AERZTE Steiermark | April 2020
COVER Fotos: Pixelkinder.com, Wilke/Mediendienst.com ÆRZTE Steiermark || 04|2020 9 Maßnahmen im Rahmen eines Krisenplanes initiiert, die eine weitere Ausbreitung verhindern bzw. minimieren. Zudem ist es notwendig, dass alle Krankenhäuser, Anlauf- stellen wie Arztpraxen sowie andere Gesundheits- und öf- fentliche Einrichtungen über zu setzende Maßnahmen und Abläufe wie Hygiene, Isolie- rung, Transporte, Testung und Diagnose informiert werden und auch bei regel- mäßigen Updates inkludiert sind. Kommunikation ist sehr wichtig. In diesem Zu- sammenhang ist es essentiell, dass die relevanten Behörden auch außerhalb der regulären Dienstzeiten (nachts, sonn- und feiertags) via Hotline erreichbar sind, um Anfragen und Besorgnisse der Bevölke- rung professionell und rasch zu beantworten. All diese Abläufe sind via Krisenpläne festgelegt und ihnen ist bei Bedarf Folge zu leisten. Was sind die größten Fehler, die unter diesen Umständen passieren können? Wichro: Inkonsistente Kom- munikation, fehlende Infor- mation und vor allem feh- neue Erkenntnisse. Solange die Diskussionen mit Fakten und tatsächlichem Wissen untermauert werden, sind sie hilfreich. Die Behörden haben sich mittlerweile via re- gelmäßiger täglicher Presse meldungen und Informati- onsupdates, der Einrichtung von Hotlines und psychoso- zialen Telefonkontakten und der Ankündigung anderer sozialer Unterstützungsmög- lichkeiten den Informations- bedürfnissen der Bevölke- rung angepasst. Was müssen lokale, regionale und nationale Gesundheitsbe- hörden in einer solchen Situa- tion machen, damit geordnet und wirkungsvoll agiert wird? Wichro: Wichtig sind der koordinierte Informations- austausch und eine sehr gute Kommunikation innerhalb der zuständigen Behörden auf allen Ebenen, um einen Wi- derspruch beziehungsweise Missverständnisse zu vermei- den. Die gezielte Einbindung der Medien von Anfang an ist ebenso wichtig, weil damit Fakten, Ratschläge und Maß- nahmen an die Öffentlichkeit weitergegeben werden. Wie bei der Influenza-Pandemie- Planung im Jahr 2006 und dem damals aufgetretenen Vogelgrippefall im Tierpark Herberstein haben alle rele- vanten Gesundheitsbehörden sehr souverän gehandelt. Im Falle von Krankheitsausbrü- chen wie diesem, ist es un- umgänglich einen Krisenstab zu haben, der koordinierte und erhöhen die Compliance, also die Durchführung von instruierten Maßnahmen. Faktum ist, dass vieles un- scharf ist – infektiologisch, epi- demiologisch und wohl auch organisatorisch. Darf man Un- sicherheit zugeben oder muss man souverän bleiben? Wichro: Jede neue, unge- wohnte Situation birgt Un- sicherheit. Gerade deswegen zeichnet sich professionelles und souveränes Handeln durch die Generierung von bekanntem und neuem Wis- sen aus. Durch die Erklärung der Erkenntnisse wird Ver- wirrung und potentiellem Misstrauen entgegengewirkt. Damit geht man auf eine sich rasch ändernde Lage ein, ermöglicht koordinierte Zusammenarbeit aller Invol- vierten und sichert somit, dass Erkenntnisse in einver- nehmlicher Art und Weise klar kommuniziert werden. lender Rat, wohin man sich bei Anfragen wenden kann. Eine „9 bis 17 Uhr-Auskunft“ mit langer Telefonwarte- schleife ist kontraproduktiv. Widersprüchliche Aussagen hinsichtlich durchzuführen- der Maßnahmen sorgen für unnötige Verwirrung. Kla- re Anweisungen mit Erklä- rung des jeweiligen Nutzens werden als äußerst hilfreich empfunden und generell gut aufgenommen. Regelmäßige Updates und Wiederholung bekannter Fakten sowie of- fenes Beantworten von Fragen schaffen ebenfalls Vertrauen Noch nie erlebt Eine weltumspannende Gesundheitskrise dieser Dimensi- on hat auch Erika Wichro noch nie erlebt. Das hat niemand. Was Wichro aber nicht nur erlebt, sondern mitorganisiert hat, ist das Outbreak-Management in verschiedensten Län- dern und auf verschiedenen Kontinenten. Ihr Spektrum reicht von der Steiermark bis Afrika und Asien, ihre Auftraggeber von der steirischen Landesregie- rung über die US-Seuchenbehörde CDC bis zur EU und zur WHO. Heute ist die Ärztin international als Fachbe- raterin und Lehrende tätig. Ihre Einschätzung der Lage hat also Gewicht. Siehe dazu auch ihre Biografie auf der folgenden Seite. Nicht nur der deutsche SPIEGEL, sondern viele internationale Medien haben die weltweite Krise am Cover. „Jede neue, ungewohnte Situation birgt Unsicherheit.“ Erika Wichro Dieser Artikel wurde bis 17. März 2020 recherchiert und geschrieben.
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