Website 100jahreforschung.at der Wirtschaftsuniversität Wien ein Besucher. Marcel Bilger, Professor an der Abteilung für Health Economics and Policy der WU Wien, antwortete auf diese Frage so: Ärztezentren bieten den Betreibergesellschaften viele wirtschaftliche Vorteile. Erstens senkt die gemeinsame Nutzung von Ressourcen die Kosten für Verwaltungs­ aufgaben wie Planung und Abrechnung. Zweitens können Ärztezentren die Kosten durch Spe­ zialisierung der Pflege und Austausch klinischer Erfah­ rungen weiter senken. Zusätzlich steht auch mehr Kapi­ tal für Investitionen in die Gesundheitstechnologie und eine größere Verhandlungsmacht zur Preissenkung zur Verfügung. Ärztezentren können eine bessere Integra­ tion der Versorgung erreichen, indem sie beispielsweise Labortests vor Ort anbieten. Allerdings möchten nicht alle Ärztinnen und Ärzte an einer Gruppenpraxis teilnehmen. ÄrztInnen in Ärzte­ zentren profitieren zwar von einem leichteren Zugang zu PatientInnen, haben aber auch weniger Kontrolle über die Art der PatientInnen, die sie behandeln. Eine stärkere Spezialisierung erleichtert die Arbeit, macht sie aber auch monotoner. Wissenschaftliche Studien legen nahe, dass große Ärztezentren schlechtere klinische Ergebnisse für ihre PatientInnen erzielen. Die Gründe könnten eine schwä­ chere Arzt-PatientInnen-Beziehung und eine vermin­ derte Beständigkeit der Versorgung sein. Einige Ärzte­ zentren haben nun begonnen, ihr klinisches Personal in kleine Pflegeteams aufzuteilen, um die Vorteile klei­ ner und großer Praxen zu kombinieren. Prof. Marcel Bilger, PhD, ist Leiter der Abteilung Health Economics and Policy am Department für Sozioökono- mie der WU Wien. Bilger hat in Genf studiert (Econo- metrics and Statistics) und u. a. in Singapur geforscht. Seine Abteilung konzentriert sich auf Forschung und Lehre im Bereich der Wirtschaftspolitik von Gesundheit bzw. Gesundheitswesen. Marcel Bilger Sind Ärztezentren sinnvoller als …  2 D BATTE

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