AERZTE Steiermark | September 2019
BEREICH ÆRZTE Steiermark || 09|2019 7 Schon wieder Impfen. Aber es muss sein: Denn das, was wir befürchtet haben, scheint eingetreten zu sein: Die große Masern welle der ersten Monate dieses Jahres gerät (politisch) zuneh- mend in Vergessenheit, über das unangenehme Thema Impf- pflicht wird immer weniger geredet, ob der E-Impfpass wirklich Vorteile für die Impfbeteiligung bringt, muss sich erst heraus- stellen. Dass er so bald nicht kommen kann, wird immer klarer. Das Thema ist komplex und braucht eine fundierte Vorbereitung. Verdrängen und hinausschieben ist aber keine Lösung, auch wenn es eine „österreichische Lö- sung“ ist. In Deutschland, wo es im letzten Jahr auch ein massives Masern-Problem gab, ist man ei- nen anderen Weg gegangen: Die Bundesregierung hat eine gesetz- liche Impfpflicht beschlossen. Sie wird kommenden März in Kraft treten. Sie hat es wohl auch getan, weil sie erkannt hat, dass Infor- mation immens wichtig ist, aber offenbar ihre Grenzen hat. Wie sonst ist es zu erklären, dass die Masernimpfbeteiligung in Bayern (Kinder, Geburtsjahrgang 2015) um mehr als 7 (!) Prozent- punkte unter der von Nordrhein-Westfalen liegt? In den Programmen der österreichischen Parteien, die bei den Nationalratswahlen im September antreten, kommt das Thema „Impfen“ praktisch nicht vor. Kein Wort zur Impfpflicht, kein Wort zu mehr Information, kein Wort zur heurigen Masernwelle, die es ja nicht nur in der Steiermark gab. Der „Nationale Aktionsplan Masern-/Röteln-Elimination“ des Gesundheitsministeriums stammt noch aus dem Jahr 2013 (da- mals war Alois Stöger Minister und eine gewisse Priv.-Doz. Dr. in med. Pamela Rendi-Wagner, MSc, trug als Sektionschefin die inhaltliche Verantwortung für den Plan, der mehr Analyse als Aktion enthielt). In der Steiermark gibt es gute Daten und eine systematische Bearbeitung des Themas. Es wird nun Zeit für eine konsequente nationale Anstrengung. Und Lösungsvorschläge, statt nur das Nacherzählen von WHO-Daten. Denn Impfen ist ein zentrales gesundheitspolitisches Thema. Wir brauchen Antworten. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Fotos: Adobe Stock, Oliver Wolf, Elke Meister, Harry Schiffer, Grafik: Konrad Lindner Die Situation im Bereitschaftsdienst entspannt sich langsam. Natürlich gibt es punktuell Probleme, aber die hat es früher auch immer wieder gegeben. Soweit wir hören (die genauen Zahlen hat nur der organisierende Gesundheitsfonds Steiermark), werden immer mehr Dienste gebucht und auch die Zahl der offenen Bereitschaftsdienst-Praxen an den Wochenenden steigt. Das hat mitten im Som- mer anfangs nicht perfekt klappen können, weil es nicht möglich war, mitten in der Urlaubszeit über- all Ordinationshilfen und Reinigungskräfte zu finden, die kurzfristig bereit waren, an Samstagen und Sonntagen zu arbeiten. Und – das darf nicht vergessen werden – es war der massive Druck für die Ärztinnen und Ärzte in teils sehr kleinen Dienstsprengeln, der durch die Freiwilligkeit der Dienste nun weggefallen ist. Damit ist eine große Hürde, die viele junge Ärztinnen und Ärzte daran gehindert hat, in die Niederlassung zu gehen, weggefallen. Vernünftige Arbeitszeiten und eine gute Balance zwischen Beruf und Privatleben sind heutzutage einfach wichtiger als vor einigen Jahrzehnten. Das gilt nicht nur – aber natürlich auch – für Ärztinnen und Ärzte. Also ist der neue Bereitschaftsdienst insgesamt für die Versorgung gut. Auch wenn das Buchen und Einloggen für die Ärztinnen und Ärzte um- ständlich ist. Auch wenn es nicht für alle Patien- tinnen und Patienten gut auszuhalten ist, dass die Telefonate am „Gesundheitstelefon 1450“ ziem- lich lange dauern – und sie dann noch erfahren, sie mögen auf die Website ordinationen.st gehen, um eine offene Praxis zu finden, statt eine Adres- se zu bekommen. Es soll ja (ältere) Menschen geben, die im Internet nicht zu Hause sind, es soll auch vorkommen, dass Verbindungen nicht funktionieren. Das System muss also weiter lernen, es muss an den Schrauben gedreht werden. Es gehört viel- leicht ein Stück mehr Individualität ins „System“. Vizepräsident Dr. Norbert Meindl ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. EXTRA Norbert Meindl Mehr Individualität ins System STANDORTBESTIMMUNG Herwig Lindner Wir dürfen das Impfen nicht vergessen – Lösung muss her D BATTE
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