AERZTE Steiermark | März 2020

COVER 8 ÆRZTE Steiermark  || 03|2020 MARTIN NOVAK Als Günther Loewit zum „Vi- kerl“ kam, war er das, was er ein Vierteljahrhundert ge- wesen war, nicht mehr: Kas- senallgemeinmediziner und Gemeindearzt. Dennoch vertrauten die Umstehenden Loewits Einschätzung: Der Alkoholiker liege nicht im Sterben, das „viele Blut“ um ihn herum sei nur Folge einer harmlosen Rissquetschwun- de. Als „Therapie“ empfahl der erfahrene Arzt daher, den am Boden Liegenden heimzu- bringen, seine Wunde zu ver- sorgen und ihn seinen Rausch ausschlafen zu lassen. Zu spät: Der Rettungshub- schrauber war bereits gelan- det, ein ebenfalls angefor- derter Notarztwagen vor Ort. Das „Gesundheitssystem“ handelte (es könnte ja auch eine lebensbedrohliche Hirn- blutung sein), der ehemalige Hausarzt blieb ausgebootet. Statt rund 100 Euro kostete der Vorfall daher mehrere tausend Euro. Rettungsein- sätze mit schwerem Gerät kosten halt. Diese bezeich- nende Anekdote leitet das Buch „7 Milliarden für nichts“ des niederösterreichischen Arztes Günther Loewit ein. Darin legt er die Systemfehler aus seiner Sicht mit klaren Worten offen. Aber: Schon das Wort Notarzt klingt einfach besser, weiß Loewit. Die Buch-Veröffentlichung hat Öffentlichkeit gebracht, Medi- enberichte, TV- und Radioauf- tritte, aber auch ein ausführ- liches, per Presseaussendung dokumentiertes Gespräch mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober. Aber nicht nur Loewit war dabei. Auch Rudolf Likar, Klagenfurter Anästhe- sie-Primarius und gemeinsam mit Kollegen ebenfalls Autor eines aufrüttelnden Buches. „Im kranken Haus“ heißt es. Darin geht es ebenfalls um die Fehler im System. Aus anderer Perspektive zwar, aber mit sehr ähnlichen Therapievor- schlägen. „Empathie“ ist ein Wort, das beide Autoren verwenden. „Empathie muss man lernen“, sagte Likar bei seiner Buch- präsentation in Graz am 11. Februar. Sie wieder stärker in die Beziehung zwischen Arzt und Patient einzubringen, ist auch Loewit wichtig, der sein Buch übrigens am selben Tag wie Likar präsentierte, nur nicht im Grazer Styria Center Fast zeitgleich sind zwei kritische Analysen des öster­ reichischen Ge­ sundheitssystems erschienen: beide geschrieben von Ärzten. Das eine hat der Vorstand der Abteilung für An­ ästhesiologie und Intensivmedizin am Landesklinikum Kla- genfurt, Rudolf Likar, Ra u Z für menschli Günther Loewit: „Was keine Würde hat, hat auch keinen Wert.“ Zitate aus den beiden Büchern sind ohne Anführungszei- chen in kursiver Schrift ge- setzt. Aussagen der Autoren stehen in Anführungszeichen.

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