AERZTE Steiermark | April 2020

16 ÆRZTE Steiermark  || 04|2020 IMPFUNGEN Soviel lässt sich sicher sagen, aber damit enden die validen Zahlen schon. Denn in Öster- reich gibt es keine offizielle Zählung der HPV-Impfungen. Schätzungen gehen von ei- ner Durchimpfungsrate von weniger als 40 Prozent aus. Wie das berühmte gallische Dorf hält sich die Steiermark als Ausnahme: Durch die landesweite Impfdokumenta- tion der Wissenschaftlichen Akademie für Vorsorgemedi- zin ist sie von allen Bundes- Stell dir vor, es gibt eine Imp- fung gegen Krebs – und kaum einer geht hin. Obwohl die HPV-Impfung in Wirksam- keit und Sicherheit mehrfach bestätigt wurde, unter ande- rem durch die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), und bereits vor sechs Jahren in das kostenfreie Kinderimpfprogramm über- nommen wurde, inklusive Catch-up-Programm für Äl- tere, schwächelt die öster- reichische HPV-Prävention. die Durchimpfungsraten des Jahrgangs 2007 mit knapp 43 Prozent für die erste Teil­ impfung und des Jahrganges 2006 für beide benötigten Impfungen (rund 34 Prozent) am höchsten waren und seit- dem wieder sinken. Wobei zu bedenken ist, dass es ein mehrjähriges Impffenster bis zum 12. Geburtstag gibt und die Jüngeren hoffentlich noch in größerer Zahl nachgeimpft werden. VomWHO-Ziel einer 90-prozentigen Durchimp- ländern als einziges in der Lage, vollständige Zahlen zu liefern. Dabei zeigt sich, dass Humanity-Award für HPV- Expertin aus Botswana Dank des Einsatzes der Gynäkologin Doreen Ramogola-Masire erreichte Botswana eine fast hundertprozentige HPV-Durchimpfungsrate. Dafür verlieh ihr die Arbeitsgemein- schaft Gynäkologische Onkologie (AGO) den Humanity Award. Österreichs Ärzte stellen ein 6-Punkte-Programm auf, um nachzuziehen. Kraft(p)akt zur Hebung der HPV-Durchimpfungsrate: Das 6-Punkte-Programm von AGO und Österreichischer Krebshilfe zur Verbesserung der HPV-Durchimpfungsrate in Österreich 1. Es muss unser aller Ziel sein, dass alle Kinder geimpft werden. Möglichst alle Kinder zwischen dem 9. und 12. Geburtstag sollen im Rahmen des kostenlosen Schulimpfprogramms die HPV-Impfung erhalten und das Catch-up-Programm soll bis 18 Jahre erweitert werden. 2. Impfpflicht mit der Möglichkeit zum „opt-out“ Eltern, die ihr Kind nach Information und Aufklärung über die Impfung dezidiert nicht impfen lassen wollen, sollen mit einem „opt-out“ dazu die Möglichkeit haben, d. h. schriftlich der Impfung widersprechen können. 3. Appell an die Schulärztinnen und Schulärzte Schulärztinnen und Schulärzte sind aufgerufen, dafür Sorge zu tragen, dass alle Kinder (mit Ausnahme derjenigen, für die die Eltern ein „opt-out“ unterschrieben haben) die kostenlose HPV-Impfung im Rahmen des Schulimpfprogrammes auch erhalten. 4. Forderung an die Gesundheitspolitik nach mehr Aufklärung Eine Untersuchung von 2019 zeigte einen deutlichen Anstieg der Durchimpfungsrate bei medialer und Social-Media- Präsenz (presented by Deanna Teoh at 2019 ASCO Annual Meeting). Die österreichische Gesundheitspolitik ist daher aufgerufen, die Aufklärung und Information über die HPV-Impfung massiv zu intensivieren. 5. Elektronischer Impfpass Ein Pilotprojekt (Wien, Niederösterreich und Steiermark) zum Elektronischen Impfpass soll in Kürze starten. Die Ge- sundheitspolitik ist gefordert, durch eine rasche österreichweite Ausrollung des Elektronischen Impfpasses eine Statistik über die Teilnahmeraten im Kinderimpfprogramm zu erheben und daraus laufend adäquate Konsequenzen abzuleiten. 6. Forderung nach niederschwelligem Zugang zur Impfung Um die Durchimpfungsrate zu steigern, braucht es einen niederschwelligen Zugang zur Impfung durch alle Ärztinnen und Ärzte und eine bundesweit einheitliche Umsetzung des Impfkonzeptes (derzeit limitiert auf „Impfärztinnen und Impfärzte“). Doreen Ramogola-Masire Foto: beigestellt

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