AERZTE Steiermark | Juni 2020

20 ÆRZTE Steiermark  || 06|2020 Foto: Adobe Stock ETHIK UND COVID-19 helfenden Berufen gehen oft sehr idealistisch an ihren Job heran und sind auch hart im Nehmen – siehe die Ärzte in Italien. Umso mehr muss man ihnen Rahmenbedingungen bieten, unter denen sie auf sich selbst achten können.“ Gerecht verteilen Vorsichtig reagiert Schmid­ huber auf die Frage, inwieweit die Länder einander bei Ver­ sorgungsengpässen aushelfen sollen. „Was wir übrig haben, sollten wir teilen.“ Aber wann ist es übrig? Wenn COVID- 19-Patienten zwei bis drei Wochen Intensivversorgung benötigen und die Erhöhung der Fallzahlen in Österreich bloß zwei Wochen hinterher­ hinkt? „Durch die Hilfe dür­ fen nicht die Menschen im higer als man oft denkt.“ Bescheidenheit keimt auf Für höchst an der Zeit hält Schmidhuber auch die ärzt­ liche Sorge um alle Nicht- COVID-19-Patientinnen und -Patienten. Kritisch merkt sie an, wie sehr sich Europa im Bereich der medizinischen Ausstattung – von Masken bis zu Medikamenten – vom Ausland abhängig gemacht hat. „Bei der Auslagerung der Produktion spielen rein wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle, der Gedanke der Eigenversorgung bleibt auf der Strecke. Ich erhoffe mir durch die Corona-Krise eine Rückbesinnung und dass wie­ der mehr Bescheidenheit ein­ kehrt. Nicht nur bei den Le­ bensmitteleinkäufen, sondern auch in der medizinischen Versorgung sollten wir viel re­ gionaler denken.“ Eine mög­ liche positive Auswirkung der Krise sieht Schmidhuber bereits: „Von politischer Seite hat man sich viele Gedanken über den Schutz der Älteren gemacht. Es hat mich sehr positiv überrascht, dass diese so einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft haben.“ Den Dialog suchen Ebenso sehr liegen ihr – neben den überlasteten Eltern im Homeoffice – die Arbeitneh­ merinnen und Arbeitnehmer im Gesundheitsbereich am Herzen: „Gerade jetzt sieht man, wie wichtig sie sind. Ich habe mich schon lange vor Ausbruch der Krise für mehr Wertschätzung im Pflegebe­ reich eingesetzt – und für die 35-Stunden-Woche bei glei­ chem Gehalt.“ In der Kooperation zwischen den einzelnen Gesundheits­ berufen erhofft sie sich fla­ chere Hierarchien und einen intensiveren Dialog. „Dass das möglich ist, habe ich in Norwegen erlebt. Dort findet viel mehr Austausch zwischen dem ärztlichen und dem Pfle­ gepersonal statt – und auch das ist eine Form der Aner­ kennung, die Pf legeberufe attraktiver macht.“ Die Überlastung vieler Men­ schen in Gesundheitsberufen in Zeiten der Pandemie sieht sie ebenso als Anlass für Ver­ änderungen: „Menschen in „… ältere Menschen sind lernfähiger als man oft denkt“, warnt die Medizin­ ethikerin Martina Schmidhuber davor, Men­ schen vor­ schnell in Schubladen zu stecken. „Bei der Auslagerung der Produktion spielen rein wirtschaftliche Überlegungen eine Rolle, der Gedanke der Eigenversorgung bleibt auf der Strecke.“ Martina Schmidhuber

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