AERZTE Steiermark | Mai 2020
ÆRZTE Steiermark || 05|2020 11 COVER ist, der für die Telemedizin prädestiniert erscheint, weist auf die Grenzen hin: „Es fehlt in der Telemedizin der bei der psychotherapeutischen Behandlung so wichtige Blick auf den Patienten in seiner Gesamtheit, also Körperhal- tungen, die Art, wie sich je- mand bewegt … Gesichts- ausdruck, Mimik und Gestik sind einfach sehr wichtig beim ganzheitlichen Explorieren und Behandeln psychisch er- krankter Menschen.“ Weniger dramatisch empfin- det es ihre Kollegin Eva Brun- egger: „Die einzigen Limitie- rungen in meinem Bereich sehe ich darin, dass manche speziellen ‚tiefergehenden‘ Interventionen über Skype nicht möglich sind, was den Fortschritt einer Therapie al- lerdings nicht beeinträchtigen muss, da es ja genügend ande- re therapeutische Interventi- onsmöglichkeiten gibt.“ Der Ramsauer Kassenallge- meinmediziner Oliver Lam- mel (siehe seinen Erfahrungs- bericht auf Seite 15) sieht es sehr nüchtern: „Beratungs- gespräch: ok, Limitierung: „Würden die sogenannten ‚Versicherungs hausärzte‘ je einen Hausbesuch machen? Wohl kaum.“ Alexander Moussa Ein Bereich, der sich schon vor der Corona-Krise für „Tele“ anbot, ist die Dermatologie. Bekannt ist das Teledermatologie-Projekt im steirischen Bezirk Liezen (wir be- richteten), bei dem Hausärztinnen und Hausärzte mit professioneller Ausrüstung fotografierte Hautver- änderungen zur Diagnose an Fach- ärztinnen und Fachärzte übermit- teln. Dieses von der Ärztekammer Steiermark koordinierte und vom Gesundheitsfonds Steiermark und der ÖGK (zuvor noch der GKK) finanzierte Projekt fand auch beim letzten deutschen Teleme- dizinkongress große Beachtung. In der Corona-Krise haben auch Hautärztinnen und Hautärzte sich der Infrastruktur dieses Kon- zepts bedient, um ihre Patien- tinnen und Patienten telemedi- zinisch zu betreuen. Eine davon ist die Dermatologin Christina Ambros-Rudolph. Die Akzeptanz sei „sehr gut“, meint sie: „Der Patient registriert sich einmalig und loggt sich dann über meine Homepage ein. Das kann vom Handy, Tablet oder PC aus erfolgen. Man kann auf einer sicheren Website – DSGVO-konform – bis zu 4 Fotos hochladen und eine Anfrage stellen. Bezüg- lich Rückfragen meinerseits besteht auch eine einmalige Chat-Funktion. Werktags bekommt der Patient dann innerhalb von 24 Stunden seinen Therapievorschlag geliefert.“ Das System funktioniere „einwandfrei“, die Betreuung durch den Anbieter Edermcon- sult sei „tadellos“. Inbesondere in Corona-Zeiten werde das System von mehreren Hautärzten österreich weit genutzt – und auch permanent ange- passt und erweitert: „Beispielsweise wurde neben der ursprünglichen ‚Wahlarzt‘-Versi- on mit Honorarnote auch eine ‚Kassenarzt‘- Version gestaltet, bei der die Verrechnung über die O-Card erfolgt.“ Ambros-Rudolph nutze das System ausschließlich als Ser- vice für ihre bestehenden Patienten. Das erleichtere viel. Limitationen gäbe es natür- lich bei der Beurteilung von Muttermalen, „da ein Foto keine auflichtmikroskopische Untersuchung ersetzt“. Gelegentlich könne zum Beispiel eine bakteriologische Abstrichuntersuchung oder ein Pilzbefund erforderlich sein. Meist könne man aber bereits virtu- ell eine Vorempfehlung abgeben, der Rest werde in der Ordination nachgeholt. „Da die Dermatologie ein ‚optisches Fach‘ ist, kann man aber viele Diagnosen auch teleme- dizinisch korrekt stellen und eine entsprechende Therapie einleiten“, betont Ambros-Rudolph. Zufriedenheit mit Teledermatologie Bereits lange vor der Corona-Kri- se publizierten Edith Arzberger und Rainer Hofmann-Wellenhof gemeinsam mit Elena Lucia Eber (Universitätsklinik für Derma- tologie der Med Uni Graz) und Monika Janda (Queensland Uni- versity of Technology, Austra- lien) im Journal der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft die Ergebnisse einer 2017 durch- geführten Befragung zur Teleme- dizin, an der 243 österreichische Fachärztinnen und Fachärzte für Derma- tologie teilnahmen. Zusammenfassung: „Die Ergebnisse zeigen, dass der Großteil der befragten Dermatologen die Teledermatolo- gie als zukünftige sinnvolle Ergänzung der derzeitigen Praxis einstuft. Nach Ansicht der Studienteilnehmer können vor allem im Bereich der Triage Anfahrten zum Kranken- haus und Wartezeiten vermindert werden, was zu einer Reduzierung von Kosten und einer Zeitersparnis der Patienten und Ärzte führt. Eine geregelte Kostenübernahme und rechtliche Regelung würde die Nutzung der Teledermatologie attraktiver machen.“ Im Spectrum der Dermatologie 1/2020 fassten es Arzberger, Hofmann-Wellenhof und Eber so zusammen: „Insgesamt erlangt die Teledermatologie immer größere Be- deutung; eine endgültige Implementierung in die Routineversorgung hat etwa auf- grund von rechtlichen Unsicherheiten und Kostengründen noch nicht stattgefunden. Unsere Studien beweisen aber die gute Eig- nung der Teledermatologie als Ergänzung zu den bisherigen Behandlungsmöglich- keiten.“ Aufschwung für die Teledermatologie Christina Ambros-Rudolph Edith Arzberger
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