AERZTE Steiermark | Oktober 2019
FORTBILDUNG ÆRZTE Steiermark || 10|2019 31 höchsten publikatorischen Output (14,2 % des gesamten impact factors) der Medizi- nischen Universität Graz. Das Institut für Pathologie der MUG ist eines der größten pathologischen Institute Mit- teleuropas und verfügt über einen Pool hervorragend aus- gebildeter MitarbeiterInnen für pathohistologische Dia- gnostik (Fachärzte, BMAs). Es deckt das gesamte Spek- trum der Pathologie durch international anerkannte Spezialisten ab. Im Rahmen der diagnostischen Tätigkeit werden jährlich rund 105.000 Operationspräparate und Ge- webebiopsien, 5.000 Gefrier- schnitte und 20.000 zytolo- gische Präparate analysiert sowie 65.000 immunhisto- chemische Untersuchungen, 6.300 molekulare Analysen und 600 Obduktionen bzw. 1.600 Totenbeschauen durch- geführt. Ferner bieten wir Beratungen im Rahmen von Diagnosestellungen, Interpre- tationen von Laborergebnis- sen und Follow-up-Untersu- chungen an. Sicherheit für alle Beteiligten Obduktionen und Totenbe- schauen machen also lediglich einen kleinen Teil unserer Tätigkeit aus. Dennoch ist dieser Teilaspekt unserer Tä- leiden und Todesursache her- stellen kann und die Obduk- tion „zur Feststellung der Ursache des Todes und der Krankheit des Verstorbenen aus Gründen der öffentlichen Gesundheitsvorsorge notwen- dig ist und diese Feststellung auf andere Weise nicht er- reicht werden kann“ (§ 12 Abs. 3 Steiermärkisches Lei- chenbestattungsgesetz). Leider müssen wir immer wieder die mangelhafte bzw. unzureichende Durchfüh- rung von Totenbeschauen feststellen (z. B. Leiche nicht entkleidet, Todesumstände unzureichend hinterfragt etc.). Unserer Meinung nach werden die ÄrztInnen in die- sem Bereich nicht ausreichend ausgebildet (was wir des Öfte- ren auch von diesen selbst zu hören bekommen). Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sich immer mehr ap- probierte ÄrztInnen scheuen, die sehr verantwortungsvolle Tätigkeit der Durchführung einer Totenbeschau zu über- nehmen, zumal deren un- zureichende Durchführung enorme Konsequenzen nach sich ziehen kann (Übersehen eines Mordes, Exhumierung der Leiche, strafrechtliche Verfolgung). ÄrztInnen würden klare Richtlinien und Hilfestel- lungen benötigen, die ihnen Sicherheit bei einer Totenbe- schau geben und somit die korrekte Handhabung in un- terschiedlichen Situationen ermöglichen. Dies würde die Qualität der Totenbeschau steigern und dazu führen, dass ein Verdacht auf Fremd- verschulden auch deutlich kommuniziert wird, sodass eine weitere Objektivierung seitens der Staatsanwaltschaft mit Anordnung einer gericht- lichen Obduktion erfolgen kann. tigkeit keinesfalls zu vernach- lässigen. Unter der Prämisse eines natürlichen Todes erfolgt die Erstellung und Auswer- tung klinisch–pathologischer Korrelationen als qualitätssi- chernde und lehrreiche Maß- nahme, die allen Beteiligten (Angehörigen, Ärzten, Spitals- erhaltern) Sicherheit gibt. Das ist besonders für Angehörige der Verstorbenen wichtig, da Zweifel beseitigt werden und Klarheit geschaffen wird. Steht Fremdverschulden, ärztliches Fehlverhalten, ein (poly-) traumatischer Tod mit ver- kehrsmedizinischen Fragestel- lungen (Entstehung von Ver- letzungen, Biomechanik etc.) oder Intoxikation im Raum, ist jedenfalls eine Obdukti- on von der Gerichtsmedizin durchzuführen, weil nur diese über die nötigen Ressourcen, Kompetenzen, analytischen Methoden, Gerätschaften und Labore verfügt. Pathologen führen Obdukti- onen sowohl für die Klinik als auch für die Sanitätsbehörde durch. Eine sanitätsbehörd- liche Obduktion kann bei einer außerhalb des Kran- kenhauses verstorbenen Per- son von der Sanitätsbehörde angeordnet und beauftragt werden, wenn der Beschau- arzt vor Ort keine schlüssige Kausalkette zwischen Grund- Seit der Änderung von § 3 Abs. 5 des Stmk. Leichenbe- stattungsgesetzes im Juli 2019 ist jede/r zur selbstständigen Berufsausübung berechtigte Ärztin/Arzt berechtigt, den Tod festzustellen, die vorläu- fige Todesursache zu beur- teilen und die Zustimmung zur Entfernung der Leiche vom Sterbeort gemäß § 6 Abs 1. des Stmk. Leichenbe- stattungsgesetzes zu erteilen („Bis zur Durchführung der Totenbeschau ist die Leiche am Sterbeort zu belassen. Hievon darf nur mit Zustim- mung der Totenbeschauerin/ des Totenbeschauers Abstand genommen werden, wenn für sie/ihn keinerlei Zweifel an der Todesursache bestehen und das Belassen der Leiche am Sterbeort unzweckmä- ßig erscheint.“). Kann eine Todesursache ohne Zweifel angegeben und Fremdver- schulden ausgeschlossen wer- den, darf davon Gebrauch gemacht werden. Um Zweifel/ Fremdverschulden ausschlie- ßen zu können, ist in den mei- sten Fällen auch eine Beschau notwendig, um die Situation vor Ort richtig einschätzen zu können. Daher ist diese Gesetzesänderung kritisch zu betrachten und es ist ent- scheidend, den (angehenden) ÄrztInnen frühzeitig ausrei- chende praktische Richtlinien zu geben. Als universitäres Institut für Pathologie sehen wir es als unsere Aufgabe, Maßstäbe zu setzen und Qualitätsstan- dards zu bewahren. Daher sind wir gerne bereit, diesbe- züglich Hilfestellungen durch vertiefende Fortbildungen an- zubieten, um Unklarheiten frühzeitig zu beseitigen. Dr. Verena Maria Stangl ist Assistenzärztin am Institut für Pathologie der Medizinischen Universität Graz. „Unsere Hauptaufgabe ist die Erstellung von exakten Diagnosen und die Klassifizierung krankhafter Vorgänge/Zustände im menschlichen Körper.“ Verena Stangl Foto: beigestellt
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjU=