AERZTE Steiermark | März 2020

NEWS ZITAT „Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Grippesaison, die erst im vorletzten Jahr allein in Deutschland rund 25.000 Menschenleben forderte und im laufenden Jahr noch nicht ihren Höhepunkt erreicht hat, ist es weitaus ratsamer, sich gegen die Influenza zu wappnen – und zwar mithilfe einer Grippeimpfung, zu der die Landesärztekammer jedes Jahr aufruft.“ Corona-Virus-Presseaussendung der deutschen Landesärztekammer Hessen AKUT #Coronaphobia Die in dieser Größenordnung weit übertriebene Angst vor dem neuen Coronavirus geht weltweit um. In den sozialen Netzen gibt es sogar ein Schlag- wort bzw. einen Hashtag dafür: #Coronaphobia. Um Ausgewogenheit bemühte Institutionen versuchen, mit differenzierter Information ge- genzuhalten. Indem sie – wie das deutsche Robert-Koch- Institut – zum Beispiel den von der WHO beschlossenen „Public Health Emergency of International Concern (PHEIC)“ nicht als „Notstand“ (wie es viele Publikumsmedien tun) übersetzen, sondern prä- zise, aber sperrig als „Gesund- heitliche Notlage mit interna­ tionaler Tragweite“. Die Arbeitgeberorganisation Federation of International Employers (FEDEE) warnt vor einer Überreaktion und stellt einen Vergleich mit der Influ- enza her. Ein Toter im Zusam- menhang mit dem Corona- Virus außerhalb Chinas stünde 84.000 Influenza-Toten (Stand 6. Februar 2020) gegenüber. Nur hilft diese relativierende Achtsamkeit kaum. Auch kein Wunder: Fast zeitgleich wird über die Sperre des Spielcasinos in Macao berichtet, Online- Petitionen zur Schließung von Grenzen und Schulen werden durchgeführt. „The priority at the moment is to ensure that fear concerning this relatively benign virus does not lead to a surge in xenopho- bia amongst the working po- pulation“, sagte Fedee-General- sekretär Robin Chater Anfang Februar. Aber solche Stimmen sind eher die Ausnahme im großen Angst-Chor. Grafik: @EPichlbauer auf Twitter ÆRZTE Steiermark  || 03|2020 43 ÖGK folgt Kassentradition düsterer und falscher Zahlen-Prognosen Die ÖGK folgt einer alten Kassentradition: Sie malt eine düstere wirtschaftliche Zukunft. Die ist seit mehr als einem Jahrzehnt nie eingetroffen. Gürtel enger schnallen, statt Orientierung der Leistungen an den besten Bundeslän- dern („Harmonisierung“), 1,7 Milliarden Defizit in den nächsten fünf Jahren. Mit dieser Ankündigung ließ der Generaldirektor der Öster- reichischen Gesundheitskas- se, Bernhard Wurzer, auf- horchen. Heftige Empörung schlug ihm entgegen. „Ich werde nicht an Ankün- digungen gemessen, sondern an Ergebnissen“, ließ Wurzer unmittelbar vor dem ÖGK- Start in einem ZiB2-Interview wissen. Das ist gut so, könnte man sagen, denn düstere wirt- schaftliche Ankündigungen, die dann nicht eintreffen, gehö- ren in den sozialen Kranken- versicherungen zur Tradition. Nun sind 1,7 Milliarden Euro viel Geld, verteilt auf fünf Jahre (340 Millionen Euro pro Jahr) entsprechen sie dem, was der Hauptverband seit mehr als einem Jahrzehnt regelmäßig an Frühwarnungen, die dann nicht eintrafen, veröffentlichte. Versorgungsforscher Ernest Pichlbauer und andere Ge- sundheitsökonomen thema- tisierten das in sozialen und klassischen Medien: „Alar- mierende Kassenprognosen, als Gebarungsvorschaurech- nung (ein Euphemismus) haben Tradition! Sie dienen ausschließlich als politisches Instrument der Verhand- lungsvorbereitung“, schrieb Pichlbauer auf Twitter. Und belegte das mit Zahlen: Seit 2009 weicht die zumeist im Februar publizierte Jahres- prognose durchgehend massiv vom Gebarungsergebnis ab. Die stärksten Abweichungen gab es 2012 (fast 920 Millio- nen) und 2011 (865 Millionen Euro). Praktisch immer waren die Prognosen negativ und die Ergebnisse positiv. Was nichts daran ändert, dass sol- che Vorhersagen Grundlage realer Politik („Runder Tisch“ im Gesundheitsministerium) sind. Und Basis medialer Be- richterstattung. Pichlbauer-Grafik: dunkle Vorhersagen, die nie eingetroffen sind …

RkJQdWJsaXNoZXIy NDYwNjU=