AERZTE Steiermark | Dezember 2019
44 ÆRZTE Steiermark || 12|2019 MEDIA BASED MEDICINE Mimik ist Medizin Glaubt der Arzt selbst an seine Therapie, hat der Patient weniger Schmerzen. So lautet das Ergebnis einer Studie von Luke Chang am Darmouth College (USA), bei der Laien einen Arzt mimten, der eine Placebo-Schmerzsalbe aufträgt. Wussten sie nicht, dass es sich um ein Placebo handelt, wurde ihre Behandlung als wirksamer emp- funden. Ausschlaggebend sei der Gesichtsausdruck des „Arztes“. Quelle: Ärzte Zeitung online, 22.10.2019 Täglich bekommen PatientInnen von den Medien neue „Sensationen“ aus der Welt der Medizin aufge- tischt: Frisch publiziert Optimization of ultrastructural preservation of human brain for transmission electron microscopy after long post- mortem intervals. Sele, M; Wernitznig, S; Lipovšek, S; Radulović, S; Haybaeck, J; Birkl-Toeglhofer, AM; Wodlej, C; Kleinegger, F; Sygulla, S; Leoni, M; Ropele, S; Leitinger, G. Acta Neuropathol Commun. 2019; 7(1): 144-144. [OPEN ACCESS] https://forschung.medunigraz.at/fodok/pub?id=31481118 Forscherinnen und Forscher der Grazer Medizinischen Universität publizieren regelmäßig in internationalen Journalen. Wir bringen jeden Monat aktuelle Beispiele. „Aufgrund der kaum nach- weisbaren Nebenwirkungen werden Medikamente zum Magenschutz auch außerhalb der angedachten Einsatzge- biete verwendet – wie etwa präventiv zum Schutz des Ma- gens, wenn mehrere ande- re Medikamente eingenom- men werden müssen“, erklärt Vanessa Stadlbauer-Köllner von der Klin. Abteilung für Gastroenterologie und He- patologie der Med Uni Graz. Nachdem PPI teilweise nicht mehr rezeptpf lichtig sind, greifen auch viele Menschen zur Selbstmedikation. „In den letzten Jahren häufen sich aber Berichte über mögliche negati- ve Langzeitfolgen der PPI-Ein- nahme – von einem erhöhten Allergierisiko, einer erhöhten Sterblichkeit, Osteoporose, Vi- tamin- und Mineralstoffman- gel bis hin zur Demenz.“ PPI stören Mikrobiom Da die Verwendung von PPI bei chronischen Lebererkran- kungen häufig ist, untersuchte Angela Horvath aus der Ar- beitsgruppe von Stadlbauer- Köllner die Auswirkungen von PPI auf das Mikrobiom bei Leberzirrhose und machte eine besorgniserregende Ent- deckung. In der aktuell in „Scienti- fic Reports“ publizierten Ar- beit zeigt sie, dass PPI das Mikrobiom von Zirrhose- Patientinnen und -Patienten immens beeinf lussen: „Im bereits durch die Zirrhose vorgeschädigten Mikrobiom kommt es zu einer weiteren Reduktion der Diversität und zu einem Verlust der Kolo- nisationsresistenz – das be- deutet, dass schädliche Bak- terien bessere Bedingungen vorfinden, um sich zu ver- mehren.“ Bei Zirrhose sind das vor allem Bakterien aus dem Mund, wie Veillonella parvula und Streptococcus salivarius. „Diese Veränderung in der Zusammensetzung des Mi- krobioms führt zu einer Ent- zündungsreaktion im Darm und einer Darmbarrierestö- rung“, so die Expertin. Zu- dem stellte Horvath fest, dass PatientInnen mit Zirrhose und Einnahme eines PPI häu- figer an Komplikationen der Zirrhose versterben als solche, die keinen PPI einnehmen. Therapiekonzepte Stadlbauer-Köllner und ihr Team schließen daraus, dass eine Verschreibung von PPI stets individuell geprüft wer- den müsse. Für Menschen mit PPI-Dauertherapie (bei chronischem Ref lux oder Einnahme mehrerer magen- schädigender Medikamente gleichzeitig) wird es notwen- dig sein, schützende Therapie- konzepte zu entwickeln. Das Forscherteam versucht nun, das Darm-Mikrobiom mittels Probiotika zu stabilisieren. Weitere Informationen: Mag. a Angela Horvath, PhD und Assoz.-Prof. in PD in Dr. in Vanessa Stadlbauer-Köllner Klinische Abteilung für Gas- troenterologie und Hepato- logie, Universitätsklinik für Innere Medizin, Medizinische Universität Graz Tel.: +43 316 385 82282 angela.horvath@medunigraz.at vanessa.stadlbauer@meduni- graz.at www.nature.com/articles/ s41598-019-48352-5 Magenschutzmedikamente keine Lifestyleprodukte WissenschafterInnen der Med Uni Graz haben herausgefunden, dass PPI das Mikrobiom von Menschen mit Leberzirrhose stark beeinflussen. Sie arbeiten nun an Therapien, um deren Mikrobiom zu stabilisieren. FORSCHUNG STEIERMARK Fotos: MUG, Creativ Collection Assoz.-Prof. in PD in Dr. in Vanessa Stadlbauer-Köllner
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