AERZTE Steiermark | März 2020

Fotos: Pixelkinder.com, Shutterstock COVER ter wird es. Entscheidungen werden mehr nach abstrakten Kriterien getroffen, nicht nach Erfahrung. Das führt zu einer großen Zahl von Fehleinsät- zen, da die Information nicht ausreichend selektiert erfolgt, sondern die Abfrage nur nach gewissen Symptomen durchge- führt wird. Hausärzte können das Ein gut ausgebildeter Haus- arzt behält Weit- und Über- blick, meint Loewit in seinem Buch. Und Nicht-Hausarzt Likar: Bei der Allgemeinmedi- Kriterien Preise von den Phar- mafirmen bestimmt werden können, lautet sein klarer Ap- pell nach Brüssel an die Euro- päische Kommission. Notarzt-Dilemma Die Notarzt-Alarmierung ist zentralisiert. Dadurch sind die Hausärzte ausgeschaltet, ste- hen außen vor. Sie können sich an der Grundversorgung ihrer Patienten nicht mehr beteili- gen, heißt es im Likar-Buch. Und weiter: Je zentralistischer das Alarmierungssystem an- gelegt ist, desto anonymisier- 10 ÆRZTE Steiermark  || 03|2020 „Biblische“ 7 Milliarden Ob es genau 7 Milliarden sind, die im Gesundheitssystem ohne Verluste für die Patientinnen und Patienten, aber auch die Ärz- tinnen und Ärzte einzusparen wären, weiß auch Günther Loe- wit nicht. „Es ist eine biblische Zahl“, sagt er. Es könnten auch 6 oder 8 sein. Aber die Größenordnung stimmt. Und wo liegen die Schätze, die zu heben wären? Für Loewit bei den Medika- menten, die nicht eingenommen werden, bei den Spitalsbetten, die es geben muss, weil die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte nicht so versorgen dürfen, wie sie können, bei überflüs- sigen Befundungen, bei der Notfall-Industrie (siehe „Vikerl“). Es gibt noch eine andere Rechnung. Laut Wirtschaftsfor- schungsinstitut „EcoAustria“ ließen sich in der stationären Versorgung knapp 2,4 Milliarden Euro dadurch einsparen, dass alle Bundesländer so effizient werden wie das effizienteste. Ohne Qualitätsverlust. Eine zu einfache Rechnung? Vielleicht. Aber eine, die es in sich hat. Wir reden von immer engeren ökonomischen Vorgaben, von ungeniert versuchten Einflussnahmen, von sinnlosen Thera- pien, von hierarchischen Eitelkeiten, aber wir reden auch von Patienten, die keine Verantwortung für ihr Leben überneh- men wollen, weil sie nur ein Medikament verschrieben haben möchten, ein Allheilmittel, das alles löst, und zwar sofort. So fassen Likar und Kollegen die Verschwendung aus ihrer Sicht zusammen. „Dem Arzt muss genug Zeit gewährt werden, um seine Patienten entsprechend zu betreuen und zu behandeln.“ Rudolf Likar Nach einem Vierteljahrhundert als Kassen- und Gemeindearzt hat Günther Loewit die Bremse gezogen: „Das System will Leute wie mich nicht“, kommentiert er seinen Rückzug trocken.

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