AERZTE Steiermark | April 2020

ÆRZTE Steiermark  || 04|2020 23 ANTIBIOTIKARESISTENZEN Eigentlich hätte Klaus Vander bei den „ Seminaren im März “ einen wichtigen Beitrag zu antibiotika­ resistenten Keimen halten sollen. Stattdessen ist er als KAGes-Hy­ gieniker einer der zentralen Ex- perten im steirischen Kampf gegen SARS-CoV-2. Eine Zusammenfas- sung seines Antibiotikaresistenzen- Beitrags hat er uns dennoch zur Verfügung gestellt: Danke! Staphylococcus aureus, Pseu- domonas aeruginosa, Van- comycin-resistenter Entero­ coccus, Klebsiella pneumo- niae – Problemkeime gibt es vielfältige, so Klaus Vander, sowohl unter den GRAM- positiven als auch unter den GRAM-negativen Erregern. Vander ist Facharzt für Hy- giene und Mikrobiologie und leitet das Institut für Kran- kenhaushygiene und Mikro- biologie der KAGes. Problemkeime – wie der Line- zolid-resistente Enterococcus – sind bereits gegen Reserve­ antibiotika resistent. Dabei bedienen sich die Bakterien verschiedener ausgetüftelter Mechanismen, um das Gift der Antibiotika wieder auszu- scheiden oder durch enzyma- tische Spaltung unschädlich zu machen. Eine Variante ist die Effluxpumpe, die Keime sowohl in der Bekämpfung von Antibiotika als auch in der Bekämpfung von Antimy- kotika erfolgreich einsetzen. Dabei gelingt es der Zelle, den als Schadstoff erkannten Medikamentenbestandteil laufend aus der Zelle wieder herauszupumpen, um so die ihren Resistenzmechanismen, beispielsweise nach ESBL (Ex- tended-Spectrum Beta-Lac- tamase), AmpC (die Amino­ penicilline und Cephalospo- rine unwirksam machen) und den schon erwähnten Carba- penemasen. Europavergleich Im europäischen Vergleich sieht Vander Österreich im untersten Drittel bei den (eu- ropaweit rückläufigen) MR- SA-Resistenzen; hier stellt sich die Situation in Italien, Rumänien und Griechenland komplett anders dar. Am po- sitiven Ende der MRSA-Skala finden sich die Skandinavier Konzentration durchgehend unter dem kritischen Niveau zu halten. Bei GRAM-negativen Keimen wird das Eindringen eines Medikamentes weiters durch den Porinverlust unterbun- den, wobei durch Mutationen in den Poringenen die Mem- branpermeabilität verloren- geht und der Wirkstoff nicht in die Zelle eingeschleust wer- den kann. Eine Art metabolischer Ent- giftung findet durch die Beta- laktamasen (wie etwa ESBL) statt. Dabei handelt es sich um von den Bakterien ge- bildete Enzyme, die die Be- talaktam-Antibiotika durch Hydrolyse spalten und so unwirksam machen. Beson- ders problematisch darunter sind Carbapenemasen, die die Reserveantibiotika Carba- peneme spalten. Definitionssache Multiresistenz Noch existiert auch keine einheitliche Definition, wann ein Keim als multiresistent gilt. Das Europäische Zen- trum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) klassifiziert multi- drug-resistant, extensively drug-resistant und pandrug- resistant bacteria. Daneben gibt es eine Klassifikation für multiresistente GRAM- negative Bakterien, die sich rein phänotypisch orientiert, ohne Berücksichtigung der Resistenzmechanismen. Die dritte Variante, die Vander nennt, ordnet die Keime nach mit Norwegen als Nummer eins und die Niederländer. Hotspots in Osteuropa und Großbritannien zeigt der Vancomycin-resistente Ente- rococcus faecium, bei dem EU-weit ein Anstieg zu beo­ bachten ist. Hier liegt Öster­ reich noch unter einer 5-Pro- zent-Prävalenz, während Deutschland bei über 15 Pro- zent und Litauen bei mehr als 35 Prozent liegen. Resistenzen gegenüber Dritt- generations-Cephalosporinen werden zunehmend bei inva- siven E. coli-Bakterien beo­ bachtet; in Österreich mit einer Prävalenz von rund Urspünge der Problemkeime Multiresistente Keime schüren die Angst vor einem postantibiotischen Zeitalter. Klaus Vander, ärztlicher Direktor des Instituts für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie, gibt Einblick in die Mechanismen der Multiresistenzen – und verteidigt den Ruf der Krankenhäuser. Foto: Adobe Stock

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