AERZTE Steiermark | Mai 2020

28 ÆRZTE Steiermark  || 05|2020 KOMMENTAR Masern sind sehr ansteckend. Auch für Healthcareworker. Ohne Impfung erkranken 95 von 100 Menschen. Bei 10 von 100 Masern-Fällen ist mit schweren Folgeerkrankungen zu rechnen. Die Masern-Impfung schützt. Verlässlich. Bitte denken Sie an Ihren Impfschutz – und an den Ihrer MitarbeiterInnen! Gratis für Menschen jeden Alters! Fotolia Masern_inserat_mut_arzt_A4_hoch.indd 1 07.06.2017 08:06:05 ALFRED GRÄNZ 2006 – grippekranke Vögel waren auch in der Steiermark verendet – schrieben wir in der Landessanitätsdirektion- gerade unseren steirischen Pandemieplan und begannen, Filterschutzmasken und das vom Pharmariesen Roche er- zeugte Tamiflu in Großgebin- den einzulagern. Gelästerte Rufer in der Wüste Als dann die Mensch-zu- Mensch-Übertragung gott­ seidank ausblieb, hatten wir Jahre lang Häme zu ertragen und auch die damalige Ge- sundheitsministerin Maria Rauch Kallat wurde schwer kritisiert. Immerhin: Ver- treterInnen der großen Ein- satzorganisationen, leitende ÄrztInnen und Pflegekräfte, Schulbehörden und auch das Management von Unterneh- men der sogenannten kri- tischen Infrastruktur betei- ligten sich an den Arbeiten und es gab auch einen guten Übungseffekt. Die Ablauforganisation wur- de von der Sanitätsdirektion mit der Landeswarnzentrale über die Bezirkshauptmann- schaften bis hin zu den nie- dergelassen ÄrztInnen, den Pflegeeinrichtungen, den psy- chosozialen Diensten und den Behinderteneinrichtungen bis zu den Wachdiensten der Exe- kutive (z. B. vor Apotheken) partizipatorisch erarbeitet. Ei- nige größere Industriebetriebe ließen sich auch für ihre inter- nen Schutzpläne beraten. Realfall: Zwischen Panikmachern und Bagatellisierern? Derzeit ist es auch ohne „Fake- News“, politisch-ideologische Trittbrettfahrer oder feuil- letonistische Ergüsse nicht leicht, aus der Unmenge von Nachrichten, Podcasts, Talks, Videokonferenzen, Dash- boards und Studien-Vorab- veröffentlichungen eine Ori- entierung zu gewinnen, die von wissenschaftlicher Red- lichkeit und humanistisch- demokratischen Grundsätzen geleitet ist. Infolge der ungeheuren Dy- namik und Komplexität des Geschehens, das auch einem gesellschaftlich sozialen Ver- suchslabor gleichkommt, muss eine Beurteilung be- wusst vorläufig fragmenta- risch bleiben. Ich möchte sie aber dennoch versuchen, und zwar aus einem fachlichen Hintergrund, der von Public- Health über Hygiene, Epide- miologie bis zu Gesundheits- ökonomie, Medizinsoziologie und -ethik reicht. Versäumnisse? Leider gibt es sie. Wir hatten aber insoweit Glück, als uns München und die Lombar- dei zwei Wochen voraus wa- ren und dass wir „zu viele“ Spitalsbetten haben. Doch Schutzausrüstungen und Labortest-Kits hätten wir koordiniert früher bestellen müssen. Voraussetzung auch dafür wäre ein noch frü- heres In-Gang-Bringen der internen Kommunikations- wege zwecks Bedarfs- und laufender Datenerhebung ge- wesen. Die Niedergelassenen Ärz- tInnen an vorderster Front konnten dadurch lange nicht annähernd adäquat mit Schutzmaterial versorgt wer- den. In Zusammenhang mit dem diesbezüglichen Res- sourcenmangel sei auch die Frage gestattet, warum der Fokus der Aufmerksamkeit erst seit Mitte April auf Al- tenpf legeheimen liegt. Die Deutschen waren offenbar auch nicht besser vorberei- tet, obwohl sie einen sogar auf ein mutiertes SARS-Virus zugeschneiderten Plan des Robert-Koch-Instituts in der Lade hatten. Als krisenerfah- ren – und dementsprechend einflussreich – erscheint das Rote Kreuz. Die Krisenkommunikation der Bundesregierung halte ich bislang (28.4.) für überwie- gend gut gelungen. Die Argu- mentation im Zuge der Locke- rung der Maßnahmen wird aber eine noch viel größere Herausforderung darstellen. Und: Der zurückgezogene Zur Pandemie. Von einem Berufswarner, der wider Willen recht behielt. Dieser Artikel wurde am 28. April 2020 verfasst.

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