AERZTE Steiermark | Februar 2020
BEREICH ÆRZTE Steiermark || 02|2020 7 Vor 18 Monaten habe ich öffentlich gesagt, „das geht sich nicht aus“. Und damit die Planungen im Gesundheitsbereich gemeint. Massiv Spitalsbetten abzubauen und gleichzeitig die extramurale Versorgung auszuhöhlen, das werden sich Ärztinnen und Ärzte nicht gefallen lassen und noch weniger die betroffene Bevöl- kerung. Aber Primärversorgungseinheiten, Gesundheits- und Facharztzentren führen uns in ein goldenes Zeitalter der Ge- sundheitsversorgung. Der Bevölkerung wurde (und wird immer noch) suggeriert, dass diese Zentren Einzelpraxen und Spitals- betten ergänzen würden. Im Regionalen Strukturplan Gesundheit (RSG), der die geplante Veränderung der Gesundheitsversorgung bis 2025 darstellt, steht das an- ders: „Primärversorgungs- einrichtungen sind keines- wegs als additive Struktur zu verstehen.“ Das heißt, sie ergänzen nicht, sie verdrängen. Mancher- orts ist das akzeptabel, viele Ärztinnen und Ärzte mögen das Arbeiten im Team mehr als in der Einzelpraxis. Dass die Ärztekammer Primärversorgungsein- heiten ablehnt, ist schlicht falsch. Sie lehnt es ab, sie als Vorwand zu missbrauchen, die Gesundheitsversorgung zu verschlechtern. Was sie aber nicht mögen, ist als Feigenblatt für eine Gesund- heitsplanung herhalten zu müssen, die zwar von Qualität spricht, aber Kostensenkungen plant, auch wenn sie das Gegenteil versi- chert. Tatsache ist aber: 2025 werden sich mehr Menschen eine Ärztin/einen Arzt (Allgemeinmedizin und Fach) sowie ein Spi- talsbett teilen müssen als heute. Dass der Anteil älterer und damit besonders hilfsbedürftiger Steirerinnen gleichzeitig besonders stark wächst, ist dabei noch gar nicht berücksichtigt. Wenn das, was da geplant ist, Wirklichkeit wird, bekommen die Menschen nur mehr System, aber dafür weniger medizinische Versorgung. Das sind die Fakten. Das geht sich für die Menschen nicht aus. Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark. Fotos: Oliver Wolf, Elke Meister, Grafik: Konrad Lindner Die Redakteurin einer Medizin-Zeitschrift hat die Zahlen im Regionalen Strukturplan Steiermark nachgerechnet und bei den Angaben für die Allge- meinmedizinstellen tatsächlich einen Rechenfehler gefunden. Der Gesundheitsfonds hat das als „re- daktionelles Versehen“ gleichzeitig zugestanden und verharmlost. In der nachfolgenden Debatte gab es aber noch zusätzliche merkwürdige Erklärungen. Ärztinnen und Ärzte in Primärversorgungseinheiten seien deutlich „versorgungswirksamer“ als solche in Einzelpraxen. Deswegen käme man in Zukunft mit weniger Ärztinnen und Ärzten aus. In dieser Argumentation steckt gleich eine dop- pelte Beleidigung. Einzelärztinnen und -ärzten wird die Versorgungswirksamkeit teilweise ab- gesprochen, obwohl sie ungemein viel arbeiten, natürlich auch mit anderen Gesundheitsberufen zusammenarbeiten und vielerorts der einzige Garant der wohnortnahen Versorgung sind. Und Ärztinnen und Ärzten in Gruppenpraxen mit erweitertem Primärversorgungangebot wird nur eine höhere Effizienz zugestanden: Qualität und Stärkung der Allgemeinmedizin, wie sie den Menschen versprochen wurde, kommt nicht mehr vor. Und dann gibt es noch einen sehr wichtigen Punkt: In der Planung gibt es erhebliche Abweichungen zwischen den Planungsregionen. Im Ennstal wer- den sich weit mehr Menschen eine Ärztin oder einen Arzt teilen müssen als im Murtal. Stärkung der extramuralen Versorgung als Aus- gleich für das grundsätzlich sinnvolle zentrale Spital und die damit verbundene Reduktion um 130 vollstationäre Betten? Das wurde immer wie- der gesagt, aber der Plan ist ein anderer. Dieser Plan ist kein redaktionelles Versehen. Sondern Realität. Und wird die Menschen in der Region noch misstrauischer machen. Vizepräsident Dr. Norbert Meindl ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte. EXTRA Norbert Meindl Schwächung der Allgemeinmedizin STANDORTBESTIMMUNG Herwig Lindner Das geht sich für die Menschen nicht aus D BATTE
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjU=