AERZTE Steiermark | September 2020

COVER 10 ÆRZTE Steiermark  || 09|2020 „Lügner“ und „Ignoranten“ Impfgegner gibt es genauso lange wie das Impfen. Impfgegner sind kein neues Phänomen. Be- reits der Entdecker der Pockenimpfung, der britische Arzt Edward Jenner, war davon betrof- fen. Rund 50 Jahre nach seiner bahnbrechenden Innovation musste Mitte des 19. Jahrhunderts ein Denkmal für den Medi- ziner vom prominenten Trafalgar Square in den weniger auffälligen Ken- sington Park verbracht werden, um die „Anti- Vaxxers“ zu besänftigen. Anfang des 20. Jahrhun- derts tat sich die US- amerikanische Aktivistin und „Naturheilerin“ Lora C. Little als Gegnerin der Pockenimpfung hervor. In ihrer Zeitung „Libera- tor“ hetzte sie gegen das Impfen und behauptete, dass dadurch unter ande- rem Syphilis verursacht würde. 500 Ärzte, die sich in einem offenen Brief in der New York Times für das Impfen aussprachen, wurden als Lügner und Ignoranten diffamiert. Dennoch setzte sich die Impfung durch: 2019 konnte die WHO den 40. Jahrestag der Ausrottung der Pocken begehen. 1802 wurde diese Karikatur veröffentlicht, die der Pockenimpfung und damit auch deren Entdecker Edward Jenner schaden sollte. Einer der Vorwürfe: Die Geimpften würden Eigenschaften von Kühen entwickeln. Davon hat sich der britische Karikaturist James Gillray offenbar inspirieren lassen. In seiner Zeichnung wuchsen daher kleine Rinder aus den geimpften Menschen. Der Zeichner selbst dürfte aber kein Impfgegner gewesen sein, er griff nur den aktuellen Streit auf und spitzte ihn mit seiner Karikatur zu. Für die „Anti-compulsory vaccination societies and leagues“ in Europa und den USA waren sol- che Illustrationen dennoch ein gefundenes Fressen in ihrem Kampf gegen das Impfen und insbesondere obligatorische Impfungen. Die Älteren und die Männer wollen sich eher impfen lassen April-Befragung des HCHE – Ergebnisse nach Alter und Geschlecht Dass Ältere sich zu einem höheren Prozentsatz impfen lassen wollen als Jüngere, ist nicht sehr erstaunlich – korreliert doch das Risiko, an COVID-19 schwer zu erkranken oder gar zu sterben, nach vielen Studien und Berichten ganz klar mit dem Alter. Weniger naheliegend ist der Zusammenhang mit dem Geschlecht (den es aber auch bei anderen Impfungen gibt). HCHE-Direktor Jonas Schreyögg erklärt den geschlechtsspezifischen Unterschied mit der höheren Risikobereitschaft von Männern. Dabei kann es allerdings nur um das Risiko von hypothetischen Impfnebenwirkungen einer noch hypothetischen Impfung gehen – nicht um das Krankheitsrisiko, das ja keineswegs hypothetisch ist. In Summe entstehen so jedenfalls beträchtliche Dif- ferenzen. So wollen sich über alle Altersgruppen hinweg fast 78 Prozent der Männer, aber nur rund 70 Prozent der Frauen impfen lassen. Dazu passt, dass 36 Prozent der Frauen – aber nur 19 Prozent der Männer – mögliche Nebenwirkungen einer Impfung als Argument nennen. Gleichzeitig meinen aber 7 Prozent der Männer und – vergleichsweise moderate – 4 Prozent der Frauen, dass COVID-19 ihre persönliche Gesundheit nicht bedroht. Quelle: The European Journal of Health Economics, Juni 2020 65+ 55–64 45–54 35–44 25–34 18–24 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 70 % 60 % 80 % 90 % Ja Männer Männer Männer Frauen Frauen Frauen Nein ?

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