AERZTE Steiermark | Mai 2020
12 ÆRZTE Steiermark || 05|2020 COVER Seitinger sagt, dass „vor allem jüngere Patientinnen und Patienten bis 50 Jahre, die ohnehin bereits bisher Ordi- nationstermine online über die Website gebucht haben“, die zusätzliche Möglichkeit nutzen. „Gut“ seien die Erfahrungen, meint Birgit Meister. Aber auch sie sagt, dass ältere Pati- enten das Gespräch via Tele- fon „bevorzugen“. „Mäßig bis gut“ ist die Reso- nanz der Patientinnen und Patienten aus der Sicht von Faissal Keilani. Viele Facetten der Telemedizin Was in der Corona-Krise weitgehend ausgeblendet blieb: Telemedizin ist natür- lich nicht nur das Gespräch mit Patientinnen und Pati- enten. Monitoring oder die Diagnose auf Basis übermit- telter Bilder (siehe Kasten Teledermatologie) gehören natürlich ebenfalls dazu. Hier liegen vielleicht sogar deren besondere Stärken. Und hier startete ja bereits vor der Co- rona-Krise eine ganze Reihe von Projekten. Nicht schneller Beschleunigt die Telemedi- zin die Medizin? Zumindest für die „sprechende Medizin“ dürfte das nicht gelten. Am Telefon und im Video-Chat öffnen sich nach mehreren Berichten Patientinnen und Ärzte es grundsätzlich ge- wohnt sind, IT-Technik zu nutzen, ist das bei vielen Pati- entinnen und Patienten nicht so: Fast 1,7 Millionen Men- schen (Statistik Austria 2018) oder knapp 20 Prozent in Österreich sind 65 Jahre oder älter. Die Steiermark liegt mit rund einer Viertelmillion 65+-Jährigen und einem An- teil von etwas über 20 Prozent im oberen Mittelfeld. Und gerade bei diesen Älteren ist die IT-Affinität am ge- ringsten, andererseits haben sie den höchsten Bedarf an ärztlicher und medizinischer Betreuung. Die ärztlichen Erfahrungen mit der IT-Bereitschaft der Patientinnen und Patienten sind daher auch gemischt: Allgemeinmediziner Lammel hat zwar gute Erfahrungen, schränkt aber ein: „Ältere Patienten bevorzugen das Ge- spräch via Telefon.“ Auch Psychiaterin Constanze Dennig hat bemerkt, dass ältere Patienten „mangels Kenntnis“ nur Telefon in Anspruch nehmen, „jüngere auch Videokonferenzen, aber nur selten“. „Nach anfänglichem Zögern seitens der Patienten wird es nun sehr gut angenommen, hauptsächlich Videotelefonie über Skype, auch Telefon und E-Mails“, ist die Erfahrung von Brunegger. das natürlich nicht so blei- ben. Alexander Moussa, der nicht nur Allgemeinmedizin- Sektionsobmann, sondern auch IT-Referent in der Ärz- tekammer Steiermark ist, hat eine einfache Empfehlung: sich nur jener Ärztesoftware- Anbieter bedienen, die als „seriös“ gelten. Eine offizielle Liste gibt es zwar aus wettbewerbsrecht- lichen Gründen nicht, es ist aber jedenfalls sinnvoll, Kol- leginnen und Kollegen nach ihren Erfahrungen zu be- fragen. Eine sichere End-to- End-Verschlüsselung sowie die Garantie, dass Daten nur über Server in Österreich oder einem anderen EU-Land ge- hen, sollten jedenfalls Min- destanforderungen sein. Gemischte Erfahrungen Wenn es um telemedizinische Anwendungen geht, wird zu- meist nur über die IT-Af- finität der Ärztinnen und Ärzte spekuliert. Aus Sicht der Telemedizin ist aber die Bereitschaft und Fähigkeit der Patientinnen und Patienten zumindest genauso wichtig. Und während Ärztinnen und überall, wo man Diagnostik braucht.“ Virtuelle „Hausärzte“ Währenddessen haben private Anbieter das „Telemedizin“- Geschäft für sich entdeckt. Oft mit großen privaten Ver- sicherern im Hintergrund werben sie mit hausärztlicher Telemedizin. Die Sache hat nur einen Schönheitsfehler: Diese virtuellen „Hausärzte“ sind ausschließlich online erreichbar und kennen die Anfragenden naturgemäß überhaupt nicht, sind also alles andere als echte Haus ärztinnen und Hausärzte. „Würden die sogenannten Versicherungs-Hausärzte je einen Hausbesuch machen?“, fragt Alexander Moussa und gibt die Antwort gleich selbst: „Wohl kaum.“ Datenschutz ernst nehmen E-Mail, Telefon, alle mög- lichen Chat- und Videopro- gramme … am Höhepunkt der Corona-Krise wurden Datenschutz und Datensi- cherheit zweitrangig. Für eine langfristig angelegte „Telemedizin-Strategie“ kann Foto: LAD-FAKS, beigestellt, Grosschädel, Shutterstock „Zuerst sind die meisten überrascht, wie man auf diese Art und Weise Medizin betreiben kann, da sie es nicht gewöhnt sind.“ Georg Riegler „… neurologische Kontrollen und Therapievorschläge, Erstgespräche und Beratung über das weitere Procedere“. Brigitte Meister
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