AERZTE Steiermark | September 2020
12 ÆRZTE Steiermark || 09|2020 ÄRZTIN IM BESONDEREN DIENST URSULA SCHOLZ „Leute, die Tiere haben, kön- nen besser mit Menschen um- gehen“, lautet Karoline Wen- zels Überzeugung. Auch sie hat, wie sie betont, viel von ihren Pferden gelernt: Mitar- beiterführung, Autorität und Sicherheit auszustrahlen und sich durchzusetzen. Die Liebe zu den Pferden wurde ihr und ihrer Schwester von der Mutter in die Wiege gelegt. Bereits als Kleinkind saß sie am Pferd, das erste eigene Familienpferd gab es mit neun Jahren. Dass die beiden Schwestern heute ausgerechnet einen Hof mit Isländern führen, war jedoch eher Zufall. „Meine Schwester hatte als Kind Lun- genprobleme und deshalb sind wir nach Semriach als Luftkurort gefahren. Dort gab es einen Isländer-Hof und wir waren sofort fasziniert vom Charakter dieser Pferde.“ Von den besonderen Gängen – Tölt und Rennpass – haben die beiden Mädchen damals noch gar nichts mitbekom- men. Karoline Wenzel ritt je- doch schon als Kind Turniere, pendelte teilweise mit dem Postbus nach Semriach, inves tierte das Gros ihrer Freizeit in den Reitsport und unter- richtete auch selbst. Noch viel tiefer in die Welt „ihrer“ Pferde tauchte sie ein, als sie nach der Matura für ein Jahr nach Island ging, um in einem dortigen Vorzeige- stall zu arbeiten, den auch Queen Elizabeth, Victoria von Schweden und die Königin von Spanien besucht haben. „Kein Heißer-Sommer- Mensch“ Sie lernte Isländisch – und ist nun die einzige steirische Ärztin, die f ließend Islän- disch spricht. Jedes Jahr reist sie einmal in den hohen Nor- den, um ihre Freunde zu besuchen. Was sie noch dort- hin zieht? „Es gibt dort so wahnsinnig viel eindrucks- volle Natur.“ Auch die Islän- der-Pferde verhalten sich in ihrer Heimat anders, nämlich „temperamentvoller und wa- cher“ durch das kühlere Kli- ma. „Ich bin auch kein Hei- ßer-Sommer-Mensch“, fügt Wenzel hinzu. Dafür zählt sie zu den Menschen, die gerne am Land leben, so wie „Pferde sind meine Stressfänger“ Karoline Wenzel arbeitet als Oberärztin auf der Neurogeriatrie; daneben züchtet und trainiert sie Pferde auf dem eigenen Hof. Und sie tanzt Salsa. Dass sie bei diesem Aktivi- tätspensum Ruhe bewahrt, verdankt sie (auch) der entspannenden Wirkung ihrer Isländer. ihre Schwester Monika, die im „bürgerlichen“ Beruf als Krankenschwester arbeitet. Noch während der Studienzeit kauften die beiden zusammen mit ihrer Mutter den mittler- weile recht bekannten Hof in Fluttendorf bei Mooskirchen. Derzeit stehen dort rund 35 Pferde, 25 eigene und 10 Ein- steller. „Es waren aber auch schon deutlich mehr“, betont sie. Auf dem Islandpferde- hof Mooskirchen wird viel Wert auf eine tierfreundliche Zucht und nachhaltige Aus- bildung gelegt. Klar gibt es Turnierpferde – und Wen- zel selbst ritt Ende August nach einer längeren Turnier- pause beim Österreichischen Gæđingakeppni-Championat im oberösterreichischen Stadl-Paura mit –, aber weit mehr als kurzfristige Leistung zählen die Charakterbildung des Pferdes sowie die leichte Reitbarkeit bei gleichzeitigem Erhalt der Pferdegesundheit. Zwei bis drei Fohlen werden jährlich am Hof geboren. Fohlen in der Früh Während in der Einschätzung von Gesundheitsproblemen und in der kleineren Wund- versorgung das medizinisch ausgebildete Schwesternteam zumeist selbst Hand (und Hirn) einsetzt, muss Karo- line Wenzel für die Fohlen- geburten ihre Arzttasche gar nicht auspacken. „Steht eine Geburt bevor, wird die Stute in einen Extra-Stall verlegt. Die Geburt selbst schaffen die Isländer meist ganz allein. Fast immer ist es so, dass einfach in der Früh das Foh- len dasteht und kein Mensch die Geburt beobachtet hat“, erzählt sie. Daher hat sie mit ihrer Schwester sogar schon einmal überlegt, im Fohlenstall eine Kamera an- zubringen, um auf diese Art bei der Geburt „dabei“ sein zu können. So sehr Karoline Wenzel in der medizinischen Versor- gung der Pferde auf alternati- ve Heilmethoden wie Homöo pathie, Heilkräuter nach der TCM oder die Solebox für die Behandlung von Sommerek- zemen und Lungenproblemen setzt, so klassisch schulmedi- zinisch ist sie als Neurologin orientiert. Neben ihrer Arbeit Ärztin Karoline Wenzel reitet mit ihren Is- ländern auch Turniere – da- für trainiert sie auch vier- oder fünfmal pro Woche. „Der Kontakt zu Pferden kann ebenso gut wirken wie ein Antidepressivum.“ Karoline Wenzel
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