AERZTE Steiermark | April 2020
WIRTSCHAFT & ERFOLG 32 ÆRZTE Steiermark || 04|2020 WALTER HOCH Ergonomie und Medizin ha- ben auf den ersten Blick das- selbe „Arbeitsmaterial“: den menschlichen Körper. Ergonomie ist salopp gesagt die Anpassung der Gegen- stände an die Fähigkeiten des Menschen. Dabei verarbeitet sie nicht nur physische Di- mensionen wie Körpergröße und Körperkräfte, sondern leitet aus den geistigen (z. B. Wahrnehmungsf ähigkeit) und psychischen (z. B. Moti- vation) Dimensionen gestalt- bare Größen und Faktoren ab. Aufrecht- dynamisches Sitzen Will man die Einrichtung ei- ner Ordination ergonomisch gestalten, empfiehlt es sich nacheinander Stuhl, Tisch und Arbeitsmittel zu opti- mieren. Die Sitzhöhe soll so einge- stellt werden, dass zumindest eine Hand zwischen Tisch und Oberschenkel passt. Das ergibt zum einen eine Sitz- höhe von ca. 50 cm je nach ben, was langfristig ebenfalls schmerzt. Als Maxime hat sich heraus- kristallisiert, nicht in einer bestimmten Haltung zu ver- harren und sich an einer Auf- richtung von 75 % zu orien- tieren. Eine feste Unterlage für die Füße bei gleichzeitiger Freiheit für die Beine und die entspannte Platzierung der Armlehnen runden das dyna- mische Sitzen ab. In Bezug auf die Arbeitsumgebung gilt ein Mindestabstand von 1 m zwi- schen der Arbeitstischkante und sonstigen Möbeln wie Regalen als Richtwert. Richtige Abstände als evidenzbasierte Medizin Die Platte des Schreibtisches bei einem Bildschirmarbeits- platz soll laut AUVA zumin- dest 160 cm breit und 80 cm tief sein. So hat auch die Maus ausreichend Manipu- lationsfläche. Die Platte liegt am besten ca. 25 cm über der Sitzhöhe und bildet mit den A r m - l e h n e n eine Linie. Das entlastet Na- cken und Schultern. Für fixe Arbeitstische gilt in Österrei- ch als Richtmaß die Arbeits- flächenhöhe von 72 cm. Wellenförmige Tisch-Kanten mögen eine Symbiose von Nutzen und Kunst ausdrü- cken wollen, sie erschweren es aber oft, den Stuhl ideal an den Tisch zu rücken. Für die Arbeitsplatte tut ein mattes, reflexionsarmes Material gut. Optimiert wird die Ergono- mie, wenn der Tisch höhen- verstellbar ist. ÄrztInnen ste- hen ja oft vor dem Computer, dann ist der (verstellbare) Arbeitstisch in der richtigen Höhe, wenn die Schultern entspannt sind, während die Hände auf dem Tisch liegen. Beim Stehen soll das Gewicht nicht auf einem bestimmten Fuß verlagert werden, son- dern beidseitig auf die Fer- sen. Becken leicht nach vorne kippen. Diffiziler verhält es sich bei den Arbeitsmitteln. Auch wenn das Stethoskop als ar- chetypisches Arbeitsgerät der ÄrztInnen suggeriert wird, greifen deren Hände wesentlich häufiger zur Tastatur des Computers. Beim Sitzen sollten Un- terarm, Hand- flächen, Tastatur und Maus quasi auf einer Linie liegen. Wer seine Handge- Körpergröße, zum anderen einen offenen Sitzwinkel zwischen Oberkörper und Oberschenkel um die 100 Grad. Oder es wird die „El- lenbogenregel“ angewandt: „Oberarme locker hängen lassen und die Unterarme zu 90 ° anwinkeln. Die untere Ellbogenkante und der Tisch sollten nun auf denselben Level gebracht werden.“ (ipa. fraunhofer.de) Ein weiterer Hotspot des Sessels ist die Auswölbung der Rückenleh- ne, auch Lendenbausch oder Lordosenstütze genannt, auf Gürtelhöhe. So sichert die Rückenlehne eine gute Ab- stützung bei Bewegungen aus der aufrechten Sitzhaltung nach vorne und nach hinten. Wenngleich das aufrechte Sitzen als Mustersitzhaltung gilt, wird in Fachkreisen weiterhin diskutiert, ob das wirklich optimal ist. Eine stark eingesunkene Haltung verursacht Rückenschmer- zen, eine besonders aufrechte Haltung wiederum bela- stet die Band- schei- Niedergelassene ÄrztInnen können durch ihre Arbeit in der Ordination nicht nur die Gesundheit der PatientInnen fördern, sondern auch die eigene. Ergonomie in Ausrüstung und Ver- halten hält fit und produktiv. Ergonomie kuriert Arztpraxen Illu: AUVA Die AUVA hat eine reizende Posterserie zum Thema Ergometrie aufegelegt.
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