AERZTE Steiermark | Mai 2020
44 ÆRZTE Steiermark || 05|2020 ANGESTELLTE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE ÄrztInnen in Ausbildung GEM/ EINSAM geben Einblick in ihren Alltag Zeit des Zusammenrückens COVID-19-Krise Monat 2: Auf autoleeren Straßen fährt es sich jetzt deutlich schneller in die Arbeit. Das morgendliche Grüßen der zwei Securities zur Ausweiskontrolle vor Betreten des Kran- kenhauses ist für uns jetzt tägliche Routine. Beim geduldigen Warten mit ausreichend ABSTAND erinnere ich mich unwillkür- lich an eine Szene aus meiner Jugend, in der ich nächtens nervös vor dem Eingang eines In-Lokals ausgeharrt habe, um mir mit dem Ausweis meiner großen Schwester Zutritt zu verschaffen. Meine Schutzmaske habe ich bereits vor dem Aussteigen aus dem Auto aufgesetzt. Auch das gehört mittlerweile zum Alltag. In den letzten Wochen hat die Vielfalt an Modellen deutlich zuge- nommen und manch ein Patient präsentiert zur Kontrolle in der Ambulanz stolz sein außergewöhnliches Exemplar. Zu Hause lese ich von einer Petition gegen eine „Zwangsimp- fung“ gegen COVID-19. Wohlgemerkt gegen eine Impfung, die noch gar nicht existiert und von deren Einführung eine komplette Rückkehr zur Normalität abhängig ist. Nachdem in Deutschland eine große Impfgegnerdemonstration aufgrund des Pandemiegesetzes untersagt wurde – die Ironie dahinter bringt mich auch jetzt wieder zum Schmunzeln –, sind die Herrschaften wohl wieder aktiv. Ärgerlich und traurig zugleich, wenn man bedenkt, wie viele KollegInnen auf der ganzen Welt ihr Leben im Kampf gegen COVID-19 gegeben haben – zum Wohle ihrer PatientInnen. Angesichts dessen treibt es mich mittlerweile regelrecht zur Weißglut, wenn Familienangehörige oder Bekannte sich nicht an Schutzmaßnahmen halten. Diese sind für alle einzuhalten, alleine schon aus Respekt denen gegenüber, die „das System er- halten“. Als „Systemerhalter“ kann man aber zumindest dank- bar sein, sich keine Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen zu müssen. Bei allem, was schief läuft, tut es manchmal auch gut, sich auf ein wenig Dankbarkeit zu konzentrieren. Insgesamt ist es jedenfalls deutlich ruhiger geworden – Be- sucherInnen sind ohnehin verboten – was nicht nur für die PatientInnen manchmal vorteilhaft ist. Diese Krise lässt uns Ärztinnen und Ärzte näher zusammenrücken. Obwohl die Dienstpläne täglich angepasst werden müssen, gibt es eine noch nie da gewesene Bereitschaft, für eine Kollegin bzw. einen Kollegen einzuspringen. Denn letztendlich sitzen wir alle im selben Boot und meistern werden wir diese Krise nur im Kol- lektiv – alle gemeinsam. GEM/EINSAM – schreiben steirische Ärztinnen und Ärzte in Ausbildung über ihren Alltag im Beruf, im Leben und ihren Weg von „wilden Jungen“ zu „alten Profis“. aus Sicht der Patientinnen und Patienten, die sich um ihre Versorgung Sorgen ma- chen, aber auch nicht aus Sicht der KAGes-Ärztinnen und -Ärzte, die diese Versor- gung gewährleisten wollen. Als Beispiel nannte Lindner Schwangere, die laufend Un- tersuchungen und Betreu- ung brauchen. Aber natürlich beträfen die Probleme alle Patientinnen und Patienten, deren in verschiedensten Be- reichen geplanten Behand- lungen zurückgestellt oder Kont rol lunt e r suchungen verschoben worden wären. Ohne konzertiertes, über die KAGes hinausreichendes „Hochfahr“-Paket sei auch zu befürchten, dass viele Men- schen überf lüssigerweise KAGes-Ambulanzen aufsu- chen würden. Lindner: „Die Gesundheitsversorgung be- steht nicht nur aus den An- geboten in den Landeskran- kenhäusern, sondern aus vie- len Bereichen, die ineinander verzahnt sind. Deshalb muss die Vorgangsweise auch ge- meinsam entwickelt werden und abgestimmt stattfinden.“ Vereinzelte Genehmigungen Vereinzelt würden zwar Aus- nahmen in Form von Ein- zelgenehmigungen gemacht, allerdings seien die Überle- gungen, die zu diesen Aus- nahmen führen, nicht immer nachvollziehbar, kritisierte Lindner: „Ich wünsche mir allgemein gültige Regeln im Interesse der Patientinnen und Patienten. Natürlich sind Schutzmaßnahmen nötig – das Tragen von Masken, das Einhalten der Abstandsregeln, Hygienemaßnahmen …“ Für den Fall, dass es zu einer wei- teren Epidemie-Welle komme, seien selbstverständlich ent- sprechende Vorkehrungen zu treffen – ein Stopp der Lo- ckerungen, auch eine Rück- nahme wären in diesem Fall verständlich. Der steirische Ärztekammer- präsident wies darauf hin, „dass die Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft das Nebenbeschäftigungsver- bot offenbar weit stringenter handhabt als andere Spitals träger.“ Dies sei aus Unter- nehmensperspektive zwar nachvollziehbar, nicht aber „Die Gesundheitsversorgung besteht aus vielen Bereichen, die ineinander verzahnt sind. Deswegen muss die Vorgangsweise auch gemeinsam entwickelt werden und abgestimmt stattfinden.“ Herwig Lindner Illu: Comstock; Foto: Schiffer
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