AERZTE Steiermark | Dezember 2019
WIRTSCHAFT & ERFOLG 38 ÆRZTE Steiermark || 12|2019 Foto: beigestellt WALTER HOCH AERZTE Steiermark: Es gibt zum einen eine leicht schwä- chelnde Konjunktur, zum anderen politische Unsicher- heiten. Wie sieht dieses Sze- narium für Sie im Detail aus? Welche Auswirkungen sehen Sie bei Handelsbarrieren und der Ablehnung von Freihan- delszonen? Brezinschek: In Deutschland schwächelt die Konjunktur schon seit 2018 deutlich. In einer schwierigen Lage ist der Automotive-Sektor, die Indus- trie allgemein. Stark dagegen bleibt der Dienstleistungs- sektor. Österreich konnte die Ausfälle auf dem Markt mit Deutschland bisher gut durch einen Zuwachs in Osteuro- pa kompensieren, etwa im Handel mit Tschechien und Ungarn. Der Tiefpunkt dieser Konjunktureintrübung wird im 1. Halbjahr 2020 erwartet, in der zweiten Jahreshälfte sollte die Konjunktur wieder anlaufen. Denn es gibt ja nach wie vor einen veritablen Facharbeitermangel und es gibt Branchen, die sehr gut laufen, beides positive Zei- chen. Außerdem stellt der private Konsum weiterhin eine tragende Säule für das BIP-Wachstum dar. Politische Unsicherheiten sind weltweit vorhanden. So im Nahen Osten mit dem Iran, der Türkei und Syrien, oder in Südamerika. Argen- tinien steckt in der Rezession, hat hohe Staatsschulden und bekommt nun eine neue Re- gierung. Weiter spielen die Sanktionen gegen Russland wegen der Ukraine-Krise hier herein. Zwei Instabilitäten werden aber 2020 geglättet werden: Der Brexit wird wohl am 31. Jänner 2020 tatsäch- lich stattfinden, auch wenn manche Teile davon erst in einigen Jahren abgeschlos- sen werden können. Und im Handelskonflikt der USA mit China muss US-Präsident Trump bis zum Sommer eine zufriedenstellende Lösung vorweisen können, will er wiedergewählt werden. Wie lange wird sich die Nied- rigzinspolitik der Noten- banken noch halten? Wie soll man sich darauf einstellen? Brezinschek: Genau gesagt betreibt die EZB eine Negativ- Zinspolitik. Mario Draghi hat diese Politik gleichsam für Jahre schon vorausgeschrie- ben. Auch die Nachfolgerin Christine Lagarde wird sich daran halten. Sicher gibt es in der EZB auch das andere Lager, das für eine Anhebung der Zinsen eintritt. Wann sich die Diskussion stärker in die- se Richtung entwickelt, hängt von der Wirtschaftsentwick- lung ab. Die Geldpolitik der EZB bleibt großzügig. Für Sparbücher besteht in den nächsten zwei Jahren jeden- falls kein Hoffnungsschim- mer auf eine Zinserhöhung. Wie sehen Sie die Performance von Aktien in diesem Umfeld? Brezinschek: Für manche Be obachter ist es unverständ- lich: Einerseits schwächelt die Wirtschaft, andererseits stei- gen die Aktienkurse. Hier ist zu bemerken, dass es ja auch positive Signale gibt, und dass Aktienkäufer mit einem Vor- lauf von einem Jahr agieren. Sie rechnen bzw. hoffen nach den Jahren der Eintrübung auf eine Wende. Außerdem bleiben Aktien mehr oder minder konkurrenzlos, weil sie zumeist eine respekta- ble Dividende verbriefen, das Sparbuch wirft ja keine Ge- winne ab. Auch Gold ist der- zeit kein großes Thema. Was sollen Menschen machen, die sich nicht täglich über Ak- tienkurse informieren können? Aktien: Aufschwung Mitte 2020 Peter Brezinschek, Chef-Finanzanalyst bei Raiffeisen Bank International, nennt starke Indizien, warum er für 2020 die Aktien wieder im Aufwind sieht. Die Null-Zins-Politik macht Wertpapiere nicht nur für Investoren, sondern auch für Kleinan- leger interessant. „Für Ärzte sind Investments in Unternehmen der Branche Medizintechnik naheliegend. Diese Aktien sind zwar nicht gerade das, was High Flyer genannt wird, aber doch solide Anlagen.“ Peter Brezinschek „Was den Aktienkauf erschwert, sind Vorurteile. Dazu gehört der Glaube an einen schnellen Gewinn durch Aktien.“
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