AERZTE Steiermark | September 2020

ÆRZTE Steiermark  || 09|2020 43 NIEDERGELASSENE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE Saison ist der doppelte Test ohne doppelten Abstrich aber jedenfalls hilfreich. Denn wenn beide Ergebnisse negativ sind und das Allge- meinbefinden es zulässt, ist eine zügige Rückkehr in die Schulklasse oder an den Ar- beitsplatz gewährleistet. vorzuschlagen. Für die Ab- strichroutine bedeutet das aber keine Änderungen, es gibt keine Mehrbelastung der PatientInnen – das muss im- mer betont werden. Für die rasche Rückkehr in die Schule oder an den Ar- beitsplatz in der Influenza- Foto: Furgler, Adobe Stock Der ganz normale Praxiswahnsinn PRAKTISCH TÄGLICH Von Ulrike Stelzl Das Ende einer Ära Seit etwas über zehn Jahren habe ich meine Kassenpraxis in Graz Waltendorf. Pünktlich um acht Uhr Früh am ersten Ar- beitstag im Jänner 2010 fing ich an. Mit mir B., in weiterer Folge „die beste aller Assistentinnen“ genannt. B. hatte vorher viele Jahre lang bei einer Kollegin gearbeitet, die in Pension gegangen war, und sofort danach bei mir angeheuert. Gemeinsam haben wir diese Ordination gegründet, aufgebaut, weiterentwickelt und zu einem sehr erfolgreichen Projekt gemacht. Da B. eine überaus freundliche und kompetente Assistentin war, sind ihr natürlich auch Patienten gefolgt. Viele blieben in dem Einzugs- gebiet der pensionierten Kollegin, andere konnten und wollten einfach nicht auf die Betreuung durch B. verzichten. Zusammen mit den Patienten meiner Ex-Wahlarztpraxis bildeten sie von Anfang an einen durchaus ansehnlichen Patientenstock. Das bange Warten, ob überhaupt jemand meine Ordi finden und zur Tür hereinkommen würde, blieb mir erspart. Im Gegenteil: Nach erstaunlich kurzer Zeit schon trugen wir uns zumindest geistig-theoretisch immer wieder mit dem Wunschgedanken, die Eingangstüre zuzunageln. Die getreuen Fans und Followers der „besten aller Assisten- tinnen“ waren mir willkommen, hatten allerdings auch so ihre Tücken. Wenn man sie nach Vorbefunden oder Medikamenten befragte, kam stereotyp die Antwort: „Die B. weiß eh.“ Die B. wusste natürlich nicht, denn beste Assistentin hin oder her, sie war auch nur ein Mensch. Noch dazu einer mit der Gabe, unnötige Informationen sofort in einem dunklen Winkel in entlegensten Hirnarealen abzulegen und nie mehr wiederzufin- den. Außerdem kam sie aus einer Praxis ohne EDV, also keine Chance auf gespeicherte Befunde oder Dauermedikation. Die B. wusste eben nicht. Mindestens anderthalb Jahre lang ging das wie bei einer steckengebliebenen Schallplatte: „Die B. weiß eh.“ Irgendwann hörte auch das auf, um einem anderen Phänomen zu weichen. Wenn ich irgendein Medikament nicht rausrücken wollte, hieß es: „Die B. hat mir das aber regelmäßig aufgeschrie- ben.“ Vergeblich musste ich erklären, dass es dann im Computer stehen würde und außerdem ohne meinen Segen kein einziges Rezept diese Praxis verlässt. „Aber die B. hat immer ...“ Nun ist die B. in ihre wohlverdiente Pension gegangen und das Spielchen geht von vorne los. I., die Neue und ebenfalls supertolle Mitar- beiterin, hat schon einen Ohrwurm: „Aber die B. hat immer ...“ Ich glaube, ich stelle ein Foto von der B. in die Rezeption und schreibe dazu: „Weiß alles, kann alles, hat alles. Ist aber nicht mehr da!“ Dr. Ulrike Stelzl ist niedergelassene Ärztin für Allgemein­ medizin. Mehr von ihr gibt es im Buch „Hallo Doc! 2 Der ganz normale Praxiswahnsinn“ (erhältlich bei Amazon) Anschober basht Ärzte Absurde Ärztekritik ruft Empörung hervor. Steirischer Protest- brief an Regierung. In einem Video hat Ge- sundheitsminister Rudolf Anschober den Ärztinnen und Ärzten vorgeworfen, in den ersten Corona-Mona- ten ihre Patientinnen und Patienten nicht ausreichend versorgt zu haben. Die ÖGK-Daten belegen zwar das Gegenteil, aber das hat den Minister offenbar nicht beeindruckt. Nachdem Anschobers Ärzte-Bashing trotz einer unmittelbaren Reaktion der ÖÄK sogar wiederholt wurde, hat das Präsidium der Ärztekammer Steier- mark in einem Brief an die gesamte Bundesregie- rung sofort eine umfas- sende Richtigstellung und Entschuldigung verlangt. Denn verständlicherweise sind die Ärztinnen und Ärzte angesichts einer sol- chen Unterstellung und Falschbehauptung betrof- fen und zornig. Bei Symptomen sinnvoll: „Doppeltest“ (COVID-19 und Influenza).

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