AERZTE Steiermark | März 2020

ÄRZTIN IM BESONDEREN DIENST Huntington, West Virginia, hatte ein Stipendium zu ver- geben, kontaktierte einen ihr bekannten Professor an der KFU, der sich wiederum beim Tennisverband erkundigte, wer dafür in Frage käme. Pristauz-Telsnigg hatte schon Bronze in der Österreichi- schen Jugendmeisterschaft in der Tasche und war mehrfach steirische Damenmeisterin in der allgemeinen Klasse – also erging der Anruf an sie. „Ich habe keinen Tag lang über- legt und auch meine Mutter, eine Englischprofessorin, hat mich in meinem Vorhaben bestärkt.“ Sie packte ihre Sie- bensachen und zog nach West Virginia. Zwei Jahre lang studierte sie „Pre-Medicine“ an der Mar- shall University, was unge- fähr den vorklinischen Fä- chern entspricht. Daneben spielte sie eifrig in der College League Tennis; mehrmals war sie sogar „Most Valuable Pla- yer“ der Southern Conference in der Tennis College League. „Ich hätte weitere zwei Jahre bleiben können, aber mehr Prüfungen wären mir in Ös- terreich nicht aufs Studium angerechnet worden.“ Doch nicht Profi In der College League wurde sie hochprofessionell betreut: inklusive Athletiktraining, Physiotherapie und Mental- coaching. „Die Divisionen der College League sind auch URSULA SCHOLZ Von der Sandkiste direkt auf den Sandplatz. So lässt sich der Beginn der Tenniskarri- ere von Gynäkologin Gunda Pristauz-Telsnigg am besten beschreiben. „Ich war das jüngste von drei Kindern und meine Eltern haben mich einfach auf den Tennisplatz mitgenommen, wenn sie ge- spielt haben“, erzählt Pristauz- Telsnigg. „Zuerst war ich in der Sandkiste, dann habe ich den Ball an die Wand gepep- pelt, bis meine Eltern nach ihrem Match ein paar Schläge mit mir gespielt haben.“ Wer nun meint, die junge Gun- da sei ein leicht formbares Kind gewesen, das sich den Wünschen der Eltern einfach angepasst hätte, der irrt. Der Klavierunterricht war ihr eine Qual – und sie hat inständig darum gebeten, die Freizeit stattdessen in Tennis inves­ tieren zu können. Eine Inves­ tition, die sich gelohnt hat: das Dranbleiben, das konse- quente Training – und die Bereitschaft, ihr Talent auch im Wettbewerb zu beweisen. Ruf in die USA Schon im ersten Studienjahr an der Karl-Franzens-Univer- sität erreichte sie ein Anruf aus dem steirischen Tennis- verband, ob sie nicht Lust hätte, mit einem Sportsti- pendium in die USA zu über- siedeln. Eine Repräsentantin der Marshall University in durch. In ihrem Turnus kam dann der dritte Sohn zur Welt, heute 17 Jahre alt – und auf dem Weg zum Tennisprofi. „Konsequent und diszipliniert“ Die Wahl des Faches Frauen- heilkunde und Geburtshilfe erfolgte in der Famulatur, aber wohl nicht ganz un- beeinflusst von der eigenen Lebenssituation. „Nach der Promotion konnte ich in mei- ner Heimatregion auf der gynäkologischen Abteilung in Judenburg anfangen, wo ein Tennisfreund als Arzt gearbeitet hat. Dort hat es mir sofort gefallen – zunächst hauptsächlich die Geburts- hilfe.“ Mittlerweile hat sich ihr Fokus verschoben, die heute 48-Jährige hat sich auf Onkologie spezialisiert und leitet den Schwerpunkt für ein Publikumsmagnet, fül- len ganze Stadien mit lauter Menschen im Dress der je- weiligen Unis“, erzählt sie von einer fremden Welt. Auch Profis werden aus den College Leagues rekrutiert – so etwa die derzeit aktiven Tennis- spieler Kevin Anderson oder John Isner. Aber Profisport kam für Pristauz-Telsnigg nicht in Frage. „Abseits vom Platz war ich eher trainings- faul.“ Wobei zu beachten ist, dass jenes Pensum, das bei ihr noch unter „eher faul“ fällt, für viele andere wohl schon die Maximalleistung darstellt. Denn Gunda Pristauz-Tels- nigg hat es sich nie einfach gemacht: Noch im Studium bekam sie zwei Kinder, über- siedelte nach Wien, wo ihr Mann an der BOKU studierte, und beide zogen trotz Eltern- schaft ihr Studium unbeirrt Druckvolle Vorhand – beeindruckende Karriere Ob im Tennis, als studierende Dreifachmutter oder als Leiterin des Schwerpunktes für Brusterkrankungen an der Universitätsfrauenklinik: Gunda Pristauz-Telsnigg nimmt sich stets ein großes Pensum vor. Sie habe einfach „breite Schultern“, meint sie dazu. 14 ÆRZTE Steiermark  || 03|2020 Gynäkologin Gunda Pris­ tauz-Telsnigg, stellvertretende Leiterin des Subzentrums Brust des CCC: „Abseits vom Platz war ich eher trainings- faul.“

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