AERZTE Steiermark | Februar 2020

COVER Fotos: Michaela Grabner/Salon de Luxe ÆRZTE Steiermark  || 02|2020 9 über den Vertragspartnern: Es gibt nur mehr eine öster- reichweite Verantwortung, da müssen wir sukzessive in den Dialog eintreten. Innerhalb des Bundeslandes haben wir eher eine informelle und or- ganisatorische Rolle. Ich glau- be aber, dass in den nächsten ein, zwei Jahren der Versi- cherte draußen sehr wenig merken wird. Harb: Momentan wird der Versicherte praktisch nichts merken, aber Gesundheitsver- sorgung ist ein Prozess, der mit Veränderungen und neuen Herausforderungen konfron- tiert ist. Die Veränderungen sind teils schwer vorherseh- bar – auf der Leistungser- bringer- ebenso wie auf der Leistungsbezieher-Seite. Da stellt sich für mich die Frage, ob wir in der Zukunft noch in der Lage sein werden, in der gewohnten Weise zeitnah die- se veränderten Rahmenbedin- gungen in unseren Abläufen, Strukturen und Angeboten zu berücksichtigen. Das muss sich erst beweisen. Da habe ich durchaus Bedenken, dass es zu gewissen Trägheiten kommt. In einigen Jahren werden wir wissen, ob es besser geworden ist, ob alles gleich bleibt oder sich für die Versicherten Nach- teile ergeben. Nominell wechseln Sie alle sechs Monate die Positionen zwischen Vorsitzendem des Landesstellen- ausschusses und Stellvertreter. Wie gehen Sie damit um? Harrer: Für mich stellt das keine große Herausforderung dar, weil wir ja nur den Vorsitz wechseln und nicht die Funk- tion. Josef Harb vertritt die Interessen der Dienstnehmer, ich vertrete die der Dienstge- ber über die gesamte Periode hinweg. Das ist eine klar ge- regelte, rhythmische Abfolge. Man muss sich aufgrund der paritätischen Darstellung so- wieso gut abstimmen. Harb: Darüber steht die we- sentlich stärkere Zentrali- sierung der Entscheidungen, aber auch die verstärkte Ver- antwortung der hauptamtlich tätigen Kolleginnen und Kol- legen. Schon dadurch gibt es kein halbjährlich wechselndes Hü oder Hott. Dafür hat der Gesetzgeber schon gesorgt. Unser Hauptansprechpartner ist der Verwaltungsrat der Ös- terreichischen Gesundheits- kasse als höchstes Gremium der Selbstverwaltung. Dass wir jedes halbe Jahr anders agieren, würde die Struktur gar nicht zulassen. Nehmen wir ein reales Beispiel – die unerwartete Sonderaus- schreibung einer Kassenstelle. Läuft die jetzt anders ab, als sie im Dezember abgelaufen wäre? Harrer: Grundsätzlich wird jede Ausschreibung auf der Mitarbeiterebene geprüft und vorbereitet. In diese Vorbe- reitung fließt auch die Rück- sprache mit dem jeweiligen Fachbereich auf Bundesebe- gonnen, die ist ja auf Schiene. Bei der Harmonisierung der Vertragsstrukturen müssen wir die Laufzeiten der beste- henden Verträge beachten – da gibt es Fristen. Und wenn man hier Vereinheitlichungen will, muss man zuerst die Gewichtungen anschauen. In der Regel ist die Situation ja in anderen Bundesländern nicht schlechter oder besser, sondern nur anders. Der Pro- zess wird sicher ein bisschen dauern. Harb: Die Harmonisierungen der Leistungen in Richtung der Versicherten sind ja schon in den ehemaligen neun Ge- bietskrankenkassen sehr weit gediehen. Bis es vollständig geschafft ist, wird es noch ein bisschen dauern. Ich kann ja nicht die gleichen Leistungen anbieten, wenn ich die Anbie- terstruktur nicht habe. Aber wir hatten schon drei Harmo- nisierungswellen, bevor die ÖGK entstanden ist. Für mich stellt sich die Frage, wann es auch zu einem Ausgleich mit den anderen Sozialversiche- rungsträgern kommt – mit denen der Beamten und Selb- ständigen. In der Beamten- versicherung gibt es keine Arbeitslosen, Asylwerber oder Mindestsicherungsbezieher. Dort gibt es pro Jahr und Versichertem um rund 400 Euro höhere Einnahmen. Wo findet da ein Ausgleich statt? Darüber wurde bisher sehr wenig gesprochen. Das wer- den wir auf Bundesebene im- ne ein. Da kann es in der zeitlichen Abfolge Verschie- bungen geben, aber gar nicht notwendigerweise, weil län- derspezifische Bedürfnisse in sich geregelt sind. Ein anderes Thema sind Budgets und Son- dermittel: Da haben wir keine landeseigenen Budgets. In der Vergangenheit konnte eine Kasse mit ordentlichen Überschüssen sagen, das leis­ ten wir uns. Jetzt ist ein Über- schuss der freien Mittel in ganz Österreich zu berück- sichtigen, weil es ein Haus ist. Das betrifft aber weniger unsere Vertragspartner, etwa die Ärztekammer, sondern eher die Landesagenden. Die Anschubfinanzierung zum Beispiel ist ein unmittelbares Versorgungsthema, da geht es ja nicht um ein Projekt, bei dem man etwas auspro- biert, sondern darum, die Versorgung der Versicherten aufrechtzuerhalten. Das stärkste Argument nach außen war die Harmonisie- rung der Leistungen aus Sicht der Versicherten. Bis wann werden die Steirerinnen und Steirer die gleichen Leistungen bekommen wie die Vorarlber- gerinnen und Vorarlberger? Harrer: Wir haben in den einzelnen Bundesländern Spe- zifika, die nicht aus Jux und Tollerei entstanden sind, etwa periphere Einrichtungen, die in der Steiermark und Tirol anders sein können. Die Har- monisierung der Leistungen hat aber schon vor Jahren be- Josef Harb „Die ÖGK entwickelt sich schrittweise, auch die Ansprechpartner im Haus kommen schön langsam in ihren Rollen an.“ Vinzenz Harrer „Es muss wieder Projekte aus der Landesstelle heraus geben, auch wenn das nicht einfacher, sondern eher schwieriger wird.“ Josef Harb

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