AERZTE Steiermark | September 2020

ÆRZTE Steiermark  || 09|2020 33 Foto: Fresenius GESUNDHEITSPOLITIK Steier  2 19 beiter. Für die Sicherheit aller. Home-Office: Das gab es bei uns auch schon vor Corona. Aber wir haben es nicht in dieser Konsequenz genutzt. Nicht wie jetzt. Das war schon eine sehr große Umstellung. Aber ich muss sagen: Es geht. Sogar ziemlich gut. Auch für mich persönlich. Arbeiten wir künftig alle nur noch von zuhause aus? Das glaube ich nicht. Da ginge auf Dauer doch einiges verloren: Ver- trauen. Kultur. Werte. Mei- ne Vermutung: Wir werden Mischformen sehen. Wir sind nicht mehr so oft im Büro. Dafür nutzen wir die Zeit dort intensiver … Aber Corona hat nicht nur die Digitalisierung im Büro extrem beschleunigt. Sie hat auf ganzer Linie einen Schub erhalten. Das gilt ganz beson- ders für unsere medizinischen Angebote. Nehmen Sie nur die Telemedizin. Hier hat die Pandemie vielen die Augen geöffnet. Vieles, was heute stationär gemacht wird, wird künftig ambulant geschehen. Und vieles, was heute am- bulant gemacht wird, kann künftig zu Hause passieren. „Trotzdem wurden Fehler gemacht“ Und noch etwas hat uns Co- rona gebracht: eine stärkere Gemeinschaft. Noch mehr „Wir“ bei Fresenius. Wir sind ein sehr großes Unterneh- men. Mit einer dezentralen Struktur. Aus gutem Grund! Aber wir haben dieselben Werte. Dasselbe Ziel: immer bessere Medizin für immer mehr Menschen. Das hat die- se Krise uns noch einmal klar verdeutlicht. Und damit sind wir nicht nur zusammen gewachsen. Wir sind auch zusammengewachsen … Das sind die positiven As- pekte. Aber natürlich bleibt diese Pandemie eine große Herausforderung. Medizi- nisch. Und auch wirtschaft- lich … Zuvor möchte ich ein wenig politisch werden … Das sind Sie von mir nicht gewohnt. Aber dies sind auch ganz be- sondere Zeiten. Deutschland ist bislang recht gut durch die Pandemie gekommen. … Trotzdem wurden Fehler ge- macht. Und auch wenn die Herausforderung völlig neu war. Man hätte diese Fehler vermeiden können. Gut: Hin- terher ist man immer schlauer. Aber es ist wichtig, die rich- tigen Lehren zu ziehen. Denn wir sollten Fehler wenigstens nicht wiederholen … Der erste Fehler: alles kom- plett einseitig auf die Pande- mie auszurichten. Ich glaube: Das gilt für viele Bereiche der Gesellschaft. In jedem Fall und ganz besonders je- doch für die Medizin. Klar: COVID-19 ist eine große Be- drohung. Das habe ich im Verlauf meiner Rede deut- lich gemacht. Aber das sind andere Krankheiten auch … Die verschwinden nicht ein- fach, nur weil Corona da ist. Trotzdem wurden nach dem Lockdown viel weniger Men- schen deswegen behandelt. Weil sie sich nicht mehr in die Kliniken getraut haben. Und weil wir angehalten wurden, alles auszublenden … Wir haben alles runtergefahren. Und das, obwohl die große Corona-Welle gar nicht kam. Das war falsch. Denn die Kliniken … haben gezeigt: Sie können sich sehr schnell umstellen. Kapazitäten schaf- fen. Wir müssen also nicht hunderte Intensivbetten un- genutzt auf Vorrat halten. Wir müssen nicht andere wichtige Maßnahmen einstellen. Wir benötigen flexible Strukturen. Eine engere Vernetzung der Kliniken. Dann können wir schnell und effektiv reagieren. Auch auf eine solche Krise. Das ist nicht nur effizienter. Es behält auch alle Menschen im Blick. „Ein Egoismus, der … allen schadet“ Das führt mich zu einem weiteren Punkt: In der Kri- se neigen viele Länder zum Egoismus. Man kann es Vor- sicht nennen. Schutz der ei- genen Bevölkerung. Aber es bleibt: Egoismus. Ein Egois- mus, der am Ende allen scha- det. Ein Beispiel: die deut- schen Ausfuhrverbote für Schutzausrüstung. Schlimm genug, dass Deutschland da- bei nur an sich gedacht hat. Sie waren auch nicht zu Ende gedacht. In unserem Kabi- Werk in Graz stellen wir Pro- pofol her. Ein wichtiges Nar- kosemittel, gerade während der Pandemie. Künstlich Be- atmete werden damit ruhig- gestellt. Von Graz liefern wir es nach ganz Europa. Unsere Beschäftigten in der Produk- tion müssen Schutzkleidung tragen. Zwingend. Die kommt aus Deutschland. Auf einmal konnten wir sie aber nicht mehr nach Österreich brin- gen. Keine Schutzkleidung: kein Propofol. Für ganz Euro- pa. In letzter Minute konnten wir die Politik überzeugen, die Verbote wieder aufzuhe- ben. Das Beispiel zeigt: Nationale Lösungen helfen nicht. Erst recht nicht in einer solchen Krise. Es geht vielmehr um Solidarität. Es geht um ge- meinsames Handeln. Es geht darum, die Vorteile einer glo- balen Arbeitsteilung zu nut- zen. Bei Fresenius handeln wir nach diesem Prinzip. Wir nutzen Kompetenzen und Ressourcen in vielen verschie- denen Ländern. Wir tun das zum Wohle der Patientinnen und Patienten. Das wünsche ich mir auch von der Politik. Und keinen Rückfall in natio- nale Abschottung. „Nationale Lösungen helfen nicht. Erst recht nicht in einer solchen Krise. Es geht vielmehr um Solidarität. Es geht um gemeinsames Handeln.“ Stephan Sturm

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